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Rede von Thomas Lutze zu Protokoll gegeben am 26.01.2017

Rede von Thomas Lutze,

Die Linksfraktion begrüßt, dass die Koalition doch noch die Vereinbarung des Koalitionsvertrages umsetzen will, die Ausbildung der Fahranfänger zu verbessern und auch die pädagogische Ausbildung der Fahrlehrer zu erhöhen. Dies wurde allerhöchste Zeit; schließlich hatte die Verkehrsministerkonferenz bereits im April 2012 das Verkehrsministerium aufgefordert, eine umfassende Reform des Fahrlehrerrechts in Angriff zu nehmen, das seit 1969 kaum angepasst wurde. Inzwischen steht das Projekt schon in der dritten Legislatur auf der Agenda. Es ist begrüßenswert, dass der Gesetzentwurf weitestgehend dem Eckpunktepapier der Länder folgt, in dem zahlreiche sinnvolle Vorschläge gemacht wurden.

Es wurde dringend Zeit, die Fahrlehrerausbildung, aber auch gerade die Weiterbildung anzupacken – junge Fahranfänger sind im Straßenverkehr besonders gefährdet. Fahranfänger verursachen immer noch überdurchschnittlich viele Unfälle. Aufgrund der fehlenden praktischen Erfahrung im Straßenverkehr wird es sich hierbei immer um eine Risikogruppe handeln. Doch Verbesserungen in der Fahrausbildung sind ein wichtiger Beitrag für die Erhöhung der Verkehrssicherheit.

Dass der Besitz der Führerscheine A und C als zwingende Voraussetzung für den Erwerb der Fahrlehrerlaubnisklasse BE wegfallen soll, ist erst einmal begrüßenswert. Oft wird der Lkw- und Motorradführerschein von den Fahrlehrern nicht gebraucht. Durch diese Änderung wird der Zeitaufwand reduziert, und es sinken vor allem auch die Kosten für die Ausbildung. Die ohnehin schon zu geringe Zahl an Fahrlehreranwärtern würde in der Zukunft ansonsten weiter sinken. Dennoch sollten wir die Folgeentwicklung dieser Änderung im Auge behalten. Gegebenenfalls müssen hier in der Zukunft doch noch einmal Anpassungen vorgenommen werden: Schließlich verschwindet ja nicht der Bedarf nach Kompetenz für diese Fahrzeuge. Machen wir uns nichts vor: Die Lockerung von Zugangsmöglichkeiten ist oft eine Gratwanderung. Wir müssen also darauf achten, dass bei der Erhöhung der Quantität die Qualität nicht auf der Strecke bleibt.

Besonders wichtig ist uns, dass mit der Reform der Fahrlehrerausbildung künftig der Pädagogik mehr Gewicht beigemessen wird. Dass sich hierbei die Ausbildungszeit nur gering, um zwei Monate, verlängert, ist ebenfalls begrüßenswert. Fahrlehrer, die ihre Ausbildung vor 30 oder 40 Jahren gemacht haben, kamen zu einem nicht geringen Teil vom Militär. Man muss kein Linker sein, um einzusehen, dass die Pädagogik, die als Fahrlehrer nötig ist, bei der Bundeswehr sicherlich nicht vermittelt wurde. Das soll nicht heißen, dass diese Fahrlehrer keinen guten Job machen. Doch in der heutigen Ausbildung müssen wir Anpassungen vornehmen. Fahrlehrer müssen heute auch auf die veränderte Altersstruktur vorbereitet werden. Neben 18- oder 17‑Jährigen sitzen zunehmend Menschen mittleren Alters in der Fahrschule. Soll sich auf unterschiedliche Bedürfnisse eingelassen werden, ist pädagogisches Geschick notwendig. Daher ist es auf der einen Seite richtig, Ausbildungsinhalte zu straffen und von überflüssigem Ballast zu befreien; auf der anderen Seite muss der Kompetenzvermittlung der Raum gegeben werden, den eine gute Ausbildung verlangt.

Damit der Fahrlehrerberuf attraktiver wird, müssen in erster Linie aber vor allem vernünftige Arbeitsbedingungen und eine Verbesserung der Angestelltenkultur und der Verdienstmöglichkeiten erzielt werden. Hier gibt es großen Veränderungsbedarf. Der Fahrlehrermangel ist einerseits darauf zurückzuführen, dass die Politik zu lange nicht mit geeigneten Maßnahmen gegengesteuert hat; anderseits sind manche Probleme auch hausgemacht. Wer sich einmal in der Branche umgehört hat, wird feststellen, dass Arbeitsverträge ohne Arbeitszeitkonto, ohne Festgehalt und ohne bezahlte Fortbildung nicht selten sind. Zudem kommt es immer wieder vor, dass arbeitsrechtliche Bestimmungen nicht eingehalten werden: Feiertage und Urlaub werden nicht bezahlt, oder es gibt keine Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall. Hier hat aber auch die Politik zu lange weggeschaut.

In Zukunft muss es daher auch heißen, bei den Branchenmindestlöhnen für Fahrschulen genauer hinzuschauen: Erbringt eine Fahrschule Leistungen im Bereich der Aus- und Weiterbildung, gilt nämlich ein Mindestlohn von 12,50 Euro bzw. 13,35 Euro. Das muss in der Praxis aber auch tatsächlich eingehalten werden. Dies gilt gerade auch für diejenigen, die bisher arbeitslos waren und im Auftrag der Jobcenter oder der Agentur für Arbeit nun einer Fahrschulausbildung nachgehen: Auch hier gelten die Branchenstundenlöhne.

Außerdem müssen grundlegende strukturelle Veränderungen vorgenommen werden. Was in anderen Branchen bereits lange möglich ist, gilt bisher nicht so für die Fahrschulen. Die Linksfraktion unterstützt, dass künftig Kooperationen möglich sein sollen, wie dies in anderen Branchen längst üblich ist. Fahrschulunternehmen können sich so besser spezialisieren und den Kunden dennoch ein Komplettangebot anbieten. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund begrüßenswert, dass die Ausstattung von Unterrichtsräumen mit moderner Technik sehr teuer ist. In Netzwerkstrukturen ist dies eindeutig besser zu stemmen.