Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute entscheiden wir über die Fortführung und Erweiterung der Bundeswehrbeteiligung an der UN-Mission MINUSMA in Mali. Die Bundesregierung will die Zahl der Soldaten auf 1 000 aufstocken. Die Mali-Mission wäre damit der größte laufende Bundeswehreinsatz, selbst größer als der Einsatz in Afghanistan.
(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und sinnvoller!)
Auch Transport- und Kampfhubschrauber sollen jetzt zum Einsatz kommen. Die Linke wird dazu heute klar Nein sagen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Ich möchte Ihnen gerne fünf Gründe nennen, warum wir das tun:
Erstens. Die Parallelen zum gescheiterten Afghanistan-Einsatz sind erschreckend. Laut dem Wehrbeauftragten ist der Einsatz in Mali sogar so gefährlich wie seinerzeit der NATO-Kampfeinsatz gegen die Taliban. So wie in Afghanistan haben Sie die Bundeswehr Stück für Stück in eine offensive Kampfoperation geschickt. In Mali fing es mit 20 deutschen Soldaten an, jetzt sind wir bald bei 1 000. Im Mandatstext ist nun vom „aktiven Schutz des Mandats … durch das Bekämpfen asymmetrischer Angriffe“ die Rede. Um es auf den Punkt zu bringen: Das ermöglicht es, mit Kampfhubschraubern aktiv Krieg zu führen. Ich frage mich: Was ist der nächste Schritt bei dieser Salamitaktik? Kampfflugzeuge? Sie sind schon wieder dabei, sich kopf- und planlos in den nächsten langwierigen Krieg zu verstricken. Dazu kann man nur Nein sagen.
(Beifall bei der LINKEN)
Zweitens. Der Einsatz ist teuer und bringt nichts. Vor drei Jahren versprachen Sie uns, die Terrorgefahr in Mali durch die Militärmission zu verringern. Leider haben Sie einmal mehr außer Acht gelassen: Terror kann man mit Krieg nicht besiegen. MINUSMA ist eine Mission voller Konstruktionsfehler. Der UN-Untergeneralsekretär für Blauhelmmissionen, Hervé Ladsous, erklärte kürzlich, dass die politischen Grundfragen nicht geregelt sind. Die Mission hat zwar die Unterstützung der dortigen Regierung, aber nicht der Bevölkerung. Bei Friedensdemonstrationen im nordmalischen Gao stand auf Plakaten: „Nieder mit MINUSMA“. Den Unmut der Bevölkerung bekommen die deutschen Soldaten zu spüren. Sie werden immer mehr zur Zielscheibe. Denn für die Kombattanten ist Deutschland Konfliktpartei. Auch deutsche Soldaten zweifeln am Sinn des Einsatzes. Dem Magazin Loyal des Verbands der Reservisten der Deutschen Bundeswehr sagte ein Bundeswehrsoldat, der in Mali ist:
"… meinen Verwandten daheim kann ich nicht erklären, warum ich in Mali bin und was wir hier erreichen wollen."
(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Sehr selektiv rausgepickt haben Sie das!)
Das sollte all denjenigen, die heute zustimmen wollen, zu denken geben.
(Beifall bei der LINKEN)
Drittens. Sie flankieren Ihre Rohstoffpolitik zunehmend militärisch. Im Weißbuch der Bundeswehr steht zum Thema Rohstoff- und Energiesicherheit, Deutschland müsse „flexibel Elemente seines außen- und sicherheitspolitischen Instrumentariums einsetzen, um Störungen oder Blockaden … zu beseitigen“.
Anders gesagt: Sie wollen auch militärische Mittel zur Sicherung des Rohstoffbedarfes einsetzen.
Der Link zu MINUSMA ist offensichtlich. So schrieb die Wirtschaftswoche, die wahrlich kein linkes Blatt ist, schon 2013:
"Die einzigen bekannten und strategisch wichtigen europäischen Interessen in der Region sind die Uran- und Ölvorkommen in Mali und die französischen Uranminen im angrenzenden Niger."
Die Grenzen zwischen beiden Ländern existieren sowieso nur auf dem Papier. Frankreichs enormer Bedarf an Uran wird zu einem Drittel aus dem Niger gedeckt. Und Deutschland? Deutschland ist immer noch einer der größten europäischen Atomstromproduzenten und erhält sein Uran wiederum aus Frankreich. Es ist nicht schwer, hier eins und eins zusammenzuzählen.
Seit Jahren bauen Sie die Bundeswehr um. Sie soll in die Lage versetzt werden, offensive Kampfoperationen in unwirtlichen, rohstoffreichen Gebieten zu führen. Mali dient hier auch als Übungsfeld. Das lehnt die Linke ab.
(Beifall bei der LINKEN)
Viertens. Ihr Umgang mit Mali ist voller Doppelstandards. Die EU und Deutschland machen Länder wie Mali zu Erfüllungsgehilfen ihrer Abschottungspolitik gegen Flüchtlinge. MINUSMA spielt hier auf zwei Arten eine wichtige Rolle. Einerseits werden Menschen, die versuchen, über Mali nach Europa zu gelangen, häufig von MINUSMA-Soldaten verhaftet und an die Gendarmerie übergeben – sie landen dann erst einmal bis zu sechs Monaten im Gefängnis –, und andererseits hilft die europäische Militärpräsenz, eine Drohkulisse gegenüber der malischen Regierung aufzubauen.
(Zuruf von der CDU/CSU: Meine Güte!)
Sie wollen sie zur Kooperation bei Abschiebungen und Migrationskontrolle zwingen. Das hat die EU-Kommission recht unverblümt gesagt. Dabei ist Mali so unsicher, dass die deutschen Soldaten dort die maximale Risikopauschale erhalten. Aber um Flüchtlinge dorthin abzuschieben, soll es sicher genug sein? Das ist einfach nur zynisch.
(Beifall bei der LINKEN)
Fünftens. Die Ursache für den Dauerkonflikt in Mali packen Sie nicht an: die desaströse wirtschaftliche Lage. Armut und Perspektivlosigkeit im Norden Malis sind die Gründe dafür, dass sich junge Menschen den Separatisten und Islamisten anschließen. Sie müssen die sozialen Ursachen des Terrors bekämpfen, statt immer mehr Soldaten in alle Welt zu schicken. Das wäre der richtige Weg.
Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN)