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Duale Ausbildungsplätze - Wirtschaft und Bundesregierung müssen liefern

Rede von Nicole Gohlke,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, den Berufsbildungsbericht zu diskutieren, gehört oft eher zu den unangenehmen Debatten im Bundestag, einfach weil sich hier so gar nichts tut und jedes Mal aufs Neue größtenteils deprimierende Zahlen vorgetragen werden. Und ich denke mir dann immer: Wie muss sich das eigentlich erst für die jungen Menschen anfühlen, die es wirklich betrifft, die am Beginn eines Ausbildungsjahres mit leeren Händen, ohne Ausbildungsplatz, dastehen? Das betrifft gerade mehr als 22 500 junge Menschen. Oder wie muss es sich für die anfühlen, die jahrelang in irgendwelchen Übergangssystemen feststecken, anstatt eine echte Ausbildung zu absolvieren? Das betrifft 239 000 junge Menschen. Oder wie muss es sich für die anfühlen, die schon lange ohne jede Berufsausbildung und berufliche Perspektive sind? Das sind, wie wir schon gehört haben, über 2,6 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 35 Jahren – 2,6 Millionen! Kolleginnen und Kollegen, ich finde diesen Zustand absolut beschämend, und es ist nicht hinnehmbar, dass die Politik Jahr für Jahr keine Antworten auf diese Zukunftsfragen findet.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich finde es auch irgendwie bizarr, wenn im Berufsbildungsbericht auf 25 Seiten mehr als 120 Maßnahmen der Bundesregierung aufgeführt sind, ohne dass daraus irgendwelche Schlüsse gezogen werden. Ich meine, viele dieser Programme laufen seit Jahren. Aber die meisten laufen ja, ohne die Situation spürbar zu verbessern; denn die Zahlen werden Jahr für Jahr schlechter. Ich finde, die Ampelregierung muss die Programme endlich mal auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen, anstatt sie einfach nur aufzulisten und sich an der Zahl zu berauschen. Das wäre jetzt mal die angemessene Reaktion.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich verstehe, ehrlich gesagt, nicht, warum nicht auch die Bundesregierung endlich mal auf die Idee kommt, zum Beispiel das Instrument der assistierten Ausbildung flächendeckend auszubauen. Da steht den Auszubildenden und den Betrieben ein Ausbildungsbegleiter oder eine Ausbildungsbegleiterin als feste Ansprechperson zur Seite für Fragen der bürokratischen Abwicklung, aber auch, wenn Probleme in der Ausbildung oder in der Schule auftreten. Das hat sich doch bewährt. Warum gibt es das nicht flächendeckend, sondern nach wie vor nur stückweise?

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sage Ihnen: Wirklich wirksam wäre vor allem auch eine Maßnahme, der sich die Bundesregierung bisher leider systematisch verweigert, nämlich dafür zu sorgen, dass endlich mehr betriebliche Ausbildungsplätze entstehen. Auch wenn das jetzt die Konservativen und auch die FDP nicht so gerne hören wollen, sage ich Ihnen: Ich glaube, da kommt man um eine solidarische Umlagefinanzierung nicht herum.

(Beifall bei der LINKEN)

Man kann sich vor dieser Frage nicht weiter drücken. Die Unternehmen und Betriebe, die ausbilden, die gehören entlastet, aber diejenigen, die es nicht tun und sich weigern, die gehören zur Kasse gebeten. Das muss endlich mal passieren; denn der Markt, der regelt es eben nicht von alleine. Es braucht hier mal einen Funken an solidarischem Denken. Das ist doch wirklich offensichtlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Kurz und gut: Drehen Sie endlich mal die großen Räder, bevor Sie in einem Meer an wirkungslosen Einzelmaßnahmen versinken.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)