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Petra Sitte: Bundesregierung muss sich klar gegen Netzsperren positionieren

Rede von Petra Sitte,

Danke schön. – Nach der Rede fällt mir ein alter Radlerspruch ein: Platt und flach kann jeder.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Marianne Schieder [SPD])

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Änderungen am Telemediengesetz – Herr Knoerig hat es ja schon gesagt – setzen vor allem europäisches Recht um. Das ist wenig spektakulär. Dennoch lässt sich an der Vorlage zeigen, dass die Bundesregierung an so mancher Stelle der Mut verlassen hat. Sie hätte einiges anders regeln können. Das trifft auch auf die Koalitionsfraktionen zu.

Das beginnt zum Beispiel mit der Regelung zu barrierefreien Angeboten der Deutschen Welle. Wir sind der Auffassung, hier wäre deutlich mehr gegangen, zumal wir es als Haushaltsgesetzgeber selbst in der Hand haben, hier nötige Spielräume zu schaffen. Es geht weiter mit den Vorgaben, wie Videoplattformen mit der Meldung illegaler Inhalte umgehen sollen. Da kann ich nur sagen: Nun rächt sich die überstürzte und unüberlegte Einführung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes vor drei Jahren.

(Beifall der Abg. Dr. Birke Bull-Bischoff [DIE LINKE])

Statt das Thema der Rechtsdurchsetzung auf Plattformen einheitlich anzugehen, treffen Sie verschiedene rechtliche Regelungen, und zwar je nachdem, wie groß die Plattform ist und um welchen juristischen Tatbestand es geht. Meine Damen und Herren, bei einem für die Meinungsfreiheit so sensiblen Bereich brauchen wir keinen Schnellschuss nach dem anderen, sondern eine ernsthafte, gemeinsame, gründliche Auseinandersetzung und eine Lösung, die nicht auf privatisierte oder automatisierte Rechtsdurchsetzung zurückgreift.

Schließlich rede ich über einen Punkt, der sich überhaupt nicht mehr in dem Entwurf wiederfindet. In den letzten Jahren haben Europäischer Gerichtshof und Bundesgerichtshof eine Regelung im Telemediengesetz, die eigentlich auf WLAN-Netze gemünzt war, zu einem Einfallstor für Netzsperren bei Urheberrechtsverletzungen werden lassen. Davor – das will ich hier anmerken – hatten wir gewarnt.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Bundesregierung hätte nun versuchen können, diese beunruhigende Entwicklung einzudämmen. Sie hätte es versuchen können. Wir hätten gern diskutiert, durch welche gesetzlichen Regelungen die gerichtliche Auslegung pro Netzsperren zu erschweren gewesen wäre. Was aber hat die Bundesregierung stattdessen gemacht? Sie hat eine Formulierung getroffen, die die gerichtliche Auslegung pro Netzsperren sogar noch gestärkt hätte. Das ist nicht nachvollziehbar.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Insofern fragt man sich: Was haben die Koalitionäre gemacht, wozu haben sie sich durchgerungen? – Zu gar nichts. Sie lassen einfach den alten, umstrittenen Text stehen und überlassen wieder alles den Gerichten. Das finde ich schon ziemlich kleinmütig.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Geiste von Verhältnismäßigkeit und Grundrechtsschutz hätten Sie versuchen können, mit diesem Gesetz auch Änderungsbedarf für die europäischen Regelungen zu signalisieren, damit Netzsperren ein für alle Mal ausgeschlossen werden können.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)