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Privatkundengeschäft der Finanzagentur muss weitergeführt werden

Rede von Harald Koch,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörer!

„Günther“ verzieht sich in seinen Panzer!

Die Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH, deren Maskottchen die Schildkröte Günther war, hat sich mit Beginn des Jahres aus dem Privatkundengeschäft mit Bundeswertpapieren zurückgezogen.

Seit längerem meckerte der Bankenverband darüber, dass Privatanleger direkt über die Finanzagentur Bundeswertpapiere erwerben und gebührenfrei auf dem Schuldbuchkonto verwahren lassen können. Schon eilt die Regierung der Bankenlobby willfährig zu Hilfe, statt sich eine verbraucherfreundliche Regelung auszudenken. Verbraucherschutz bleibt bei dieser Regierung eine Worthülse.
(Beifall bei der LINKEN)

Anleger müssen ab jetzt zum Beispiel Bundesanleihen bei ihrer Hausbank kaufen. Dafür und für die Aufbewahrung werden jedoch Gebühren fällig. Privatkunden sind zudem nun stärker gefährdet, entgegen der eigenen Risikoneigung und Anlageabsicht unpassende Finanzinstrumente von „Bankberatern“, also Verkäufern, aufgedrückt zu bekommen; denn an sicheren Tages- oder Festgeldkonten verdient eine Bank nichts. Provisionen für den Verkäufer würden dabei schon gar nicht sprudeln.

Natürlich muss man zugeben: Das Privatkundengeschäft war am Ende nicht mehr sehr einträglich, dafür aber arbeitsintensiv und teuer.

Dennoch sollten wir uns nicht vom Privatkundengeschäft der Finanzagentur verabschieden!

Zum einen bleibt viel zu vage, was mit dem Personal geschieht. Rund 200 Mitarbeiter könnten ihren Job verlieren. Die Linke ist auch hier gegen eine Schrumpfkur im öffentlichen Dienst.
(Beifall bei der LINKEN)

Zum anderen sollte man sich neben einer Kompensation anfallender Mehrkosten besser überlegen, wie man ohne Risikozunahme Bundeswertpapiere für Privatanleger attraktiver gestalten könnte und damit langfristiges Denken bei der Anlage unterstützt.

In Ihrem Antrag schreibt die SPD, dass Deutschland von der Finanzmarktkrise dadurch profitiert hat, dass Schuldtitel des Bundes stark nachgefragt worden sind. Dies springt viel zu kurz.

In Wahrheit profitierte Deutschland auf Kosten anderer Staaten vor allem durch Lohn-, Sozial- und Steuerdumping infolge der von der SPD beschlossenen Agenda 2010. In Wahrheit profitiert Deutschland von den exorbitanten Außenhandelsungleichgewichten.

Es stimmt: Der Bund wird etwas unabhängiger von Großinvestoren, und der Fiskus gewinnt, wenn das Privatkundengeschäft blüht.

Aber es reicht nicht aus und ist naiv, wenn Sie vorrangig Spareinlagen der einfachen Bürger mobilisieren wollen, um in Not geratene Staaten besser refinanzieren zu können. Auch das ist hier heute schon einmal festgestellt worden.
(Otto Fricke [FDP]: Das ist aber eine schöne mathematische Rechnung!)

Sie entlassen so Auslöser und Profiteure der Finanzkrise aus ihrer Verantwortung. Sie ignorieren mit Ihrem Antrag Forderungen nach einer sozial gerechten Steuer- und Lohnpolitik, die eine Umverteilung von oben nach unten vorantreibt. Und Sie ignorieren Forderungen nach einer europaweiten Vermögensabgabe von Millionären.
(Otto Fricke [FDP]: Was hat das damit zu tun?)

Die Staatsfinanzierung muss endlich der Willkür der Finanzmärkte entzogen werden. - Wir haben alle noch die Jahre 2008 und 2009 in Erinnerung.
Neben einer rigorosen Regulierung der Finanzmärkte brauchen wir Euro-Bonds. Die Europäische Zentralbank muss ermächtigt werden, den Euro-Staaten günstige Kredite zu geben, und zwar direkt oder über eine zwischengeschaltete europäische Bank für öffentliche Anleihen.
(Beifall bei der LINKEN)

Der Staat darf sich nicht zum Vorteil der Bankenlobby und zum Nachteil der Verbraucher und seiner eigenen Finanzierung in einen Schildkrötenpanzer zurückziehen.

Das wäre wieder einmal nicht nur ein falsches, sondern auch ein gefährliches Signal.

Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN)