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9-Euro-Ticket: eine große Chance vertan!

Rede von Bernd Riexinger,

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Regierung hat es nicht geschafft, das Auslaufen des 9‑Euro-Tickets zu verhindern und eine direkte Nachfolgeregelung auf den Weg zu bringen.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Genau!)

Das, was Sie die letzten Monate dazu abgeliefert haben, ist einfach nichts.

(Beifall bei der LINKEN)

Eine große Chance wurde vertan.

(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Das stimmt genau!)

Und was Sie jetzt vorlegen, ist mut- und kraftlos.

Mich ärgert der Umgang mit unseren Anträgen unsäglich. Wir haben rechtzeitig im Verkehrsausschuss, im Bundestag Anträge zur Verlängerung des 9‑Euro-Tickets gestellt, um Zeit für eine durchdachte Nachfolgeregelung zu finden. Wir haben zugleich Vorschläge gemacht für ein 1-Euro-Ticket am Tag, ein 30-Euro-Ticket im Monat oder ein 365-Euro-Ticket im Jahr. Ohne ernstzunehmende Debatte und ohne Begründung wurde das abgelehnt. Als das 9‑Euro-Ticket im Sommer immer populärer wurde, forderten SPD und Grüne auf einmal eine Nachfolgeregelung – die Grünen mit den nahezu deckungsgleichen Vorstellungen, die sie vorher im Parlament, als meine Partei sie beantragt hatte, abgelehnt hatten. Die Grünen sind in der Kunst der öffentlichen Inszenierung guter, also unserer, Vorschläge bekanntlich Meister. Liebe Grüne, ihr seid nicht in der Opposition, sondern in der Regierung, und ihr hättet die Sommerzeit nutzen können, eure Koalitionspartner von unseren oder von mir aus auch von euren guten Vorschlägen zu überzeugen. Das habt ihr offensichtlich nicht getan.

(Beifall bei der LINKEN)

Der jetzt vorliegende Kompromiss mit einer Spanne von 49 bis 69 Euro ist zu teuer, zu weit weg vom 9‑Euro-Ticket und untergräbt dessen Erfolg. 52 Millionen verkaufte Tickets! Jeder Zehnte hat das Auto stehen lassen. 1,8 Millionen Tonnen CO2 wurden eingespart, und Sie lassen einen solchen Elfmeter einfach liegen und schießen lieber ein Eigentor. Ich kann es nicht verstehen. 100 Städte und Kommunen in Europa haben bereits einen ticketfreien öffentlichen Personennahverkehr, darunter Luxemburg. Städte wie Wien haben bereits seit Jahren ein 365-Euro-Ticket. Die spanische Regierung hat jetzt eine Übergewinnsteuer beschlossen und mit den zusätzlichen Einnahmen die Nutzung des Regionalverkehrs kostenfrei gestellt. Bevor unsere Regierung eine so einfache Regelung beschließt, dreht Wirtschafts- und Klimaminister Habeck lieber weitere 25 rhetorische Pirouetten und erklärt unter sichtbaren Schmerzen, dass es gerecht ist, wenn die gestiegenen Kosten auf die Mehrheit der Bevölkerung abgewälzt werden. Hier wäre doch mal eine Chance gewesen, wirklichen Klimaschutz durchzusetzen und darüber hinaus noch eine soziale Regelung zu treffen.

(Beifall bei der LINKEN)

Beste Ideen vermurkst man nicht, sondern setzt sie um.

Wer will, dass die Menschen vom Auto auf den öffentlichen Personennahverkehr und insbesondere auf die Bahn umsteigen, muss die Ticketpreise massiv senken – bis hin zum Nulltarif – und massiv in den Ausbau von ÖPNV und Bahn investieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Dem wird Ihr Haushaltsentwurf wieder einmal nicht gerecht.

(Beifall bei der LINKEN)