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Foto: Rico Prauss

Rede von Susanna Karawanskij zu Protokoll gegeben am 30.03.2017

Rede von Susanna Karawanskij,

Wie schon bei der abschließenden Beratung des Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetzes – der MiFiD-II-Umsetzung – bin ich ebenso bei der nun anstehenden ersten Beratung der Umsetzung der Versicherungsvermittlerrichtlinie etwas enttäuscht, dass hier im Hohen Hause keine breitere Debatte zu solch wichtigen Inhalten geführt wird. Mir ist bewusst, dass zum Ende einer Wahlperiode viele Vorhaben noch durchgedrückt werden müssen. Aber ganz ehrlich: Ein klein wenig zeigt sich dabei schon auch, wie wichtig der Großen Koalition bestimmte Themen sind und wie sehr Sie bereit sind, sich hier einer kritischen Auseinandersetzung um die Stärkung des finanziellen Verbraucherschutzes zu stellen.

Denn bei der IDD-Umsetzung besteht doch deutlicher Nachholbedarf, um Verbraucher besser zu schützen. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir es hier mit einer Minimalharmonisierung zu tun haben und es somit zweifelsfrei möglich wäre, bestimmte Felder strenger zu regeln. Doch Sie setzen die Richtlinie teilweise nicht einmal vollständig um oder – noch schlimmer – wollen Sondervorschriften erlassen wie zu den Restschuldversicherungen, die schwächer als in der Richtlinie und nachteilig für die Verbraucher sind. Restschuldversicherungen sind oftmals stark überteuert und nicht auf den Bedarf der Verbraucher zugeschnitten. Diesen wird suggeriert, sie erhielten einen bestimmten Kredit nur, wenn sie dazu eine Restschuldversicherung mit abschließen. Dazu besteht aber kein Zwang. Der Linken ist es hier wichtig, dass Kreditinstitute, Banken und Versicherungen verpflichtet werden, zwei unterschiedliche, voneinander getrennte Verträge zum Kredit und zur Restschuldversicherung anzubieten. Dazu gehört, dass Verbraucher auf alle Fälle ausnahmslos über die Restschuldversicherung aufgeklärt, informiert und beraten werden.

Was die Aufsicht betrifft, sträubt sich die Bundesregierung erbittert dagegen, das bestehende Aufsichtsgefälle einzuebnen. Wie bei den Finanzanlagenvermittlern werden auch die Versicherungsvermittler nur durch die Industrie- und Handelskammern bzw. durch die Gewerbeämter beaufsichtigt. Versicherungsunternehmen werden dagegen durch die Finanzaufsicht BaFin kontrolliert. Die Linke fordert eine Abkehr von diesem zweistufigen Aufsichtssystem und somit eine einheitliche, flächendeckende Aufsicht durch die BaFin.

Beim Thema Provisionen wird zum wiederholten Male deutlich, dass Union und SPD zum Besitzstandswahrer des Provisionssystems verkommen sind. Das Ansinnen, die unabhängige Beratung, die Honorarberatung zumindest auf Augenhöhe mit der Provisionsberatung zu stellen, erweist sich immer mehr als Lippenbekenntnis. Unter MiFiD II sind Provisionen nur zulässig, wenn aus der Provision ein Vorteil für den Verbraucher entsteht. Bei IDD hingegen sind Provisionen bereits zulässig, wenn für die Verbraucher kein Nachteil besteht. Weil es einfacher ist, Provisionen zu beziehen, prophezeie ich, dass künftig lieber Versicherungsprodukte an die Kunden vertrieben werden. So sieht unabhängige Beratung aber gerade nicht aus. Auch bei der Offenlegung der Provisionen und Vertriebsvergütungen bietet IDD noch zu viele Schlupflöcher, was einen fairen Wettbewerb zwischen den Vertriebsformen verhindert.

Daran anknüpfend gilt es zudem, endlich das Provisionsabgabeverbot vom Thron zu stoßen. Sinnvoller wäre es doch, dass Verbraucher selbst entscheiden können, welchen Vertriebsweg sie wählen und damit auch, welche Kosten sie dafür entrichten. Umfassende Beratung ist dann vergleichsweise teurer, während diejenigen, die keine Beratung benötigen, auch nicht dafür zahlen müssen. Dazu müssen aber endlich die Vertriebskosten aus den Versicherungsprodukten herausgenommen werden. Die Linke fordert daher das Ende des Provisionsabgabeverbots sowie die Einführung eines Nettopreissystems.

Wenngleich bei der IDD-Umsetzung das sogenannte Provisionsdurchleitungsgebot ein Schrittchen hin zur Stärkung der Beratung auf Honorarbasis ist, wird eines bei dem ganzen Geplänkel um Provisionen, Verkaufsanreize, Courtagen, Abgabeverbote und Durchleitungen doch klar: Provisionen sorgen für Interessenkonflikte, die zu schlechten Anlageempfehlungen führen können. Oft wird halt Kunden gerade das Finanzinstrument empfohlen und verkauft, das den für den Berater höchsten Vertriebsgewinn abwirft. Mittelfristig muss deshalb aus Sicht der Linken das Provisionssystem überwunden und durch eine unabhängige, flächendeckende, verbraucherorientierte und kostengünstige Finanzberatung ersetzt werden. Die Verbraucherzentralen sind mit ihren Beratungsangeboten speziell für einkommensschwache Menschen neben Schuldnerberatungsstellen zu stärken. Wir haben dazu schon mehrfach eine mehrjährige Anschubfinanzierung durch den Bund angeregt. Daraufhin sollen alle Unternehmen der Finanz- und Versicherungsbranche für diese Kosten nach dem Verursacherprinzip aufkommen.

Meine Damen und Herren von der Regierungsbank, nutzen Sie doch den Gestaltungsspielraum, der Ihnen bei der IDD-Umsetzung zweifelsfrei zur Verfügung steht. In anderen Bereichen ist Ihnen ein fairer Wettbewerb auf dem Markt doch auch wichtig. Dann sollte er Ihnen im Fall der unabhängigen Versicherungsberatung doch auch wichtig sein, wenn Sie schon nicht sofort Verbraucher besser schützen wollen, indem Sie das Provisionssystem zu Grabe tragen.