Rede von Oskar Lafontaine zum politischen Aschermittwoch, am 01.03.2006 in Wallerfangen

Liebe Freunde, ich heiße Euch herzlich willkommen. Ich freue mich, dass so viele heute Abend hier sind. Alle haben ja mit Spannung gewartet, was passiert, wenn die Linke zum Aschermittwoch einlädt. Ich glaube, wir haben die vollste Versammlung, wir haben die beste Versammlung. Das zeigt: Die Linke an der Saar ist im Kommen. Beifall Wenn ich von der Saar spreche, dann denke ich natürlich an die nächsten Jahre. Ich glaube, wir haben hier lange genug zugeschaut, wie eine Landesregierung vor sich hin gewurstelt hat. Was haben sie sich aufgeblasen, als sie anfingen die Regierung zu übernehmen. Und der eine oder andere hat schon gesagt, bei dieser Aufblaserei, wir werden ja von einem Blosspitt regiert. Beifall Der Gregor Gysi guckt ganz erstaunt, der kennt das Wort „Blosspitt“ nicht. Das ist eine saarländische Spezialität. Also das heißt, wenn sich einer immer mächtig aufpumpt und nichts dahinter ist, den nennt man bei uns an der Saar Blosspitt und ein solcher steht hier bei uns an der Spitze der Regierung. Nur zur Erläuterung. Beifall Die letzte Bundestagswahl hat doch gezeigt, dass die Saarländerinnen und Saarländer das allmählich durchschaut haben. Das ist doch schon erstaunlich gewesen. Da kandidiert der Spitzenmann der CDU hier in der Mannschaft von Angela Merkel -man muss sich das mal vorstellen - da hat er also hier besondere Startbedingungen für die Bundestagswahl und dann landet er nachher bei 30%. Ja gäb´s dann so was ( saarländisch) - bei 30%. Die Saarländer merken, dass sie von Schnarchkappen regiert werden. Beifall Es ist doch in den letzten Jahren nun überhaupt nichts passiert! Ich sage manchmal etwas scherzhaft, das Ganze ist eine Lach - und Schließgesellschaft. Das Einzige, was sie zustande gebracht haben, sind Grubenschließungen und Schulschließungen. Das ist aber zuwenig. Beifall Das ist zu wenig und deshalb fangen sie jetzt an zu rechnen. Was passiert hier in den nächsten Jahren an der Saar? Ich will eines ganz deutlich machen. Wir geben uns hier mit dem Erfolg bei der Bundestagswahl nicht zufrieden. Die 18,5% Saarländerinnen und Saarländer, die uns unterstützt haben, die haben gesagt macht weiter. Und diesen Auftrag nehmen wir an. Wir kandidieren auch für die nächste Landtagswahl und da wollen wir mal sehen, was dabei heraus kommt. Ich freue mich schon darauf - auf diesen Wahlkampf. Beifall Nun sind wir aber heute nicht nur zusammen gekommen, um darüber zu reden ,was hier an der Saar passiert, sondern ich möchte ein paar Takte dazu sagen, was in den letzten Wochen und Monaten auf Bundesebene passiert ist. Und auch da steige ich mitten hinein. Niemand hat ja vor einigen Monaten mit einer neuen Linken gerechnet. Wir haben nach den Landtagswahlen in NRW gesagt, wir müssen etwas tun, damit die Politik des Sozialabbaus nicht fortgesetzt wird. Wir wollten Rot-Grün stoppen, weil Rot -Grün kläglich versagt hat. Wir wollten aber auch Schwarz-Gelb verhindern. Und das haben wir geschafft und darauf können wir stolz sein. Schwarz-Gelb hat keine Chance in Deutschland, weil es die Linke gibt. Beifall Und wenn dann immer wieder gesagt wird . ja was haben die Wählerinnen und Wähler, die 4,1 Millionen, die uns die Stimme gegeben haben, was haben die denn von ihrem Votum. Das will ich schon sagen. Es gibt jetzt keine Kopfpauschale. Wir haben verhindert, dass Pförtner und Generaldirektor den gleichen Betrag zahlen für die Krankenkasse, dass hätte ja geheißen, die gleichen Leuten hätten ja wieder bezahlt für die Großen, wenn die krank geworden und zum Arzt gegangen wären. Ein solch sozial ungerechtes System haben wir verhindert. Beifall Wir haben die Merkelsche Bierdeckelsteuer verhindert. Aber die wollen ja das immer so weiter treiben. Spitzensatz runter und dafür die kleinen Leute belasten. Aber diese Sauerei haben wir ja leider nicht stoppen können. Denn der größte Wahlbetrug war die Mehrwertsteuererhöhung. Und das trifft beide Parteien und das heißt bei den kommenden Wahlen dürfen diese Parteien nicht mehr gewählt werden. Wer so betrügt hat kein Vertrauen in der Bevölkerung verdient. Beifall Und wenn dann immer wieder gefragt wird, ja wie wollt ihr denn das bezahlen, was ihr versprecht, dann haben wir eine einfache Antwort: Wir haben in Deutschland ein Geldvermögen von 4000 Milliarden Euro. Und dieses Geldvermögen gehört zur Hälfte den oberen Zahntausend das ist ganze 1% der Bevölkerung. Sie haben 2000 Milliarden Euro. Wenn man die nur mit 5% besteuern würde, hätte man 100 Milliarden mehr pro Jahr in den öffentlichen Kassen. Man bräuchte keine soziale Schweinereien zu veranstalten. Warum trauen sich die anderen Parteien nicht an das Geld der Reichen? Deshalb brauchen wir eine neue Linke in Deutschland. Beifall Nun erleben wir ja , dass insbesondere in den Medien viel geschrieben wird, wir seien ja ganz glücklich mit dieser neuen Regierung. Und sie kriegen sich ja fast nicht mehr ein, wenn sie Angela Merkel bei ihren Auslandsbesuchen beobachten. Die kann doch tatsächlich über den roten Teppich laufen, ohne zu stolpern. Sie kann doch tatsächlich mit Messer und Gabel essen. Sie fällt also gar nicht unangenehm auf. Das ist doch eine tolle Leistung Und jetzt sind sie ganz ganz glücklich mit ihrer Angela. Und da sagen sie, wir sollten uns doch nicht die Laune verderben lassen. Wir sollten über Deutschland nicht schlecht reden. Aber wir müssen leider darauf hinweisen, dass 5 Mio. Arbeitslose nichts davon haben, wenn Angela Merkel im Ausland freundlich empfangen wird. Sie soll endlich hier anfangen ihre Hausaufgaben zu machen. Und leider machen sie denselben Mist, muss man schon sagen, den die Vorgängerregierung gemacht hat. Wir wollten den Sozialabbau stoppen, wir wollten die Umverteilung von unten nach oben beenden und wir werden nicht müde werden, das immer wieder einzufordern und immer wieder auch die Menschen aufzufordern, endlich Widerstand zu leisten. Was machen sie jetzt ? Sie machen dort weiter, wo die anderen aufgehört haben? Wir hatten ja auch eine große Koalition in den letzten Jahren. Hartz IV hat nicht nur die Rot-Grüne- Koalition beschlossen. Schwarz -Gelb war dabei. Die Agenda 2010 hat nicht nur die Rot-Grüne- Koalition beschlossen, Schwarz -Gelb war immer dabei. Die völkerrechtswidrigen Kriege wurden nicht nur von der Rot-Grünen-Koalition gefordert und getragen - Schwarz-Gelb war immer dabei. Das sind alles gleiche Brüder, gleiche Kappen . Wenn man auf den Sack draufhaut trifft man immer die Richtigen. Denkt dran, wenn ihr die Stimmzettel ausfüllt und wenn ihr zu den nächsten Wahlen geht. Beifall Aber jetzt kommen wir zu den „Leistungen“ dieser Regierung Merkel, Müntefering , den darf man ja auch nicht vergessen. Sie haben eine Rentereform durchgeführt. Das war jetzt die zweite Rentenreform innerhalb kürzester Zeit. Zunächst die so genannte Riester-Rente. Da kann man ja nicht oft genug darauf hinweisen, dass hier das Volk belogen und betrogen wurde - warum?? Man hat gesagt, wir wollen die Beiträge stabil halten. Aber das war ein Schwindel, denn man wollte nur die Beiträge stabil halten für die Arbeitgeber. Dafür hat man dann aber die Arbeitnehmer aufgefordert, das Doppelte und Dreifache draufzuzahlen. Das war schon ein einziger Betrug. Und jetzt kommt es aber ganz dick. Jetzt sagen sie, diejenigen, die jetzt noch Arbeit haben, die so 40, 50 sind, die müssen demnächst bis 67 Jahre arbeiten. Jetzt muss man sich die Arbeitswelt einmal anschauen: Da weiß man doch , dass viele Betriebe sowieso keinen 50Jährigen mehr einstellen und da weiß man , das immer mehr ältere Arbeitnehmer arbeitslos werden und deshalb ist diese Verlängerung der Rente auf 67 Jahre - nichts anderes, als eine Rentenkürzung. Und dagegen müssen wir alle aufstehen und dagegen protestieren. So darf man mit den Menschen nicht umgehen, die dieses Land aufgebaut haben. Beifall Ich frage mich manchmal, was in deren Köpfen eigentlich los ist. Was ist in deren Köpfen los, warum glauben sie, man müsse immer wieder in dieselbe Richtung treten und immer wieder die Mehrheit des Volkes belasten? Wer glaubt, das sei eine unzulässige Vereinfachung, die ich hier vortrage - wir sind ja hier auch unter Beobachtung der Öffentlichkeit - das Fernsehen ist hier - wir sind ja hier net unter uns - der muss nur den Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung lesen. Da steht drin, die Arbeitnehmer bekommen auch in diesem Jahr nichts. Das steht drin, die Rentner bekommen auch in diesem Jahr nichts. Und da steht drin, dass die sozialen Leistungen auch in diesem Jahr gekürzt werden. Und da steht drin, dass nur die Minderheit, die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen , das man aus Selbständigkeit bezieht, dass die ein Einkommenszuwachs von 7,25% haben. Das steht da Wort wörtlich drin im Jahreswirtschaftsbericht dieser Bundesregierung. Hat eine Bundesregierung je so brutal und so offen gesagt, was sie eigentlich will? Das ist jetzt seit vier Jahren dieselbe Leier -man verteilt um von unten nach oben - Das muss endlich aufhören und es gibt eine einzige Partei, die da Widerstand leistete - das ist die neue Linke! Bitte kommt in unsere Partei - stärkt unsere neue Linke. Tragt mit dazu bei, dass der Sozialabbau in Deutschland endlich gestoppt wird. Beifall Aber es ist ja nicht nur die Mehrwertsteuererhöhung und die Rentenkürzungen! Es ist auch die Arbeitszeitverlängerung im öffentlichen Dienst. Und da muss ich euch von meiner Mutter grüßen. Die huckt oben auf dem Oberlimberg . Sie ist über 90, die kann nicht mehr kommen. Sie wäre gerne mit gekommen. Sie guckt sich das im Fernsehen immer an und da hört sie, wir müssen die Arbeitszeit derjenigen verlängern, die Arbeit haben. Und da sagt diese Frau, Ich verstehe das allmählich nicht mehr,: Erstens die Jungen kriegen keine Arbeit, die müssen draußen bleiben. Zweitens: Die Alten haben auch keine Arbeit. Die werden immer früher entlassen und immer früher mit Abschlägen irgendwie in den Ruhestand geschickt. Da gehen die doch hin und sagen , wir müssen die Arbeitszeit derjenigen verlängern, die jetzt noch Arbeit haben. Da sagt meine Mutter, die sind doch bekloppt. Die haben einen Riss in der Schüssel. Diese Frau hat Recht! So kann das doch nicht mehr weiter gehen. Beifall Deshalb möchte ich hier auch ganz klar sagen. Wir die Linke unterstützen die Gewerkschaft ver.di bei ihrem Streik gegen diese törichte Arbeitszeitverlängerung Beifall Wir müssen in den nächsten Monaten alles daran setzen, dass die Gewerkschaftsbewegung in Deutschland wieder gestärkt wird. Wir haben eine ganz miserable Lohnentwicklung in Deutschland. In den letzen 10 Jahren hatten die deutschen Arbeitnehmer keinen Euro mehr in der Tasche - oder keine Mark mehr in der Tasche . Real , in Wirklichkeit waren es minus 0,9 %. Das gab es in keinem anderen Land. In den USA hatten die Arbeitnehmer in den letzen 10 Jahren 20% mehr im Geldbeutel - real an Kaufkraft. In Großbritannien hatten sie 25% mehr im Geldbeutel -real an Kaufkraft. In Schweden auch 25% uws. Und da reden die hier immer wieder davon, die Arbeitnehmer müssten noch mehr Opfer bringen. Sie müssten noch mehr Lohnbestandteile abgeben. Nein umgekehrt wird ein Schuh draus. Zum ersten Mal gibt es eine Interessenidentität zwischen Rentnern, Arbeitnehmern und 2,9 Mio. Kleinunternehmen, die weniger als 10 Beschäftigte haben und hier in Deutschland ihren Umsatz und ihren Verdienst machen müssen. Sie brauchen alle eine Lohnpolitik, die sich ändert, die den Arbeitnehmern Jahr für Jahr 2% real mehr bringt, damit endlich auch in Deutschland die Kaufkraft wieder ansteigt. Und dafür will die Linke sich einsetzen. Beifall Auch hier sind wir singulär! Auch hier sind wir mit einem einmaligen Profil, weil die anderen Parteien alle Arbeitszeitverlängerungen ohne Lohnverbesserungen befürworten, so als wäre im Bundestag der Rinderwahn ausgebrochen! So als könnten sie nicht mehr bis drei zählen! Nein sie sind alle der Überzeugung, man muss nur die Arbeitnehmer immer stärker belasten und dann geht die Wirtschaft irgendwann wieder nach oben. Es ist einfach ein großer Irrtum. Die Volkswirtschaft heißt nicht umsonst Volkswirtschaft - die heißt nicht Unternehmerwirtschaft, die heißt nicht Selbständigenwirtschaft, die heißt nicht Wirtschaft der oberen Zehntausend. Was wir in Deutschland lernen müssen ist, dass die Volkswirtschaft nur wachsen kann, wenn es dem Volk Jahr für Jahr besser geht. Anders geht es nicht und dafür kämpfen wir - die Linke in Deutschland. Beifall Ich sehe auch den einen oder anderen Sozialdemokraten, langjährige Weggefährten, die ich herzlich willkommen heiße. Ich freue mich, dass ihr da seid. Aber ich will noch einmal sagen , auch hier vor diesem Publikum, warum ich mich nach langen Jahren entschlossen habe, am Aufbau einer neuen Linken mitzuwirken und unsere gemeinsame Partei zu verlassen. Ich bin die Partei Willy Brandts eingetreten aus tiefster Überzeugung und die hatte zwei Eckpfeiler: Die hießen, wir sind für Frieden und wir sind für soziale Gerechtigkeit. Leider ist die SPD unter Schröder zu einer Partei verkommen, die für Krieg ist und für Sozialabbau. Das kann doch nicht wahr sein! Das darf doch so nicht weiter gehen! Beifall Deshalb werben wir ,die Linke, auch für eine ganz andere Außenpolitik. Ich habe zusammen mit Gregor Gysi und anderen immer wieder folgende Frage aufgeworfen. Ihr kämpft gegen den internationalen Terrorismus, aber ihr wisst gar nicht, was Terrorismus ist. Ich wiederhole das hier noch einmal! Im Zentrum der Außenpolitik der Bundesregierung steht der Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Aber diese Bundesregierung und die mit uns konkurrierenden Parteien im Deutschen Bundestag wissen nicht, was das ist! Bisher hat keiner auf diese Provokation geantwortet. Ich will von meiner Seite die Antwort geben. Wir, die Linke, wissen, was wir unter Terrorismus verstehen. Wir sagen Terrorismus ist das Töten unschuldiger Menschen zum Erreichen politischer Ziele. Dies gilt nicht nur für die Attentäter, die in das Worldtrade -Center geflogen sind und 3000 unschuldige Menschen umgebracht haben. Das gilt genauso für die Flächenbombardements von Dörfern und Städten Afghanistans für die Bombardements im Irak, wo tausende Menschen sterben müssen. Auch das ist Terrorismus und wir müssen der Wahrheit endlich ins Gesicht schauen. Beifall Da wird so viel von der Globalisierung geredet und da wird immer wieder gesagt, die Globalisierung bringt uns zu dem, zu dem und zu dem. Die Globalisierung ist das falsche Wort. Nein, wir müssen das Wort Globalisierung ersetzen durch das Wort Kapitalismus. Wir müssen endlich die Sprache der Linken wieder entdecken. Dann müssen wir sagen, jeder Kapitalismus ist expansiv und der heutige Kapitalismus ist noch viel expansiver, als der in früheren Jahrzehnten oder Jahrhunderten war, dieser Kapitalismus, in dem 500 große Unternehmen mehr als die Hälfte des Weltsozialproduktes beherrschen . Der ist so aggressiv, wie er niemals zuvor war. Der kämpft mit militärischen Mitteln um Rohstoffe und Absatzmärkte und wir dürfen das nicht mitmachen. So können wir den Weltfrieden niemals erreichen. Beifall Das ist eben nicht so, dass die Kriege, die im Vorderen Orient, in Afghanistan geführt werden, dass diese Kriege Kriege sind für Freiheit und Demokratie. Der Kapitalismus ist systemneutral. Er kann sich auch bei Diktaturen entwickeln. Und er hat sich bei vielen Diktatoren prächtig entwickelt. Die Behauptung der Kapitalismus sei die Grundlage für Demokratie ist eine große Irreführung. Nein, der Kapitalismus ist völlig systemneutral - wer sich bereichern will, dem ist völlig egal, ob er das bei demokratischen Strukturen tut oder ob er das in einer Diktatur tut. Ihr braucht nur nach Saudi -Arabien zu schauen und habt das enge Bündnis zwischen den USA und Saudi-Arabien. Da ist nichts mit Freiheit und Demokratie. Da werden die Menschen nach wie vor unterdrückt in diesem feudalen System. Die Kriege, die dort geführt werden, sind Kriege um Öl und um Gas und um nichts anderes. Wir müssen den Mut haben, diese Wahrheit anzusprechen. Gerade Deutschland ist verpflichtet in dieser Region zum Frieden beizutragen. Beifall Wir sind verpflichtet zum Frieden beizutragen - dazu müssen wir unsere Außenpolitik grundlegend ändern. Wenn Schröder und Fischer gesagt haben, mit vielem Stolz und unter viel Beifall der Medien in Deutschland: „Wir haben das Militärische enttabuisiert“, dann wurde ich immer zutiefst traurig, weil ich an die zentralen Werte erinnert habe, für die die Sozialdemokratie einst doch immer gestanden hat. Wer nämlich das Militärische enttabuisiert, und das erleben wir gerade jetzt, der enttabuisiert auch die Verfassung, weil wir eine Verfassung haben, die uns nur Verteidigungskriege erlaubt , wenn überhaupt, und der enttabuisiert auch das Völkerrecht, weil das Völkerrecht in den letzten Jahren mit Füßen getreten wurde. Wir haben in Jugoslawien mit bombardiert, wir haben in Afghanistan mit geschossen und wir waren am Irak- Krieg durch BND - Agenten mit beteiligt, die militärische Ziele genannt haben. Wir sind eben mit dabei gewesen, als das Völkerrecht in den letzten Jahren immer wieder gebrochen und missachtet wurde. Beifall , Empörung Viele, die diese falsche Außenpolitik gemacht haben, hatten keine Scheu sich auf Willy Brandt zu berufen. Aber da bin ich nun wirklich davor. Man kann sich für diese Außenpolitik niemals auf einen der größten Staatsmänner Deutschlands nach dem Kriege berufen - auf Willy Brandt den Ziehvater vieler linker Sozialdemokraten in der Bundesrepublik Deutschland. Ich gehöre dazu. Ich bin wegen diesem Mann nicht zuletzt in diese Partei eingetreten. Beifall Dieser Mann hat auch ein Vermächtnis hinterlassen. Dieses Vermächtnis heißt: Von deutschem Boden darf niemals wieder Krieg ausgehen. Auf diesen Satz muss sich die Linke in Deutschland verpflichten, wenn kein anderer diesen Satz mehr hochhält. Beifall Diese verfehlte Außenpolitik hat zu den Schwierigkeiten geführt , die wir jetzt erleben und dazu geführt, dass nicht nur das Völkerrecht verletzt wurde , sondern auch das Recht der Bundesrepublik Deutschland, in dem deutsche Staatsbürger einfach ohne Rechtsgrundlage verschleppt wurden , ja auch gefoltert wurden. Jetzt sperren sich all diejenigen, die daran mitgewirkt haben mit den fadenscheinigsten Argumenten gegen den Untersuchungsausschuss. Dass sich die Schwarzen und die Roten dagegen sperren, kann man ja noch irgendwie verstehen, weil Regierungen immer geneigt sind, irgendetwas unter den Teppich zu kehren. Und sie haben ja auch genügend falsch gemacht, um es unter den Teppich zu kehren. Aber zunächst mal war der bedauerliche Eiertanz der Grünen da. Ich muss sagen, ich habe ja mal viele Sympathien für die Grünen gehabt. Aber die Sympathien sind völlig verflogen. Das war doch ein weiter Weg vom Pazifismus zur Befürwortung völkerrechtswidriger Kriege und zum Rechtsbruch. Das dürfen wir denen doch nicht durchgehen lassen. Beifall Auf der anderen Seite -die Liberalen, die einen Eiertanz aufführen, die selber sagen, sie müssten noch prüfen, ob sie für einen Untersuchungsausschuss sind. Und man sagt, die Regierung habe ja schon viel auf den Tisch gelegt. Ich werde immer wieder gefragt, wieso ist denn die Linke so beharrlich für einen Untersuchungsausschuss? Das ist eine ganz einfache Antwort, die wir geben können. Wir sind für einen Untersuchungsausschuss, weil ein Untersuchungsausschuss etwas bringt. Wer in diesem Ausschuss lügt, der macht sich strafbar. Wer aber Pressekonferenzen gibt oder irgendwelche Berichte abliefert, der kann da schreiben, was er will. Und wenn irgendeiner noch Zweifel hat, dem sage ich immer wieder: Wer in der Mehrwertsteuer- Debatte so schamlos gelogen hat, wieso soll ich dem glauben, dass der uns korrekt und richtig informiert, wenn es um die Geheimdienste und irakische Aktivitäten geht. Wir haben doch de Bux net mit der Beißzang zugemacht. Beifall Wir haben uns aufgemacht, eine neue Linke in Deutschland zu schaffen, weil wir diese verfehlte Politik der letzten Jahre nicht mehr akzeptieren wollen. Wir wissen, dass es da oder dort im Parteibildungsprozess Schwierigkeiten gibt . Aber dieser Zug ist nicht aufzuhalten. Ich verstehe es ja, dass die politische Rechte alle Anstalten macht, um diesen Parteibildungsprozess der neuen Linken zu verhindern. Ich verstehe es auch, dass einige Sektierer in der WASG glauben, sie könnten diesen Prozess aufhalten - aber ich sage ihnen eines: 4,1 Mio. WählerInnen haben uns einen Auftrag gegeben und ich stehe dafür, dass dieser Auftrag erfüllt wird. Helft alle dabei mit In diesem Sinne Glück auf Beifall , Jubel Glück auf liebe Freundinnen und Freunde und ich bitte jetzt Gregor Gysi auf die Bühne, einen Partner, mit dem zusammen ich diese neue Linke aufbauen will. Das Wort hat jetzt Gregor Gysi.