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Neue Alternative für freie Berufe

Rede von Jens Petermann,

195. Sitzung des Deutschen Bundestages, 27. September 2012
TOP 34: Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung und zur Änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
Fraktion DIE LINKE
Jens Petermann - Rede zu Protokoll

Sehr geehrte(r) Herr/Frau Präsident(in), meine sehr verehrten Damen und Herren,
durch die im Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen im Partnerschaftsgesellschaftsrecht soll für die Angehörigen freier Berufe eine neue Alternative neben den bestehenden Rechtsformen geschaffen werden. Die Partnerschaftsgesellschaft wurde schon vor Jahren in Deutschland eingeführt. Sie vereint die Vorteile der steuerlichen Überschussrechnung mit einer teilweisen Haftungsbeschränkung – ähnlich der im englischen Recht ansässigen Limited Liability Partnerschip (LLP). Jedoch ist die Haftungsbeschränkung der LLP weiter ausgeprägt als die der Partnerschaftsgesellschaften. Deshalb war es in den vergangen Jahren immer häufiger zu beobachten, dass große Dienstleistungsgesellschaften sich in die anglo-amerikanische Rechtsform umwandelten. Damit konnten sie sicherstellen, dass eine persönliche Haftung aus beruflichem Handeln dem Mandanten bzw. Klienten gegenüber ausgeschlossen ist und nutzten den Vorteil der Rechnungslegung nach den Grundsätzen der Überschussrechnung und nicht der umständlichen Bilanzierung.
Durch die voranschreitende Globalisierung, in denen es Lebenssachverhalte über Kontinente hinweg zu beurteilen und eine Vielzahl von Rechtsordnungen anzuwenden gilt, steigt das Haftungsrisiko für berufliche Fehler. Jedoch geht die deutsche Partnerschaftsgesellschaft von einer persönlichen Haftung aller Gesellschafter aus, egal ob sie selbst mit dem Vorgang befasst waren oder nicht. Es ist sogar so, dass ein neu in die Partnerschaft eingestiegener Gesellschafter für die in der Vergangenheit von seinen Partnern begangenen Fehler haften würde. Im Hinblick auf die steigenden Haftungsrisiken und Haftungsvolumina kann man es einer natürlichen Person nicht mehr zumuten, persönlich zu haften. Ich begrüße es vor diesem Hintergrund ausdrücklich, dass im Gesellschaftsrecht die Möglichkeit eröffnet werden soll, die Haftung von Personengesellschaften auf das Geschäftsvermögen bei Vorhandensein einer entsprechenden Haftpflichtversicherung und eines Hinweises im Namen der Partnerschaft zu beschränken. Auch positiv zu bewerten ist, dass die bisherige Rechtsform daneben bestehen bleibt und damit eine neue Wahlmöglichkeit für die Gesellschaftsform eröffnet wird.
Das zieht natürlich auch eine Anpassung der Berufsrechte der betroffenen freien Berufe nach sich, die der vorliegende Gesetzentwurf auch folgerichtig aufgreift.
Hier kommt es jedoch auf die Details an: für Rechtsanwaltspartnergesellschaften mit beschränkter Haftung ist eine Mindestversicherungssumme von 2 500 000 Euro pro Partner vorgesehen. Das klingt auf den ersten Blick plausibel vor dem Hintergrund, dass eine persönliche Haftung der Partner mit ihrem Privatvermögen ausgeschlossen ist und hier allein die Gesellschaft mit ihrem Vermögen haftet. Mit dem Argument des Schutzes der Rechtssuchenden und der fehlenden persönlichen Haftung wird die für Rechtsanwälte nach § 51 Bundesrechtsanwaltsordnung übliche Mindestversicherungssumme von 250 000 Euro verzehnfacht. Das ist nach meinem Verständnis nicht sachgerecht und unterstellt, dass jeder Rechtsanwalt mehrfacher Euromillionär sei für den Fall der persönlichen Haftung gegenüber dem Mandanten. Viele Rechtsanwälte sind mit der Summe von 250 000 Euro pro Schadensfall versichert. Dies reicht in der Praxis für die übliche Mandatserledigung aus. Sollten sie Mandate mit höheren Haftungsrisiken übernehmen, so schließen sie in der Regel eine höhere, mandatsbezogene Einzelhaftpflichtversicherung ab. Das liegt in der Verantwortung eines jeden Rechtsanwalts. Nun besteht aber die Gefahr, dass die neue Alternative der Partnerschaftsgesellschaft auf Grund der, mit der hohen Mindestversicherungssumme verbundenen, entsprechend hohen Versicherungsbeiträge nicht angenommen wird. Das war auch schon bei der Einführung der Rechtsanwalts-GmbH so. Die hat die gleiche Mindestversicherungssumme und es standen am 1. Januar 2011 453 Rechtsanwalts-GmbHs 2789 herkömmlichen Rechtsanwaltspartnerschaften gegenüber. Hier muss die Bundesregierung noch etwas nachjustieren, um die Attraktivität und Akzeptanz bei der neueren Rechtsformen zu erhöhen.