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Nichts Neues bei der Bundeswehr!

Rede von Harald Koch,

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Sehr geehrter Herr Königshaus!

Als wir im September des letzten Jahres zuletzt über den Bericht des Wehrbeauftragten debattierten, haben Sie, Herr Königshaus, gesagt, es gebe zu viele Baustellen und zu wenige Lösungen. Dem kann ich ohne Wenn und Aber zustimmen.
Ich möchte dem aber noch etwas hinzufügen: Es gibt nicht nur zu viele Baustellen, sondern diese sind auch schon seit Jahren bekannt und immer dieselben. Und es gibt auch nicht nur zu wenige Lösungen, sondern auch zu wenig Lösungswillen vonseiten des Bundesministeriums der Verteidigung und der Bundesregierung.

Wenn ich mir die Stellungnahme des BMVg zum Bericht anschaue, dann kann ich darin nicht wirklich feststellen, dass die äußerst berechtigten Anmerkungen des Wehrbeauftragten ernst genommen und angegangen werden. Da wird vielmehr von „bedauerlichen Einzelfällen“ oder „Sonderfällen“ gesprochen. Da werden die
Einwände damit abgetan, dass es dafür „keine Anhaltspunkte“ gebe, oder man flüchtet sich in dehnbare Formulierungen wie, man sei „fortwährend bemüht“ oder Konsequenzen seien nur „schwer möglich“.

Ich frage mich doch ernsthaft, wie sich an den jährlich gleichen Problemen und Missständen oder der Unzufriedenheit der Soldatinnen und Soldaten irgendwann mal etwas deutlich ändern soll. Ich meine, dass die Kritik der Linken nicht interessiert, kennen wir schon. Aber nehmen Sie doch bitte wenigstens den Wehrbeauftragten und seine Einschätzung der Lage ernst. Nehmen Sie vor allem die Bedürfnisse der Soldatinnen und Soldaten endlich ernst, und ändern Sie etwas, anstatt alle Probleme immer weiter nur abzutun und zu ignorieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte dabei noch einmal auf zwei Probleme gesondert eingehen. Zum einen ist dies die Situation derjenigen Soldatinnen und Soldaten, die schwer traumatisiert bzw. mit einer posttraumatischen Belastungsstörung aus einem Auslandseinsatz zurückkommen, und zum anderen ist dies die Situation der sogenannten Radargeschädigten.

Nach wie vor steigen Jahr für Jahr die Fallzahlen von PTBS-Erkrankungen. Nach wie vor wird damit abgewiegelt, dass die Erkrankungsrate der deutschen Soldatinnen und Soldaten niedriger sei als die anderer Armeen. Das ist doch aber kein Grund, die Betroffenen im Regen stehen zu lassen.

(Christoph Schnurr [FDP]: Tun wir doch nicht!)

Natürlich wurde in den letzten Jahren geforscht und auch einiges getan, um die Betroffenen besser abzusichern. Aber dennoch sind die Defizite enorm. Bei der Einbeziehung der Familien in die Therapie mangelt es noch an allen Ecken und Enden. Vor allem die Betreuung bereits aus der Bundeswehr ausgeschiedener Soldatinnen und Soldaten lässt extrem zu wünschen übrig. Hier wird nach wie vor nach dem Prinzip „Aus den Augen, aus dem Sinn“ gehandelt, und die Betroffenen sind weitestgehend auf sich selbst gestellt.
Was ich aber besonders schlimm finde, ist – wir können uns alle daran erinnern, wie das im Ausschuss gelaufen ist – die kürzlich vonseiten der Bundesregierung aufgestellte Behauptung, dass die meisten der Soldatinnen und Soldaten, welche traumatisiert aus einem Auslandseinsatz zurückkamen, schon im Vorfeld eine manifeste psychische Störung gehabt hätten. Da frage ich mich doch ernsthaft, wie es sein kann, dass das bei einer solch großen Anzahl von Fällen nicht aufgefallen ist, wenn doch alle Soldatinnen und Soldaten vor einem Einsatz angeblich mehrfach psychologisch begutachtet werden.
Für mich ist dies eine plumpe Ausrede und ein Schlag ins Gesicht eines jeden Betroffenen. So darf man mit Menschen nicht umgehen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Kommen wir zu den Radargeschädigten. Auch hier ist mit der Gründung der Härtefallstiftung längst nicht alles gut, auch wenn das gern so verkauft wird. Zum einen ist das bereitgestellte Kapital von 7 Millionen Euro viel zu gering, um auch nur einen Teil der Geschädigten wirklich und angemessen zu entschädigen. Zum anderen wurde hier ein Konstrukt geschaffen, mit dem die Geschädigten billig und nicht rechtsverbindlich abgespeist werden können. Zudem stellt sich noch immer die Frage, ob bei der Berechnung der Strahlendosis alles mit rechten Dingen zugegangen ist, da es hier nach wie vor zu viele Ungereimtheiten gibt. Auch hier muss dringend nachgebessert werden. Es kann nicht sein, dass ehemalige Soldaten, die unwissentlich durch die Ausübung ihrer Arbeit schwer erkrankt sind, einfach alleingelassen werden bzw. das Problem einfach ausgesessen wird.

Abschließend betrachtet hat der Wehrbeauftragte wohl auch in den nächsten Jahren noch eine Menge Arbeit vor sich. Ich danke ihm und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch einmal für den Bericht. Gestatten Sie mir die kleine Bemerkung: Wir sprechen hier von Reformen in der Verwaltung und von einer Frauenquote. Ich wünsche mir, die eine oder andere Frau in Ihrer Riege sitzen zu sehen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Anita Schäfer [Saalstadt] [CDU/ CSU])

Es gibt viel zu tun für die Bundesregierung, dass die aufgezeigten Mängel zukünftig ernsthaft angenommen, angegangen und beseitigt werden.

Danke schön.