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Rede von Heike Hänsel zu Protokoll gegeben am 10.11.2016

Rede von Heike Hänsel,

Der vorliegende Antrag „Fluchtursachen bekämpfen“ von SPD und CDU/CSU spiegelt realistisch die Außenpolitik der Bundesregierung wider: Sie reden ständig über die Bekämpfung von Fluchtursachen, aber Sie machen überhaupt nichts, um real Fluchtursachen zu bekämpfen. Sie betreiben eine Politik, die sich darauf konzentriert, Fluchtmöglichkeiten, Fluchtwege und auch direkt Flüchtlinge zu bekämpfen.

In Ihrem Antrag konzentrieren Sie sich auf die schlechte Situation der Flüchtlingslager in den Nachbarstaaten Syriens und Iraks. Und es stimmt, die Lebensbedingungen sind nach wie vor inhuman und unwürdig, und trotz vieler Appelle der UN-Organisationen reicht die finanzielle Ausstattung nicht aus. Wir haben das mehrfach kritisiert und deshalb auch in den Haushaltsverhandlungen gefordert, dass endlich die Regelbeiträge der Bundesregierung an die UN-Hilfsorganisationen wie UNHCR, WFP etc. erhöht werden und nicht immer, viel zu spät und zögerlich, im Nachhinein Gelder aufgestockt werden müssen; dies wäre ein überfälliger Schritt, um die Kürzung von Essensrationen, Schulangeboten usw. in Flüchtlingslagern von Beginn an zu verhindern.

Das sind aber nur mittelbar Fluchtursachen, unmittelbare Fluchtursachen sind doch die Kriege in der gesamten Region. Dazu beigetragen hat eine unverantwortliche Regime-Change-Politik des Westens. Und eine menschenverachtende Rüstungsexportpolitik in diese Region, allen voran von Deutschland. In 2016 haben wir erneut einen Höchststand an Exportgenehmigungen. Ernsthaft Fluchtursachen bekämpfen heißt, keine Waffen mehr in alle Welt zu exportieren. Und keine Entsendung von Bundeswehrsoldaten, noch dazu ohne völkerrechtliche Grundlage! Stoppen Sie diese Kriegspolitik, und das würde dazu beitragen, dass weniger Menschen fliehen müssen.

Weiterhin wird der Kurs der militärischen Aggression ausgebaut. Dafür wird die Schaffung von verschiedenen militärischen Instrumenten auf der EU-Ebene als ein zentraler Bestandteil gesehen. Nach den Erfahrungen im Irakkrieg, im Kosovokrieg im Afghanistankrieg, im Jemen sollte eigentlich auch die aktuelle Bundesregierung begriffen haben, dass eine militärische Aufrüstung und militärische Aggression die Gewaltspirale weltweit weiter vorantreibt und der sogenannte Kampf gegen den Terrorismus nicht mit Waffengewalt gewonnen werden kann.

Statt die Zusammenarbeit mit Despoten und autoritären Regimen voranzutreiben, zum Beispiel Erdogan in der Türkei, muss diese Kumpanei beendet werden. Erdogan selbst ist doch die personalisierte Fluchtursache. Hunderttausende Kurden und Kurdinnen mussten bereits aus dem Südosten der Türkei vor dem Krieg Erdogans gegen die Zivilbevölkerung fliehen. Zum Beispiel wurde die Altstadt Diyarbakirs dem Erdboden gleichgemacht. Das muss beendet werden, und da braucht es klare Kante gegen den NATO-Partner Türkei und keine Unterstützung durch Flüchtlingsdeals, Rüstungsexporte und Bundeswehrsoldaten nach Incirlik. Dieses Mandat haben Sie, als Antragsteller, heute gerade verlängert, und dann sprechen Sie von Bekämpfung von Fluchtursachen, währenddessen Sie Erdogan damit Grünes Licht geben, genauso weiterzumachen, wie bisher. Das heißt auch, Erdogan kann weitermachen mit seiner Unterstützung für islamistische Terrorgruppen und den IS, die ja maßgeblich für die Vertreibung Hunderttausender Menschen aus Syrien und Irak verantwortlich sind. Diese Politik von SPD/CDU ist zynisch.

Wer Fluchtursachen verhindern möchte, muss weltweit faire Handelsbedingungen schaffen, statt weiterhin immer neue Freihandelsverträge, auch mit den Ländern des Südens, durchzudrücken. Bestes Beispiel sind die EPAs mit den afrikanischen Ländern, die dazu beitragen, dass noch weniger ökonomische Perspektiven auf diesem Kontinent entstehen. Auch die EPAs sind eine zentrale Fluchtursache, und wenn Sie ernsthaft Fluchtursachen bekämpfen wollen, dann stoppen Sie auf europäischer Ebene diese zerstörerische Handelspolitik; sonst brauchen Sie uns hier nicht mehr solche Anträge vorzulegen.