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Pia Zimmermann: Gute Pflege endlich für alle

Rede von Pia Zimmermann,

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Linke wirkt. Ich freue mich, dass die Kollegen von den Grünen einen Teil der Forderungen aus unserem Sofortprogramm vom November letzten Jahres übernommen haben. Ich freue mich auch darüber, dass ein Teil unserer Forderungen in die Sondierungsverhandlungen von SPD und CDU/CSU Einzug gehalten haben.

(Tino Sorge [CDU/CSU]: Der Erfolg hat viele Mütter!)

Aber Sie sind ziemlich kurz gesprungen. Sie haben in Ihren Anträgen und Vereinbarungen nämlich einen ganz wichtigen Punkt vergessen, und zwar die nachhaltige Finanzierung. Wer eine gute, menschenwürdige Pflege für alle möchte, die nicht vom Geldbeutel abhängig ist, der darf über die Finanzierung nicht schweigen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke fordert als einzige Fraktion eine solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung, die eine gute Pflege für alle garantiert.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Regierung hat es geschafft, dass die Pflegeversicherung gegenwärtig nicht einmal 50 Prozent der anfallenden Kosten übernimmt und dass die steigenden Kosten den Menschen mit Pflegebedarf zusätzlich aufgebürdet werden und der Eigenanteil somit für viele explodiert.

(Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Nein. – Es ist längst klar, wohin die Pflegepolitik in den letzten Jahren geführt hat: zu einem skandalösen Pflegenotstand. Das belegen auch Zahlen des CARE Klima-Index und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.

Haben Sie, als Sie ein Pflegestärkungsgesetz nach dem anderen beschlossen haben, eigentlich völlig vergessen, dass diese Gesetze nur mit viel qualifiziertem Personal umgesetzt werden können? In Deutschland leben heute – ich nenne die aktuelle Zahl – 3,6 Millionen Menschen mit Pflegebedarf, und 100 000 Pflegekräfte fehlen in den Krankenhäusern, mindestens 30 000 Pflegekräfte in den Pflegeheimen, Tendenz steigend. Bitte nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass selbst bei einer gut finanzierten Pflege, wie wir sie vorschlagen, Pflegekräfte fehlen werden. Die durchschnittliche Verweildauer einer Pflegekraft beträgt, je nach Arbeitsbereich und Studie, zwischen sieben und zwölf Jahren; danach gehen sie. Darüber sollten Sie sich einmal Gedanken machen.

(Beifall bei der LINKEN – Tino Sorge [CDU/CSU]: Dann arbeiten Sie doch konstruktiv mit! Reden Sie nicht immer alles schlecht!)

Zurzeit ist eine Verbesserung der Situation nicht in Sicht, im Gegenteil. Auf der einen Seite haben wir einen wachsenden Bedarf an Pflegeleistungen, aber immer weniger Pflegekräfte. Auf der anderen Seite haben wir eine wachsende Anzahl von Pflegeeinrichtungen, die an internationale Investoren verkauft wurden. Die Immobilienmanager werben mit besten Renditen; denn eine Geldanlage in der Pflegewirtschaft gilt als sicheres Geschäft. Es ist doch wirklich das Letzte, dass Pflege unter wirtschaftliche Interessen gestellt wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Und es ist das Allerletzte, dass es einen Markt gibt, der nicht die beste Versorgung für die Menschen mit Pflegebedarf zugrunde legt, sondern den Wettbewerb um das beste Geschäft mit diesen Menschen. Das ist mit uns Linken nicht zu machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Schließlich geht es hier um die Pflege und Betreuung von Menschen, die ein Teil unserer Gesellschaft sind. Wir benötigen endlich klare Regeln, damit Pflegekräfte nicht länger als lästiger Kostenfaktor in der Wirtschaftsbilanz von Gesundheitsunternehmen auftauchen und Menschen mit Pflegebedarf nicht bloß als Mittel für ein gutes Geschäft kalkuliert werden.

Ich fasse zusammen: Pflege und Gesundheit sind Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Wir benötigen eine solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung, damit gute Pflege für alle selbstverständlich ist. Eine Aufwertung der Pflegeberufe ist dringend notwendig; denn nur mit ausreichend qualifiziertem Personal gelingt auch gute Pflege. Um das zu erreichen, ist eine bundesweit einheitliche Personalbemessung in Krankenhäusern und Pflegeheimen notwendig.

Ein Tipp noch: Wenn Sie Fragen zum Bedarf haben, dann fragen Sie nicht die Versicherungen; denn die wollen sparen. Fragen Sie die Betroffenen, die Menschen mit Pflegebedarf, deren Angehörige und die Pflegekräfte; denn das sind die wirklichen Expertinnen und Experten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)