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Novellierung des Patentrechts dient wieder nur den Interessen der Großindustrie

Rede von Richard Pitterle,

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
mit dem heute zu behandelnden Gesetzesentwurf verspricht uns die Bundesregierung „die nutzerfreundliche Verbesserung der Verfahren vor dem Deutschen-Patent-und Markenamt für Patentamt“. Sowohl für den einzelnen Anmelder als auch das Patentamt soll das Verfahren effizienter und transparenter gestaltet werden. Versprochen werden Senkung der Kosten und des Bürokratieaufwands. Wer kann diesen Zielen und Vorhaben widersprechen, wenn sie auch so umgesetzt werden?
Aus den Fachkreisen hört man Zustimmung. Die Patentanwaltskammer signalisiert „vollinhaltliche Zustimmung“ und findet im Gesetzentwurf viele ihrer Anregungen wider. Zu Recht macht die Patentanwaltskammer auf einige Schwächen aufmerksam. Zum Beispiel die neugeschaffene Ermächtigung zur Datenübermittlung an das Europäische Patentamt.
In der Tat ermöglicht der Wortlaut der Ermächtigung die unbegrenzte Übermittlung aller Daten, auch derjenigen des Anmelders, die zu geheimhaltungsbedürftigen gehören, wie etwa eingereichte ärztliche Atteste. Während von der vorgesehenen elektronischen Akteneinsicht durch die Öffentlichkeit diese privaten Teile herausgenommen werden können, dürfte das Europäische Patentamt den Zugriff auf alle Daten haben. Dies ist weder erforderlich noch zu rechtfertigen. Dies sollte im Laufe der anstehenden Beratungen korrigiert und der Standard des Datenschutzes respektiert werden.
Während der Gesetzentwurf die Effektivierung der Verfahrensabläufe vorsieht, bleiben Fragen grundsätzlicher Art außen vor und damit jedoch auf der Tagesordnung. Ich will aus Zeitgründen nur drei benennen:
• Erstens: Patente sollen Innovationen schützen und damit fördern. Werden diese jedoch nur aus marktaktischen Kalkül angemeldet, ohne dass eine wirtschaftliche Nutzung plausibel gemacht wird, dann droht die Gefahr, dass diese Innovationen verhindern. Es fehlen im bisherigen Patentrecht die Mittel, um den wettbewerbswidrigen Missbrauch des Patentwesens ordnungspolitisch zu unterbinden.
• Zweitens: Ist es noch vertretbar, dass wir die gleichen Patentlaufzeiten haben, obwohl sich der Zyklus der Produkterneuerung ständig verkürzt?
• Drittens: Mein Kollege Roland Claus hatte in der letzten Legislaturperiode im Januar 2009 eine deutliche personelle Ausstattung für das Patentamt angemahnt. Auch diese Forderung ist m.E. noch akut, wenn wir dem von vielen beklagten Patentstau entgegen wirken wollen.
Wenn man sich die Begründung des Gesetzesentwurfes ansieht, so erwartet die Bundesregierung von der Einführung der elektronischen Akteneinsicht und anderen Gesetzesänderungen Einsparungen bei den Personalkosten. Es wäre sinnvoll, hierzu den Personalrat der Behörde zu hören. Denn es wäre nicht das erste Mal, wenn die Einführung von automatisierten Prozessen zumindest in der Anfangsphase nicht mit weniger, statt mehr Aufwand verbunden wäre. Jeder der in der Praxis solche Umstellungen erlebt hat, weiß wovon ich rede.
Ein Unbekannter hinterließ uns zu dem Thema folgende Botschaft: „Für das große Chaos haben wir Computer. Die übrigen Fehler machen wir von Hand“.
Für die bessere personelle Ausstattung bedarf es eines Gesetzes nicht, sondern entsprechende Beschlüsse im laufenden Haushaltsplanverfahren. Hier ist die Regierungskoalition am Zug. Hic Rhodos, hic salta.