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Niema Movassat: IT-Grundrecht schützen – Staatliche Überwachung zurückdrängen

Rede von Niema Movassat,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir reden über ein wichtiges Thema: das Recht auf Verschlüsselung und den Schutz der digitalen Kommunikation. Wo man früher Briefe schrieb, werden heute E-Mails oder WhatsApp-Nachrichten verschickt. Unsere Kommunikation hat sich grundlegend verändert, und die digitale Kommunikation ist die Kommunikationsform geworden. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Rechnung getragen, indem es schon 2008 das IT-Grundrecht entwickelte. Dieses besagt, dass der Staat die Vertraulichkeit der digitalen Kommunikation gewährleisten und schützen muss. Eingriffe in das Grundrecht sind nur ausnahmsweise erlaubt, um etwa Verbrechen aufzuklären.

Man kann die Relevanz des IT-Grundrechts nicht genügend betonen; denn eine freiheitliche Demokratie braucht die Möglichkeit der vertraulichen Kommunikation der Bürgerinnen und Bürger untereinander. Um das IT-Grundrecht verwirklichen zu können, braucht es die Verschlüsselung. Nur wer seine digitalen Nachrichten verschlüsselt, kann sicher sein, dass nur der Empfänger diese Nachrichten liest.

Doch der Schutz der digitalen Kommunikation ist gefährdet, weil es – erstens – ein riesiges Kompetenzgerangel gibt. Eine Vielzahl von Behörden – BKA, Verfassungsschutz, BND, um nur einige zu nennen – sollen für die Cybersicherheit sorgen; aber bekanntlich verderben viele Köche den Brei.

Zweitens. Ein relevanter Teil der zuständigen Behörden – das ist ein großes Problem – ist nicht nur dafür zuständig, die Daten zu schützen, sondern soll die Daten auch abgreifen. So soll der Verfassungsschutz nicht nur vor Datenangriffen schützen, sondern, wenn es nach Herrn Seehofer geht, gleichzeitig demnächst Trojaner einsetzen dürfen, um zum Beispiel WhatsApp-Nachrichten mitlesen zu können.

(Marian Wendt [CDU/CSU]: Bei schwersten Straftaten! Bei Terroristen und Mördern! Mit Richtervorbehalt! Bleiben Sie mal bei der Wahrheit!)

Entweder schützt eine Behörde die Kommunikation der Bürger, oder sie greift in diese ein. Aber beides geht nicht, weil das Vertrauen zerstört.

(Beifall bei der LINKEN)

Drittens will die Bundesregierung Verschlüsselungen erschweren. Seit April 2017 gibt es die Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich. Diese Behörde hat vor allem einen Job, nämlich Verschlüsselungsmethoden zu brechen und Sicherheitslücken zu finden, nicht um die Sicherheitslücken zu schließen, sondern um sie zu nutzen, damit der Staat E-Mails und digitale Kommunikation bequem mitlesen kann. Wer Verschlüsselungsmethoden zerstört, der trifft nicht nur ein paar Verbrecher, sondern alle Menschen in diesem Land. Diese Behörde ist ein Frontalangriff auf das IT-Grundrecht und gehört schnellstens aufgelöst.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Jimmy Schulz [FDP])

Meine Damen und Herren, der vorliegende FDP-Antrag geht in die richtige Richtung. Es fehlen aber auch Punkte. So brauchen wir – wie beim Bundesbeauftragten für Datenschutz – einen unabhängigen Bundesbeauftragten für Informationssicherheit. Es gibt auch schon die passende Behörde. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik könnte dazu umgebaut werden, aber dafür muss es vom Innenministerium unabhängig sein. Dann hätten wir endlich eine Stelle in diesem Land, die die Kernaufgabe wahrnimmt, die digitale Sicherheit, das IT-Grundrecht der Bürgerinnen und Bürger, zu schützen. Diese Aufgabe hat uns das Bundesverfassungsgericht mitgegeben. Es wird Zeit, dass wir das endlich umsetzen.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)