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Niema Movassat: Strafrechtsverschärfung als PR-Stunt

Rede von Niema Movassat,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der laut Begründung gegen illegalen Waffenhandel und Kinderpornografie wirken soll. Wir als Linke unterstützen selbstverständlich den Kampf gegen illegalen Waffenhandel und Kinderpornografie. Laut Ihrem Gesetzentwurf macht sich künftig strafbar, wer eine kriminelle Plattform im Internet betreibt, eine Plattform also, deren Zweck es ist, dass Menschen über diese Plattform Straftaten begehen. Die Liste der erfassten Straftaten reicht vom Verkauf gefälschter Handtaschen bis hin zur Beauftragung eines Auftragsmörders. Das Problem ist bloß, dass dieser Gesetzentwurf überflüssig ist. Sie sprechen davon, Strafbarkeitslücken zu schließen, die gar nicht existieren. Nehmen wir zum Beispiel den Handel mit Betäubungsmitteln. Das Betreiben einer Plattform für den Verkauf von Drogen – das Beispiel kam ja gerade – ist bereits heute strafbar nach dem Betäubungsmittelgesetz.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Genau!)

Generell ist das Schreckgespenst von der vermeintlichen Straflosigkeit des Betreibens von Plattformen für illegalen Handel ein Hirngespinst; denn in fast allen Fällen stellt das wissentliche Zurverfügungstellen einer Plattform, die darauf gerichtet ist, darüber illegale Geschäfte abzuwickeln, schon jetzt eine strafbare Beihilfe dar. Wer also Leuten ermöglicht, etwa Waffen im Internet zu verkaufen, der macht sich schon heute strafbar. Das weiß die Bundesregierung auch ganz genau.

Bereits 2019 gab es eine ähnliche Bundesratsinitiative. Sie ist gescheitert, weil es erhebliche Kritik der juristischen Fachwelt gab. In diesem Sinne ist Ihr Gesetzentwurf nur ein billiger PR- Stunt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Jürgen Martens [FDP])

Meine Damen und Herren, man sieht diesem Gesetzentwurf an, wie unangenehm er Ihnen eigentlich sein muss; denn in Ihrem Gesetzentwurf findet sich kein Wort zur Debatte von 2019. Sie tun so, als ob nichts gewesen wäre, als ob wir in Deutschland nie darüber geredet hätten. Es ist nicht mal lange her – zwei Jahre –, und Sie entkräften nicht mal die Argumente, die damals im Bundesrat von den Expertinnen und Experten fielen. Sie legen uns kurz vor dem Ende dieser Legislaturperiode einen unausgegorenen, unsinnigen Gesetzentwurf vor, nur um noch mal schnell einen weiteren Haken hinter die Liste von Gesetzgebungsprojekten aus Ihrem Koalitionsvertrag zu setzen. Sinn und Verstand hat das nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Der eigentliche Zweck Ihres Vorhabens offenbart sich sowieso erst mit Blick auf Artikel 2 des Gesetzes. Hinter hochtrabenden Ankündigungen wie dem Kampf gegen illegalen Kriegswaffenhandel versteckt sich die Ausweitung des Anwendungsbereiches einer der grundrechtsintensivsten Ermittlungsinstrumente: der Onlinedurchsuchung. Experten zweifeln, ob die versprochenen Effektivitätssteigerungen durch die Onlinedurchsuchungen tatsächlich eintreten werden. Aber Sie interessiert das nicht. Sie packen es hier ins Gesetz.

Liebe Bundesregierung, seien Sie doch wenigstens ehrlich in Ihren Absichten. Verkaufen Sie dieses Hohe Haus nicht für dumm, und legen Sie uns bitte keine überflüssigen Gesetzentwürfe vor.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)