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Proforma-Politik und Wahlkampfshow statt zeitgemäße Gesundheitsförderung und Korruptionsbekämpfung

Rede von Martina Bunge,

Rede zu Protokoll zum Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Prävention der CDU/CSU und FDP (17/13080) und zu den Anträgen der Linksfraktion „Prävention weiter denken – Gesundheitsförderung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe stärken“ (17/6304) und „Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidungen sichern – Korruptives Verhalten effektiv bekämpfen“ (17/12451)

Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident/in,

liebe Kolleginnen und Kollegen ,

heute stehen zwei wichtige Punkte auf der Tagesordnung – zum einen ein Gesetz zur Prävention und zum anderen Vorlagen zur Eindämmung der Korruption im Gesundheitssystem. Beides wichtige Themen. Die Bedeutung, die die Bundesregierung diesen Themen zumisst, lässt sich aber schon daran ablesen, zu welcher Zeit diese Debatte angesetzt wurde.

Das Interesse der Bundesregierung an einer wirklich guten Gesundheitsförderung und Prävention und an der Verringerung der Korruption im Gesundheitswesen ist gleich null. Den Gesetzentwurf zur Prävention haben Sie so ausgestaltet, dass jeder auch nur mäßig an Gesundheitsförderung Interessierte diesen Entwurf ablehnen muss und somit von vorneherein klar war, dass dieser Entwurf den Bundesrat nicht passieren wird. Und obwohl sogar schon entsprechende Bekundungen aus dem Bundesrat zu hören waren, hängen Sie genau hier Ihre, zwar halbherzigen, aber wenigstens etwas in die richtige Richtung gehenden, Änderungsanträge an, die die Korruption von Ärztinnen und Ärzten und anderen Gesundheitsberufen eindämmen sollen. Spätestens hier wird doch deutlich, dass  Ihnen nicht daran gelegen ist, Ihre Vorlagen je das Licht eines Gesetzes erblicken zu lassen. Das nenne ich Proforma-Politik oder Wahlkampfshow. Um die Sache kann es Ihnen nicht gehen, dann hätten Sie es anders gemacht.

Ihre Vorlage zur Prävention führt nicht zu einer Verbesserung, das haben Ihnen erneut die Fachleute in der Anhörung bestätigt. Es war auch spannend, in den Anhörungen zu beobachten, wie Sie es tunlichst vermeiden, hochanerkannte Gesundheitswissenschaftler, Koryphäen zu Gesundheitsförderung und Prävention, zu befragen, weil die Ihnen nur den Kopf waschen würden. Sie sind eine Bundesregierung, die Angst vor der Expertise der Wissenschaft hat. Stattdessen fragen Sie diejenigen, die zwar wenig von Gesundheitsförderung verstehen, für die Sie aber das Gesetz geschrieben haben – Ärztevertreter, Kurbäder etc. Das ist schon peinlich.

Ein Gesetz zur Gesundheitsförderung und Prävention muss drei zentrale Anforderungen erfüllen:

Es muss deutlich machen, dass es wirklich um einen Paradigmenwechsel geht - weg von der medizinischen Sicht auf Gesundheit, auf Krankheitsbehandlung - hin zu einem Blick, der die Gesunderhaltung der Menschen als der Krankheitsbehandlung mindestens gleichwertige, gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrnimmt. Dies muss durch Strukturen aber auch durch die gesamtgesellschaftliche und angemessene Finanzierung zum Ausdruck kommen.

Ein solches Gesetz muss als eine zentrale Aufgabe die Verringerung sozial bedingter gesundheitlicher Ungleichheit bewirken. Unsere Gesellschaft ist sozial ungerecht und wird immer ungerechter. In der Gesundheit kommt diese Ungerechtigkeit auf eine Weise zum Tragen, die jedem, der nur ein wenig ethisches Bewusstsein hat, unerträglich sein muss. Wie können wir zuschauen, dass Kinder, nur weil sie in eine sozial benachteiligte Familie hineingeboren werden, bis zu zehn Jahre früher sterben müssen, als solche, die in gehobene Verhältnisse hineingeboren werden?

Und ein solches Gesetz muss sicherstellen, dass unser Wissen, wie wir unsere Gesundheit erhalten, in gleichem Maße wächst wie unser Wissen zur Behandlung von Krankheiten. Wir brauchen eine umfassende und systematische Forschungsstrategie zur Verbesserung des Wohlbefindens und der Gesundheit sowie der Verringerung der sozial bedingten gesundheitlichen Ungleichheit.

Keiner dieser drei Anforderungen kommt der Regierungsentwurf nur im geringsten nahe. Wenn Sie lesen wollen, wie es besser geht, lesen Sie unseren Antrag.

Nun noch ein paar Worte zur Korruption:

Ihr Entwurf zur Korruption ist halbherzig, weil Sie drei Bremsen eingebaut haben. Zum einen darf die Staatsanwaltschaft nur auf Antrag tätig werden; es muss nachgewiesen werden, dass der Arzt aufgrund von Zuwendungen tatsächlich seine Behandlung ändert und es werden nur diejenigen erreicht, die über die Gesetzliche Krankenversicherung abrechnen, alle anderen bleiben außen vor. Das ist uns viel zu wenig und Ihnen offensichtlich schon zu viel.

Aber ich sage Ihnen, wer nicht sämtliche Anreize im Gesundheitssystem ausschaltet, die dazu führen, dass Patientinnen und Patienten nicht allein im Sinne ihrer bestmöglichen Gesundheit behandelt werden, der nimmt Leid und frühzeitigen Tod der Menschen in diesem Lande in Kauf. Das gleiche gilt für diejenigen, die nicht endlich bereit sind, Gesundheitsförderung und Prävention den Stellenwert zukommen zu lassen, den wir brauchen, um effektiv die Gesundheit der Menschen zu erhalten und die sozialbedingte gesundheitliche Ungleichheit zu verringern.

DIE LINKE wird das nicht mittragen, sondern für die Gesundheit der Menschen streiten.