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Probleme nicht nur nennen - auch lösen!

Rede von Katrin Kunert,

Der Jahresbericht des Wehrbeauftragten 2005 ist nahezu deckungsgleich mit dem Bericht des Vorjahres: dieselben Probleme, Sorgen und Nöte. Viel Neues enthält er nicht. Aus Sicht der Bundestagsfraktion Die Linke. muss generell über die Aufgaben und über die Tätigkeit des Wehrbeauftragten gesprochen werden. Wozu ist der Bericht da, wenn Probleme immer wieder nur benannt, aber nicht gelöst werden?

Katrin Kunert in der Debatte zum Bericht des Wehrbeauftragten:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Bei uns in der Fraktion sitzt man zu seinem Tagesordnungspunkt möglichst in der ersten Reihe. Vielleicht wäre es ja möglich, dass Herr Robbe demnächst auch weiter vorne sitzt, sodass man ihn wenigstens einmal anschauen kann.

(Jörg van Essen [FDP]: Nein, er hat einen festen Platz!)

Stellen Sie sich vor, Deutschland müsste sich gegen Angriffe verteidigen, doch die Soldatinnen und Soldaten befinden sich im Streik.

(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Das täte den Linken gefallen!)

Die Bundeswehr soll immer mehr Aufgaben übernehmen, Auslandseinsätze stehen auf der Tagesordnung und werden trotz knapper Kassen finanziert. Viel Geld wird in neue Technik investiert, aber bei den Soldatinnen und Soldaten sind Sie knausrig. Während in Tarifverhandlungen bundesweit Lohnerhöhungen erstritten werden, wie unlängst von den Ärzten an den Unikliniken, und selbst der Bundespräsident eine 1,3-prozentige Diätenerhöhung in die Diskussion bringt, weil die Lebenshaltungskosten steigen, gibt es weitere Kürzungen beim Weihnachtsgeld der Soldatinnen und Soldaten. So steigern Sie die Attraktivität der Bundeswehr mitnichten.
Die Unterschiede beim Sold zwischen Ost und West bestehen weiterhin. Dass die Debatte „Besoldung der Soldaten“ letzte Nacht für 3 Uhr angesetzt war, zeigt deutlich, wie ernst Sie diese Probleme nehmen. Bei den so genannten Radarfällen aus NVA-Zeiten gibt es keine Bewegung und der Beförderungsstau kann so manchem Ferienstau Konkurrenz machen. Hier muss endlich gehandelt werden.
Der Jahresbericht 2005 des Wehrbeauftragten ist nahezu deckungsgleich mit dem Bericht des Vorjahres: gleiche Probleme, gleiche Sorgen, gleiche Nöte. Viel Neues gibt es nicht; lediglich der Kühlschrank „Olaf“,bei dem ein Rekrut Meldung zu machen hatte, und die Kaffeemaschine „Heraldine“, bei der er sich abzumelden hatte, zeugen von einer neuen Kreativität der Vorgesetzten im Schikanieren von Soldatinnen und Soldaten.
Aus unserer Sicht muss generell über die Aufgaben und über die Tätigkeit des Wehrbeauftragten gesprochen werden. Wozu ist der Bericht da, wenn Probleme zwar benannt, aber nicht gelöst werden? Wer kommt hier seiner Verantwortung nicht nach?
An dieser Stelle, lieber Kollege Kramer, lassen Sie mich die Gedanken vom 6. April dieses Jahres wieder aufnehmen. Sie waren sehr erregt, weil ich mir die Beschlussempfehlung in der Formulierung etwas „zackiger“ gewünscht hatte. „Zackiger“ war auf das Lösen der Probleme bezogen. Denn Jahr für Jahr werden im Bericht des Wehrbeauftragten die gleichen Probleme benannt; doch das war es - kein Wort über Zuständigkeiten! Wenn in der Beschlussempfehlung steht, dass darum gebeten wird, etwas zur Kenntnis zu geben, muss ich sagen: Mir und meiner Fraktion fehlt die Nennung der Verantwortlichkeiten. Ich will wissen, wer Missstände bis wann zu beseitigen hat!

(Beifall bei der LINKEN)

Das hat auch etwas mit Konsequenz und Verbindlichkeit unserer eigenen Arbeit als Abgeordnete zu tun und das sind wir den Soldatinnen und Soldaten schuldig. Aus unserer Sicht müssen die Mängel im Bericht des Wehrbeauftragten benannt werden, aber darüber hinaus müssen auch Schlussfolgerungen gezogen und es muss den strukturellen Ursachen für die Probleme der Soldatinnen und Soldaten nachgegangen werden, Zusammenhänge müssen deutlich gemacht werden.
Der Umbau der Bundeswehr zur Interventionsarmee erfolgt auf dem Rücken der Soldatinnen und Soldaten. Mehrausgaben bei den Investitionen bedeuten, dass Geld für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Soldatinnen und Soldaten fehlt.
Die Vielzahl von internationalen Verpflichtungen führt zu hohen Einsatzbelastungen bei den dafür qualifizierten Soldaten. Durch die mögliche Umsetzung des neuen Weißbuches würde diese Situation verschärft. Wir müssen an den Kernaufgaben der Bundeswehr festhalten und die Sicherheit im Land der Polizei überlassen.
In dem Bericht wird aber auch unterstrichen, dass die festgestellten Mängel in der militärischen Führung mit der Militärgerichtsbarkeit und der Wehrdisziplinarordnung zusammenhängen. Wir fordern den Wehrbeauftragten auf, grundsätzlich die Praxis zu durchleuchten und den Bundestag darüber zu informieren. Noch eines: Rechtsextremistische Vorkommnisse sind leider nach wie vor an der Tagesordnung.

(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Na! Na! Das nehmen Sie aber sofort zurück! - Jörg van Essen [FDP]: Unverschämtheit! Unglaublich! Ihre Zahl ist in der Bundeswehr weit unterdurchschnittlich und ich bin stolz darauf!)

Ich frage Sie: Wissen wir, was die Ursachen sind? Welche Gegenstrategien gibt es? - Zum Thema Wehrpflicht ist leider festzustellen, dass es trotz des neuen Tiefstandes nur am Rande erwähnt wird.
Lassen Sie mich zum Abschluss sagen, dass in der letzten Sitzung des Verteidigungsausschusses über die Ausrüstung der Soldatinnen und Soldaten für den möglichen Kongoeinsatz gesprochen wurde. Ich denke, wenn man Großes vorhat und in die große weite Welt ziehen will, dann muss man die Soldatinnen und Soldaten auch entsprechend ausstatten. Herr Wehrbeauftragter, in dieser Beziehung haben Sie unsere Unterstützung. Wir laden Sie gerne zur Zusammenarbeit mit uns ein.
Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Ditmar Staffelt [SPD]: Das fällt Ihnen schwer!)