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Nicole Gohlke: Bund muss Geld für Infektionsschutz an Schulen in die Hand nehmen

Rede von Nicole Gohlke,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind mittendrin in der zweiten Welle der Pandemie, und mittlerweile ist klar: Auch Kinder, auch Schülerinnen und Schüler sind unter den Infizierten und können die Krankheit weiterverbreiten. Die Frage, die jetzt im Raum steht und die die Menschen beschäftigt, ist: Wie geht es weiter mit den Schulen, wie geht es weiter mit den Bildungseinrichtungen? Droht wieder die völlige Schulschließung wie im Frühjahr mit allen negativen Folgen für die Kinder, für ihr soziales Leben, für ihre Bildungschancen und mit den negativen Folgen für die Berufstätigkeit der Eltern und für die Gleichstellung von Frauen?

Gleichzeitig sorgen sich natürlich die Lehrkräfte und die Schülerinnen und Schüler um ihre Gesundheit, wenn sie zum Beispiel nach einer Fahrt im überfüllten Bus oder in der überfüllten Bahn dann im Klassenzimmer auf andere 20 bis 30 Menschen treffen, die den gleichen Weg hinter sich haben. Ich finde, das sind wichtige Fragen, und ich finde es absolut skandalös, wie wenig die Bundesregierung bislang hier beizutragen hat und wie wenig sie das alles offenbar interessiert. Das ist ungeheuerlich!

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Was muss das Ziel sein, Kolleginnen und Kollegen? Das Ziel muss sein, die Schulen und Bildungseinrichtungen möglichst offen zu halten – da sind wir uns einig – und trotzdem keine unnötigen Risiken für die Beschäftigten und die Schülerinnen und Schüler einzugehen. Das ist doch das Ziel. Aber für die Erreichung dieses Zieles muss man etwas machen. Dafür braucht es doch einen Plan. Da darf sich diese Große Koalition nicht länger aus der Verantwortung stehlen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das, was wir jetzt gerade erleben, kommt wirklich nicht überraschend. Es war bekannt, dass es eine zweite Welle geben wird; es war bekannt, dass es schwieriger werden wird, die Pandemie in der kalten Jahreszeit in den Griff zu kriegen, weil sich das Virus eben besonders gut in geschlossenen Räumen verbreitet. Meine Partei Die Linke hat wirklich im Wochentakt den Sommer über Vorschläge gemacht, wie man einigermaßen pandemiefest über die Wintermonate kommen kann,

(Beifall bei der LINKEN)

mit Ideen für einen besseren Infektionsschutz am Arbeitsplatz oder zum Beispiel mit der frühen Beschaffung von Luftfiltern.

Und was macht die Bundesregierung? Ende Oktober legen Sie ein Förderprogramm für Lüftungsanlagen in öffentlichen Einrichtungen auf. Im Oktober! Und dann fördern Sie noch nicht mal mobile Luftfilter, obwohl deren Wirksamkeit auch längst nachgewiesen wurde. Ja, wie kurzsichtig ist das denn, bitte schön?

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Und über die Frage von baulichen Maßnahmen an Schulen haben Sie sich bis jetzt gar keinen Kopf gemacht. Dabei wissen wir von Hunderten Schulen, bei denen sich nicht mal die Fenster öffnen lassen aufgrund der baulichen Gegebenheiten. Warum gibt es hier keine Vorschläge? Warum passiert denn da nichts?

Es ist ein kapitales Versagen dieser Regierung, dass Sie das letzte halbe Jahr, dass Sie wichtige Monate einfach haben verstreichen lassen, in denen man vieles hätte auf den Weg bringen können, das uns jetzt dabei geholfen hätte, drastische Maßnahmen zu verhindern. Das wäre die Aufgabe dieser Regierung gewesen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie sagen immer, dass Sie Schulschließungen vermeiden wollen. Das ist ja auch richtig; denn natürlich geht es darum, Bildung zu gewährleisten. Darauf haben die Kinder und die jungen Menschen einfach ein Recht. Aber mit dem Aufsagen dieses Satzes ist es doch nicht getan. Das ist doch kein Beten des Rosenkranzes.

Die Wahrheit ist: Wegen der Versäumnisse dieser Regierung wird das Szenario von Homeschooling und Schulschließungen immer wahrscheinlicher. Das ist die Situation. Und wen wird das dann wieder am härtesten treffen? Die Alleinerziehenden, diejenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich ihre Arbeitszeiten eben nicht flexibel einteilen können. Und es wird diejenigen Schülerinnen und Schüler am heftigsten treffen, die eben nicht aus begüterten und topgebildeten Elternhäusern kommen, für die kein neuer Laptop und schnelles Internet bereitstehen, sondern bei denen vielleicht Sprachbarrieren bestehen und wo die Eltern vielleicht nicht helfen können. Eine Schulschließung unter solchen Vorzeichen ist ein Programm zur sozialen Spaltung, und das ist nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der LINKEN)

Kolleginnen und Kollegen, die Schulen und Bildungseinrichtungen haben nicht erst seit gestern ein Problem. Seit Jahren gibt es einen Lehrkräftemangel, der mit dafür verantwortlich ist, dass die Lehrerinnen und Lehrer schon lange vor der Pandemie zu einer der am schlimmsten überlasteten Berufsgruppen zählen, der es natürlich auch jetzt gerade erschwert, die Klassen zu teilen. Warum machen Sie nicht endlich etwas dagegen? Warum legen Sie nicht endlich ein Programm für die Ausbildung von mehr Lehrkräften auf? Das ist doch überfällig, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich sage Ihnen: Einen wirklichen Gesundheitsschutz an Schulen gibt es nur durch Investitionen. Dafür muss man Geld in die Hand nehmen, und zwar spätestens jetzt. Die Lufthansa haben Sie mit einem Milliardenpaket gerettet, für Rüstungsprojekte mobilisieren Sie im Rahmen des großen Konjunkturpakets 10 Milliarden Euro, aber für 8 Millionen Schülerinnen und Schüler und für 800 000 Lehrkräfte in diesem Land lässt sich kaum Geld mobilisieren. So eine Schieflage! Das können Sie niemandem erklären. Machen Sie endlich Politik für die Menschen, die es am dringendsten brauchen!

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)