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Neuausrichtung der Bundeswehr auf weltweite Einsatzfähigkeit ist hochproblematisch

Rede von Harald Koch,

Rede zur Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten, Jahresbericht 2012 (54. Bericht), Drucksache 17/12050.

 

 

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Königshaus!

„Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust“, dies kam mir in den Sinn, als ich den Jahresbericht 2012 des Wehrbeauftragten las. Zum einen möchte ich Herrn Königshaus und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für den Bericht herzlich danken, vor allem dafür, dass in dem Bericht Missstände und Baustellen in der Bundeswehr aufgezeigt werden.
(Beifall bei der LINKEN)

Dies zu tun, ist die zentrale Funktion des Wehrbeauftragten.
Die Linke stimmt überein in der Kritik an der Art und Weise, wie den Soldatinnen und Soldaten sowie den Zivilbeschäftigten die Lasten der Neuausrichtung der Bundeswehr aufgebürdet werden. In der Tat, manche Probleme stinken zum Himmel. Ich will nur drei herausgreifen.

PTBS-Fälle wurden auch 2012 weiter unter den Teppich gekehrt. Statistiken werden nur widerwilligst berichtigt. Die Opfer der Auslandseinsätze werden alleingelassen, sobald sie der Bundeswehr den Rücken kehren. Bei der Prävention psychischer Erkrankungen klafft eine große Lücke. Von der Bundeswehr in Auftrag gegebene Forschungen zu PTBS lassen sehr zu wünschen übrig bzw. liefern schlichtweg falsche Ergebnisse.

Soldaten, die in den Ruhestand gehen oder aufgrund ihres Dienstes bei der Bundeswehr eine Schädigung erlitten haben, werden auseinanderdividiert. PTBS-Opfer von vor 2002 erhalten null Komma null null Euro Entschädigung. Bundeswehrsoldaten mit Dienstzeiten aus der DDR sind weiter schlechter gestellt als ihre Westkameraden. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.
(Beifall bei der LINKEN)

Schließlich: Rechtsradikale Vorfälle werden bagatellisiert und nicht entschlossen genug bekämpft. Die Zahl der sogenannten besonderen Vorfälle mit rechtsradikalem Hintergrund steigt wieder an. Auch Sie selbst, Herr Königshaus, wiegeln ab. Angesichts unserer Geschichte wäre hier eine gehörige Portion mehr Aufmerksamkeit gefragt.
(Beifall bei der LINKEN)

Der Bericht zeigt insgesamt deutlich, dass die Neuausrichtung der Bundeswehr für die Soldatinnen und Soldaten sowie für deren Familien Unsicherheit und Belastungen gebracht hat.

Es reicht nicht aus, wenn die Damen und Herren von der Regierungsbank den Bericht brav zur Kenntnis nehmen und seinen Inhalt weiter ignorieren. Viele Baustellen sind schon seit Jahren bekannt; auch ich habe schon öfter auf diese hingewiesen. Es muss nun endlich entschieden zum Wohle der Soldatinnen und Soldaten gehandelt werden.
(Beifall bei der LINKEN)

Aber viele der Probleme sind eben ein Resultat Ihres generellen Kurses in der Verteidigungspolitik und damit hausgemacht.

Hier muss ich nun zum anderen auch an Ihnen, Herr Königshaus, Kritik üben. Wenn Sie schon politische Äußerungen abgeben, warum ziehen Sie dann nicht zwingende Schlussfolgerungen aus all den Kritikpunkten? Die Bundesregierung ist blind für die Sorgen und Nöte der Soldatinnen und Soldaten,
(Karl-Georg Wellmann [CDU/CSU]: Quatsch!)
weil alles rücksichtslos der weltweiten Einsatzfähigkeit der Bundeswehr untergeordnet werden soll.
(Beifall bei der LINKEN)

Im Gegenteil: Sie beschwören ja geradezu neue Probleme und Unsicherheitsfaktoren herbei.

Zum Beispiel halte ich es für mehr als unglücklich, wenn Sie sich, Herr Königshaus, im Zuge der Neuausrichtung der Bundeswehr zu Beschaffungsmaßnahmen äußern. Mehr will ich jetzt dazu nicht sagen.
(Karl-Georg Wellmann [CDU/CSU]: Das ist auch besser so!)

Glauben Sie mir, beim An-Land-Ziehen von Aufträgen ist die Rüstungslobby gewiss nicht auf Ihre Hilfe angewiesen.

Kurzum: Der Wehrbeauftragte sollte sich auf seine Kernaufgaben besinnen, und die Bundesregierung sollte endlich entsprechend den Bedürfnissen der Soldaten handeln.
(Beifall bei der LINKEN)

Dafür brauchen wir eine Neuausrichtung der deutschen Sicherheitspolitik, die die Bundeswehr wieder auf ihren grundgesetzlichen Auftrag zurückführt: die Landesverteidigung.
(Beifall bei der LINKEN)

Auch deshalb haben wir, die Linke im Bundestag, nun schon den 8. Runden Tisch der Friedensbewegung organisiert, der gerade in diesem Augenblick drüben im Jakob-Kaiser-Haus stattfindet. Deshalb möchte ich auch meine Fraktionskolleginnen und -kollegen aus dem Verteidigungsausschuss entschuldigen.
(Karl-Georg Wellmann [CDU/CSU]: Ach, so ist das! Deshalb ist keiner da! – Anita Schäfer [Saalstadt] [CDU/CSU]: Aha! Was ist denn wichtiger?)

Die Linke sagt Nein zum Krieg und zur Aufrüstung der Bundeswehr hin zu einer Armee im Einsatz. Es sind mehr zivile Ausbildungs- und Arbeitsplätze nötig. Wir lehnen Auslandseinsätze ab und fordern ein Verbot von Waffenexporten.

Wir sind die einzige Friedenspartei hier im Deutschen Bundestag.
(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Toll!)

Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN)