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Netzneutralität ist Grundvorraussetzung für gerechte Teilhabe

Rede von Halina Wawzyniak,

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen!

Wir stimmen heute über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Netzneutralität als Voraussetzung für eine gerechte und innovative digitale Gesellschaft effektiv gesetzlich sichern“ ab. Die Grünen wollen - und das zu Recht - die Netzneutralität gesetzlich sichern.

(Beifall des Abg. Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

- Wenigstens ein Grüner klatscht; das ist schon mal gut.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Recht hat die Frau!)

Netzneutralität bedeutet die grundsätzlich diskriminierungsfreie Gleichbehandlung aller Datenpakete und ist, wie der Antrag richtig beschreibt, das konstituierende Prinzip eines offenen und freien Internets. Die Netzneutralität ist damit neben einem Internetanschluss Grundvoraussetzung für die gerechte Teilhabe an der digitalen Gesellschaft. Doch die Netzneutralität beißt sich mit dem Prinzip des Profits.

Schon vor der EU-Verordnung wurde die Netzneutralität direkt oder indirekt infrage gestellt. Es ging um „Diensteklassen“ oder „Spezialservices“ und viele andere Bezeichnungen. Am Ende ging es aber immer um eins: Internetanbieter wollten bestimmte Daten schneller transportieren und dafür extra Geld kassieren. Die sogenannten Kapazitätsengpässe, von denen immer die Rede war und die angeblich eine Priorisierung von Daten erforderlich machen, wurden bisher nicht ansatzweise belegt. Aber selbst wenn sie belegt worden wären, wäre die Alternative nicht die Priorisierung von Daten, sondern die Erweiterung der Kapazitäten, und zwar durch einen sinnvollen und schnellen Glasfaserausbau.

(Beifall bei der LINKEN)

Bei der im Antrag aufgeführten Aufzählung der in den vergangenen Jahren bereits eingereichten Initiativen zur Sicherung der Netzneutralität fehlt zwar der Antrag der Linken; darüber sehen wir aber großzügig hinweg und werden dem Antrag trotzdem zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Oh! Da freuen wir uns!)

Und wir sind sogar noch besser: Wir werden dem Bundestag demnächst Gelegenheit geben, erneut über das Thema abzustimmen.

(Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist gut!)

Denn wir haben schon fast einen Antrag fertig, wie die Netzneutralität trotz EU-Verordnung gesichert werden kann.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja! Das ist gut!)

Die EU-Verordnung zum Telekommunikationsbinnenmarkt erlaubt tatsächlich Telekommunikationsunternehmen, bestimmte Angebote vom Prinzip der Netzneutralität auszunehmen und sie als priorisierte Dienste zu behandeln. Der Chef der Telekom - das ist schon gesagt worden - hat auch gleich angekündigt, davon umfassend Gebrauch zu machen. Er hat die Absicht, ein Zweiklasseninternet zu schaffen. Das Ziel von Konzernen wie der Telekom ist nun einmal die Etablierung von zweiseitigen Märkten und Zero-Rating-Angeboten.

Bei zweiseitigen Märkten müssen insbesondere die Anbieter von Inhalten zusätzlich zum Anschluss an das Netz auch noch für die Nutzung der Zugangsnetze bezahlen. Bei Zero-Rating-Angeboten würde die Nutzung von spezifischen Diensten vom monatlichen Datentransfervolumen ausgeklammert.

Aus Sicht der Linken enthält nun aber die EU-Verordnung trotz der Unbestimmtheit und Auslassung bei einer strengen Auslegung der betroffenen Bestimmungen und strengen Auflagen die Möglichkeit, genau diese zweiseitigen Märkte und Zero-Rating-Angebote auszuschließen. Man muss sie nur richtig und bis zum Ende lesen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Nun plant die Bundesregierung, die Bundesnetzagentur mit der genauen Umsetzung der EU-Verordnung zu beauftragen. Das halten wir für falsch.

(Beifall bei der LINKEN)

Angesichts der überragenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedeutung der Netzneutralität muss in einem demokratischen Rechtsstaat nach dem Wesentlichkeitsprinzip der Gesetzgeber die unbestimmten Bedingungen der EU-Verordnung untersetzen.

Wir wollen, und zwar nur weil die EU-Verordnung das überhaupt ermöglicht, dass bis zur Errichtung einer flächendeckenden Glasfaserinfrastruktur priorisierte Dienste auf 5 Prozent der tatsächlich vorhandenen Übertragungskapazität begrenzt werden. Wir wollen Geschäftsmodelle untersagen, auf deren Basis die Anbieter von Inhalten, Diensten oder Anwendungen zusätzlich zum Anschluss auch für die Nutzung der Zugangsnetze bezahlen. Das geht nach der EU-Verordnung, denn diese besagt, dass auf kommerziellen Interessen beruhende Erwägungen keine angemessenen Maßnahmen des Verkehrsmanagements darstellen.

Drittens und letztens - damit komme ich auch zum Ende - wollen wir Zero-Rating-Angebote untersagen, da sie kein spezifisches Qualitätsniveau erfordern und auch auf kommerziellen Erwägungen beruhen.

Wir stimmen heute dem Antrag der Grünen zu und hoffen, dass Sie, wenn wir unseren Antrag vorlegen, unserem Antrag zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)