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Lebensfremde Steuerreform für Landwirte!

Rede von Christian Görke,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass ich mir vor meiner ersten Rede dieses unterschwellige EU-Bashing der Hobbypatrioten der AfD anhören musste,

(Zuruf von der AfD: Sie haben nur zwei Minuten!)

ist hier wahrscheinlich gang und gäbe, aber für mich erst mal gewöhnungsbedürftig.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])

Zur Sache: Das Problem, liebe Kolleginnen und Kollegen, liegt auf dem Tisch und ist symptomatisch für die Schlafwagenpolitik der letzten Jahre. Reformen über Reformen wurden vergeigt oder ausgesessen – so auch hier. Erst nachdem der Bundesrechnungshof den Finger gehoben und Deutschland nun eine EU-Klage am Hals hat, wird gehandelt.

(Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])

Die Probleme mit der Pauschalisierung, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind ja längst bekannt. Die Reformen hätten, wie gesagt, schon früher angegangen werden müssen, um eine Lösung zu finden, die praktikabel ist und die vor allen Dingen die Praxis der hart schuftenden Landwirte irgendwie abbildet.

Liebe Kollegin Tillmann, ich glaube, die amtierende Bundesregierung hat diesen Gesetzentwurf im Oktober beschlossen. Insofern verstehe ich Ihre Kritik überhaupt nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Was jetzt vorliegt, ist vielleicht EU-klagebeständig, aber handwerklich, liebe Kolleginnen und Kollegen – ich bin kein Landwirt, aber Finanzpolitiker –, wirklich schlecht gemacht. Ich will aus Zeitgründen auf zwei Sachen eingehen:

Erstens wird gerade den kleinen Landwirten durch diesen niedrigen Steuersatz in die Kasse gegriffen. Dieser Pauschalisierungssatz fällt nämlich nur deshalb so niedrig aus, weil in die Berechnung die großen, profitablen Firmen nicht mehr einfließen; denn sie sind nach der neuen Pauschalisierungsregel im Umsatzsteuergesetz bei einem Umsatz von mehr als 600 000 Euro raus aus dem Geschäft. Also: Die Berechnung ist falsch.

Nehmen wir zweitens die Umsetzung zum 1. Januar. Die ist ja völlig realitätsfremd, weil das Wirtschaftsjahr für Land- und Forstwirtschaft eben schon – das ist bereits gesagt worden – im Juli beginnt. Das heißt: Buchungschaos und Mehrkosten sind vorprogrammiert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sage nicht ich, sondern das sagen die Fachverbände.

Angesichts von nur einem Tag Beteiligung in einem Gesetzgebungsverfahren muss ich wirklich sagen: Das ist kein Bundestagsniveau.

(Beifall bei der LINKEN)

Insofern, meine Damen und Herren, ist bei großen Teilen dieses Gesetzentwurfs handwerklich schlecht gearbeitet worden, und das werden wir im Hauptausschuss nacharbeiten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)