Zum Hauptinhalt springen

Nein zum Rezessions- und Verarmungsprogramm in Zypern

Rede von Alexander Ulrich,

Persönliche Erklärung zum Abstimmungsverhalten

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe heute gegen den Antrag der Bundesregierung gestimmt, weil es sich bei ihrem Zypern-Paket um nichts anderes als ein gigantisches Verarmungs- und Rezessionsprogramm handelt.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Einmal mehr sollen die Kosten der Krise nach unten durchgereicht werden. Wer die Krise überwinden will, muss aber jene zur Kasse bitten, die jahrelang von den deregulierten Finanzmärkten profitiert und dabei die Krise erst verursacht haben.

Wir brauchen eine europaweit koordinierte Vermögensabgabe, eine Bekämpfung von Steuerflucht und ‑hinterziehung sowie eine strenge Regulierung und Schrumpfung der Finanzmärkte.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Stattdessen hat sich der Bundestag wieder einmal dafür entschieden, Rentnerinnen und Rentner, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Arbeitslose zu belasten. Es ist der Wille der großen Mehrheit von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen, Renten und Löhne in Zypern um bis zu 12,5 Prozent zu kürzen, Sonderregeln zugunsten sozial Schwacher im Gesundheitswesen abzuschaffen, Entlassungen im öffentlichen Dienst durchzuführen und ein riesiges Privatisierungsprogramm zu erzwingen.

Was daraus folgt, können wir am Beispiel Griechenland gut beobachten. Auch in Zypern werden nun viele Menschen ihrer Existenzgrundlage beraubt. Auch in Zypern wird eine ganze Volkswirtschaft zerstört. Selbst die Troika erwartet einen wirtschaftlichen Einbruch um 12 Prozent innerhalb von zwei Jahren und einen Anstieg der Verschuldung auf 126 Prozent des BIP. Wer sich die Mühe gemacht hat, die letzten Troika-Prognosen für Programmländer mit der Realität zu vergleichen, der weiß, dass alles noch viel schlimmer kommen wird. Die Troika-Politik löst keine Krisen. Sie verschärft Krisen und verteilt die Kosten nach unten um.

Ich habe auch gegen den Antrag der Bundesregierung gestimmt, weil ich das Verfahren für vollkommen inakzeptabel halte.

(Beifall bei der LINKEN)

Am Sonntag hat die Bundesregierung den Abgeordneten ihren Antrag zugeleitet. Es handelt sich dabei um mehr als hundert Seiten teilweise hochkomplexer Analysen.

(Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Was denn jetzt?)

Auf dieser Grundlage hat der Bundestag heute, vier Tage später, beide Zypern-Beschlüsse sowie eine Umgestaltung der Programme für Portugal und Irland innerhalb einer Sitzung beschlossen. Ich glaube nicht, dass die Mehrheit jener, die heute dem Verarmungsprogramm zugestimmt haben, sich der Tragweite ihrer Entscheidung bewusst war. Die Verkürzung des Verfahrens lässt die parlamentarischen Mitspracherechte im Rahmen der EU-Krisenpolitik zur Farce verkommen. Es gibt keine Rechtfertigung für diese Schwächung des Bundestags, und es sagt nichts Gutes über den Zustand unserer Demokratie aus, wenn die Abgeordneten von vier der fünf Fraktionen mit dieser Aushebelung ihrer Rechte offensichtlich kein Problem haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)