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Niema Movassat: Nur Mini-Verbesserungen am weiter schlechten Netzwerkdurchsetzungsgesetz

Rede von Niema Movassat,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was die Koalition diese Woche wieder serviert, ist eine Frechheit.

(Stephan Brandner [AfD]: Stimmt! Bullshit sozusagen!)

Wir haben über den vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, kurz NetzDG, vor über einem Jahr erstmals diskutiert. Sie hatten also fast ein Jahr Zeit, seitdem wir uns das letzte Mal mit dem Gesetzentwurf beschäftigt haben. Und was machen Sie? Sie schicken uns am Montag einen umfangreichen Änderungsantrag zum Entwurf des Änderungsgesetzes, den Sie anscheinend nicht mal richtig Korrektur gelesen haben. Das merkte man unter anderem daran, dass die Verweise zwischen Begründungsteil und Beschlussteil nicht passten. So geht schlechte Gesetzgebung; aber anders sind wir das von dieser Koalition auch nicht gewohnt.

(Stephan Brandner [AfD]: Stimmt!)

Wie soll denn die Öffentlichkeit bei Ihnen überhaupt noch hinterherkommen? Ihr Änderungsantrag bezieht sich auf drei verschiedene Fassungen des NetzDG, und Sie haben es nicht mal für nötig gehalten, eine Synopse vorzulegen, um für die Öffentlichkeit Transparenz herzustellen. Wer so handelt, will offensichtlich schlechte, intransparente Gesetzgebung betreiben. Das schadet dem Ansehen dieses Hauses.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Ganze ist umso dramatischer, als dass das NetzDG einen tiefen potenziellen Eingriff in die Meinungsfreiheit darstellt. Wer Gesetze macht, die das Herz des Grundgesetzes tangieren, der muss sorgfältiger arbeiten. Alles andere ist inakzeptabel.

(Beifall bei der LINKEN)

Das können die wenigen positiven Verbesserungen nicht aufwiegen.

Sie ermöglichen zwar der Wissenschaft einen Zugang zu Daten über rechtswidrige Beiträge in sozialen Netzwerken, über Meldungen und über Sperrungen und damit Einblicke in das Phänomen Hass im Netz, leider aber müssen die Forscher mit den Netzwerken aushandeln, wie viel sie für diese Daten zu bezahlen haben.

Außerdem erweitern Sie das Gegenvorstellungsverfahren, also die Möglichkeit der Beschwerde gegen die Löschung eines Beitrags – das ist im Ansatz gut –, aber durch die weiterhin vorgesehene Berichtspflicht über den Einsatz von Software zur Erkennung verbotener Inhalte wird normalisiert und anerkannt, dass Computer darüber entscheiden, was von der Meinungsfreiheit gedeckt ist und was nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wirrwarr aus drei verschiedenen, potenziell parallel verlaufenden Verfahren bei vermeintlich rechtswidrigen Inhalten – erstens das Verfahren vor einer anerkannten Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung, zweitens das Gegenvorstellungsverfahren und drittens der eröffnete Zivilrechtsweg – ist nicht behoben worden. So schafft man Rechtsunsicherheit in der Bevölkerung.

Das NetzDG delegiert auch nach der heute zu beschließenden Änderung weiterhin ureigene Aufgaben des Staates, namentlich die Rechtsdurchsetzung, an private, profitorientierte Konzerne. Zudem bleibt die Ausleitung von Nutzerdaten an das Bundeskriminalamt bestehen. Dies ermöglicht eine riesige, zentralisierte Datensammlung über das Internetverhalten Hunderttausender Menschen.

Alles in allem haben wir es hier mit verschwindend geringen Verbesserungen an einem schlechten Gesetz zu tun. Deshalb wird Die Linke heute auch nicht zustimmen.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN – Stephan Brandner [AfD]: Wir auch nicht!)