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Pia Zimmermann: Grundrechtsverletzung sofort stoppen!

Rede von Pia Zimmermann,

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Bas, ich bin sehr erstaunt und freue mich sehr darüber, dass Sie feststellen, dass Veränderungen am Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz nötig sind.

Erst mal muss ich sagen: Es ist bisher keine richtig gute Regierungsarbeit, sondern eher eine schlechte. Wir haben nun die dritte Version dieses Gesetzentwurfes vorliegen, aber nicht weil Veränderungen im parlamentarischen Prozess normal sind; vielmehr haben vor allem die mutigen Proteste der betroffenen Menschen, die wir heute auch in Berlin hatten, diesen dritten Entwurf erzwungen. Das Bundesgesundheitsministerium hat mit den bisherigen Entwürfen Grundrechte verletzt. Aber, Herr Spahn, Ihr richtiges Ansinnen, die Abkassiererei in privat betriebenen Beatmungs-WGs zu beenden, hat auch in der vorliegenden Fassung immer noch Nebenwirkungen, die nicht zu akzeptieren sind.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Solche Wohngemeinschaften sind nämlich oft unseriös. Da wird oft mit gefährlicher Pflege von privaten Unternehmen ein Riesenreibach gemacht. Schieben Sie dem einen Riegel vor, Herr Spahn! Dafür haben Sie meine Unterstützung.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber tun Sie das nicht mit Grundrechtseinschränkungen. Tun Sie das nicht unter Missachtung der UN-Behindertenrechtskonvention. Und tun Sie das nicht auf Kosten der vielen Menschen, die auf Intensivpflege angewiesen sind.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Denn Menschenrechte gelten uneingeschränkt, auch für Menschen mit Intensivpflegebedarf. Es ist traurig, dass man das noch einmal so deutlich sagen muss.

Ja, rein theoretisch können Menschen mit Intensivpflegebedarf entscheiden, wo und wie sie leben wollen. Aber diese Entscheidungen werden gelenkt. Die Betroffenen sollen nachweisen, dass sie an ihrem Wohnort die Pflege „tatsächlich und dauerhaft“ sicherstellen können. Aber gesteuert wird das über Kostenvorteile bei stationärer Unterbringung. Über die Zusage, ob häuslich versorgt werden darf, entscheidet allein der Kostenträger. Das ist doch Zwang! Viele Menschen werden nicht einmal frei entscheiden können, und das wissen Sie ganz genau. An diesem Problem hat sich seit dem ersten Entwurf wirklich nicht viel geändert.

Und dann – ich komme zu einem weiteren Beleg für Ihre eher schlechte Regierungsarbeit – rühren Sie das im Ministerium auch noch zusammen mit dringend notwendigen Verbesserungen im Rehabereich. Rehaangebote für Ältere und chronisch Kranke, für Eltern und ihre Kinder müssen schon lange leichter zugänglich sein. Was Sie hier vorlegen, ist aber nur ein akzeptabler Anfang für dringend notwendige Rehareformen, mehr nicht. Da müssten wir auch noch viel mehr über bessere ambulante Rehaangebote sprechen. Die sind gerade für Ältere und chronisch kranke Menschen im Alltag entscheidend.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich fasse zusammen: gute, zarte Ansätze im Rehabereich, doch immer noch ein verfehlter Ansatz in der außerklinischen Intensivpflege. Legen Sie uns eine vierte Version vor, in der Sie das richtiggestellt haben. Darüber können wir dann in einer Anhörung sprechen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)