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Bittere Bilanz beim Corona-Aufholpaket für Schüler:innen

Rede von Nicole Gohlke,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die letzte Bundesregierung, die Große Koalition, hat im Frühjahr 2021 infolge der Pandemie ein Corona-Aufholpaket für Schülerinnen und Schüler auf den Weg gebracht. Jetzt gibt es Untersuchungen des Wissenschaftszentrums Berlin zu den Wirkungen dieser Aufholprogramme, und die, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind bitter, überaus bitter. Die selbstgesteckten Ziele sind entweder aufgrund fehlender Datenlage gar nicht überprüfbar, oder sie wurden eben nur sehr bedingt erreicht.

Zum Beispiel wurde das Ziel verfehlt, genau die jungen Menschen zu erreichen, die die Hilfe am meisten brauchen, nämlich Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien, die unter Schulschließungen und Distanzunterricht besonders gelitten haben, die bis heute an den psychosozialen Folgen leiden und deren Nöte und Anliegen sowieso in dieser Gesellschaft schon viel zu wenig Gehör finden. Kolleginnen und Kollegen, ich finde, das ist eine Katastrophe.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann wissen wir, dass die meisten Bundesländer die Mittel aus diesem Programm vorwiegend nach dem Gießkannenprinzip verteilen. Dann passiert so was, dass vergleichsweise privilegierte Schulen, wie etwa Gymnasien oder Privatschulen, im selben Umfang Mittel erhalten wie sozial belastete Schulen. Das ist doch irre, Kolleginnen und Kollegen, und das ist, ehrlich gesagt, auch einfach politisches Versagen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann gibt es noch ein Riesenproblem, nämlich dass die psychosozialen Folgen der Pandemie – das ist gerade schon angesprochen worden – und die Fragen von Freizeit und der Welt außerhalb von Schule in den Programmen oft nur eine ganz untergeordnete Rolle spielen. Es ist aber falsch, immer nur alles auf formale bildungspolitische Fragen und den Schulbereich zu konzentrieren. Horte, Freizeitangebote, Orte der Mitbestimmung für junge Menschen könnten einen riesigen Beitrag zur Abfederung von psychosozialen Folgen leisten; aber die stehen eben nicht im Fokus, und das ist ein riesiger politischer Fehler.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Katrin Zschau [SPD])

Ein richtiger Ansatz ist es – auch mit Blick auf die Krisen, die noch kommen –, die Jugendhilfe- und Jugendfreizeiteinrichtungen zu stärken, die Jugendbeteiligung zu stärken. Richtig wäre es, endlich mal die Kinderarmut wirksam zu bekämpfen; denn Armut ist doch das, was die Kinder und jungen Menschen abhängt, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich finde, es ist keine Zeit zu verlieren. Es geht jetzt darum, die Bildungsfinanzierung mit einem bundesweiten Sozialindex sozial gerecht zu machen; der ist überfällig. Jetzt ist der Zeitpunkt, das Kooperationsverbot zu kippen, dafür zu sorgen, dass Bund, Länder und Kommunen endlich in der Bildung zusammenarbeiten können.

(Beifall bei der LINKEN)

Man muss Geld in die Hand nehmen: für ausreichend und gut ausgebildetes pädagogisches Personal. Denn die, die in der Jugendhilfe, in der Jugendsozialarbeit, im Klassenzimmer und in der Kita stehen, die sind am Limit. Da hilft, ehrlich gesagt, auch kein Aufholpaket, sondern nur eine Fachkräfteoffensive.

(Beifall bei der LINKEN)

Eins ist mir noch wichtig. Vielleicht sollten wir endlich mal die Stoßrichtung in den Debatten über Bildung ändern. Weniger Leistungsdruck, weniger Noten, weniger Konkurrenz, mehr Spaß am Lernen, mehr Kooperation, mehr Inklusion: Das wäre der richtige Weg.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Katrin Zschau [SPD])