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Rede von Frank Tempel zu Protokoll gegeben am 09.03.2017

Rede von Frank Tempel,

Im vorliegenden Gesetzentwurf will die Bundesregierung die Möglichkeit schaffen, der Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, BDBOS, neue Aufgaben jenseits des bisherigen Betriebes des TETRA-basierten Digitalfunk BOS zukommen zu lassen. Angedacht ist die Übertragung des Eigenbetriebes der Netze des Bundes, NdB.

Das Netz des Bundes als zukünftige Netzinfrastruktur der Bundesverwaltung ist unzweifelhaft Teil der kritischen Infrastruktur und auf das Engste mit den Kernaufgaben des Staates verbunden. Solch kritische Infrastrukturen in Betrieb privater Firmen bilden ein potenzielles Sicherheitsrisiko. Die bisherigen zwei Netze, das BVN/IVBV – Bundesverwaltungsnetz/Informationsverbund der Bundesverwaltung – und das IVBB – Informationsverbund Berlin-Bonn – wurden von zwei Privatfirmen, Verizon und T-Systems, betrieben. Darüber erfolgten die Regierungskommunikation sowie die Kommunikation der Bundesverwaltung. Via BVN/IVBV wird ebenfalls ein Teil der Datenverkehre des Deutschen Bundestages abgewickelt. Mit den Snowden-Leaks wurde bekannt, dass Verizon zu jenen Firmen zählt, mit denen der US-amerikanische Geheimdienst NSA strategische Partnerschaften zur Datenüberwachung unterhält. Der Vertrag mit Verizon über den Betrieb des Bundesverwaltungsnetzes wurde daraufhin später zu Recht gekündigt.

Die Änderung des BDBOS-Gesetzes schafft die Möglichkeit, dass die Netze des Bundes, NdB, in Eigenbetrieb durch die Bundesbehörde geführt werden können. Das ist grundsätzlich zu begrüßen. Zudem sollen bis 2019 die einzelnen Fernkommunikationsnetze des Bundes zusammengefasst und migriert werden. Gegenüber einem Fremdbetrieb soll der Kostenvorteil des NdB in Eigenbetrieb zudem laut dem Gesetzentwurf rund 160 Millionen pro Jahr betragen.

Andererseits bleibt die Fraktion Die Linke skeptisch. Die Geschichte der Einführung des digitalen BOS-Netzes als auch des Netzes des Bundes war und ist ein Trauerspiel. Schon zur Fußballweltmeisterschaft 2006 sollte in den Austragungsorten der digitale BOS-Funk verfügbar sein. Im Jahr 2007 gab es einen Neustart des gesamten Projektes. Seitdem ist die Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben für den Aufbau des Digitalnetzes zuständig. Immer größere Kosten, ein Ausbaurückstand von zwei Jahren und Berichte über ein Organisationschaos bei der BDBOS begleiteten deren Arbeit. Beim Aufbau des digitalen Polizeifunks waren erhebliche Unregelmäßigkeiten zu beobachten. Der Bundesrechnungshof listete im Jahre 2010 unglaubliche Zustände beim BDBOS auf. Mitarbeiter wurden ohne Arbeitsvertrag angestellt, externe Dienstleister schrieben sich selbst die Arbeitsaufgaben zu, und die Rechnungslegung war über weite Strecken nicht nachvollziehbar. Die ursprünglich geplanten Kosten von 5,1 Milliarden Euro, die inzwischen auf 7,2 Milliarden Euro angestiegen sind, werden wohl noch um einige Milliarden anschwellen. Grund dafür ist die immer noch nicht erreichte vollständige Abdeckung des Netzes. Insbesondere in Tälern, dichten Wäldern und innerhalb von Gebäuden ist der Empfang schwierig bis unmöglich. Deshalb muss die Stationsdichte nachträglich erhöht werden. Der heute vorliegende Antrag von Bündnis 90/Die Grünen geht in diese Richtung und wird natürlich von den Linken unterstützt.

Weiterhin ist die Übertragung digitaler Daten beim Polizeifunk so unterdimensioniert, dass jedes normale Handy einen weit höheren Funktionsumfang aufweist. Die Übertragung von Fahndungsfotos oder Fingerabdrücken ist faktisch unmöglich. Es steht also ein milliardenschwerer Ausbau bei den Bandbreiten an.

Nach Jahren der Kritik von Katastrophenschützern und auch unserer Fraktion haben die Bundesregierung und die Länder endlich die Notwendigkeit erkannt, das digitale BOS-Netz gegen längere Stromausfälle zu härten. Bereits nach zwei Stunden ist heute das Netz tot und sind Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste und THW der Kommunikation beraubt. Der Puffer soll nun auf 72 Stunden ausgebaut werden. Wann dies abschließend der Fall ist, steht aber in den Sternen. Auch das Projekt „Netze des Bundes“ ist dem Zeitplan um Jahre hinterher. Neben Diskussionen um die Sicherheit des Netzes wegen bekannter Trassenverläufe im ehemaligen Leerrohrnetz der amerikanischen Armee gibt es auch erhebliche Kritik des Bundesrechnungshofes an Fehlausgaben in Milliardenhöhe.

Sie verstehen sicherlich, dass wir trotz des nachvollziehbaren Ansatzes in ihrem Gesetz große Befürchtungen gegenüber Ihren Plänen hegen. Es ist schon viel zu viel Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler eingesetzt worden, und die Nutzbarkeit von digitalem BOS und des Netzes des Bundes ist trotzdem nicht auf dem versprochenen Stand.