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Ralph Lenkert: Fatal im Katastrophenfall: Wenn es nur noch knackt und rauscht

Rede von Ralph Lenkert,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sie haben leider nicht auf die Details geachtet, zumindest bei diesem Gesetz. Hätten Sie die EU-Richtlinie 2014/30 richtig gelesen, wäre das Gesetz zur elektromagnetischen Verträglichkeit von Betriebsmitteln, EMVG genannt, auch im Detail gelungen. Gestatten Sie mir, die Bedeutung von Details an einem tragischen Beispiel zu erläutern: Über 99,9 Prozent der Raumfähre „Columbia“ funktionierten einwandfrei. Nur ein kleines Schaumstoffteil riss beim Start ab. Das kostete sieben Menschenleben.

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, Sie legen Ihr Smartphone neben die Stereoanlage, und es pfeift unerträglich. Das ist elektromagnetische Unverträglichkeit.

(Andreas G. Lämmel [CDU/CSU]: Rückkopplung nennt sich das!)

Das EMVG fordert, dass alle Betriebsmittel und Geräte so gebaut und genutzt werden, dass sie keine ungewollten Störungen verursachen.

(Klaus Barthel [SPD]: Eben!)

Gut so! Wird eine Videoüberwachung gestört, reagiert die Bundesnetzagentur – vielleicht. – Denn laut Gesetz kann die Bundesnetzagentur eingreifen, muss aber nicht. Wird die Mobiltelefonie gestört, kann die Bundesnetzagentur eingreifen, muss aber nicht. Wird Ihr Radioempfang gestört, kann die Bundesnetzagentur eingreifen, muss aber nicht. Macht die Bundesnetzagentur nichts, bleibt den Betroffenen nur der Rechtsweg offen. Sie gehen zum Anwalt, der geht zum Gericht, aber das Gericht kann ohne Bundesnetzagentur keinen Verursacher feststellen. Pech gehabt!

Auch der Amateurfunk wird entgegen den Vorgaben der Europäischen Union und des Internationalen Fernmeldevertrages mit diesem Gesetz, das im Entwurf vorliegt, nicht ausreichend geschützt. Bei großen Naturkatastrophen wie Stürmen, Überschwemmung, Erdbeben fallen oft die Kommunikationssysteme aus. Funkamateure sind oft die Ersten, manchmal die einzigen, die dann Informationen aus den Katastrophengebieten senden. Verlieren die Amateurfunker wegen zu starker Störungen die Lust an ihrem Hobby, dann verlieren wir alle dieses Notfallsystem.

So etwas kann nicht passieren, meint die Regierung. Alle Hersteller müssen ihre Produkte so bauen, dass diese keine Störungen verursachen; denn so steht es im Gesetz. Alle Nutzer werden Geräte nur verwenden, wenn keine Störungen entstehen; denn so steht es im Gesetz. Und alle Pkw-Fahrer halten sich stets an die zulässige Geschwindigkeit; denn so regelt es ein Gesetz. Falsches Beispiel, Entschuldigung!

(Beifall bei der LINKEN – Klaus Barthel [SPD]: Bußgelder, steht auch im Gesetz!)

Die Hersteller bestätigen sich selbst, alle elektromagnetischen Grenzwerte einzuhalten; denn dies fordert das Gesetz. Die Einhaltung der Abgasgrenzwerte von Dieselmotoren wurde von den Pkw-Herstellern auch stets bestätigt; denn so verlangte es das Gesetz. Entschuldigung, schon wieder falsch!

Geehrte Kolleginnen und Kollegen, noch immer zu glauben, dass Gesetze ohne Kontrollen eingehalten werden, ist naiv. Die Bundesnetzagentur muss bei Störungen zum Handeln verpflichtet sein,

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

und sie muss die notwendigen materiellen und personellen Mittel dafür erhalten. Die Linke wollte deshalb eine Anhörung vor Verabschiedung des EMVG. Warum lehnten Sie von der Union, Sie von der SPD und Sie von den Grünen dies ab? Hatten Sie keine Lust? War es Ihnen zu kompliziert? Oder wollten Sie einfach nur den Schreibtisch freimachen? Ich garantiere Ihnen: Der Bundestag wird nachsitzen müssen, entweder weil die EU diese Mängel moniert oder Ihnen Amateurfunker und Radiohörer aufs Dach steigen. Noch können Sie die Mängel beheben; Sie müssen nur mit uns diese Version des EMVG ablehnen und nachbessern.

(Beifall bei der LINKEN)