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Nährwert-Ampel bundesweit einführen

Rede von Karin Binder,

Ohne Frage: Die Lebensmittel-Lobby hat sich gegen die Interessen der Menschen durchgesetzt. Dazu war ihr fast jedes Mittel recht: Verbraucherinnen und Verbraucher wurden für dumm verkauft, Öffentlichkeit und Politik mit einer beispiellosen Gegenkampagne überzogen. Geradezu unerträglich ist es aber, dass an Magersucht leidende Menschen herhalten mussten, um gegen eine nachvollziehbare Kennzeichnung von Lebensmitteln Stimmung zu machen.

Bemerkenswert ist auch die Rolle der Bundesregierung. Sie gibt die Parolen der Ernährungsindustrie teilweise im Wortlaut wieder - nachzulesen in den Sitzungsprotokollen des Ausschusses und den Antworten auf Anfragen aus dem Parlament. Frau Aigner hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, sich mit den Argumenten der zahlreichen Gesundheitsexperten, Ärzten, Verbraucherschützern und der überwältigenden Mehrheit in der Bevölkerung auseinander zu setzen. Eine derart schamlose Klientelpolitik lassen wir Schwarz-Gelb nicht durchgehen. Dass die Bundesregierung mit ihrer Haltung gegen die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher handelt, möchte ich hier noch einmal verdeutlichen:

Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und vorzeitiger Gelenkverschleiß sind unter anderem häufige Folgen von Übergewicht. Nach Ansicht von Gesundheitsexperten, Ärzte- und Patientenverbänden, Krankenkassen und Verbraucherschutzorganisationen ist fett- und zuckerreiche Ernährung neben Bewegungsmangel eine Hauptursache.

Schlecht lesbare und unübersichtliche Angaben, insbesondere bei kalorienreichen Fertiglebensmitteln sowie eine damit einhergehende, oft irreführende Werbung der Hersteller tragen ihren Teil dazu bei. Ein Zuviel an Fett, Zucker und Salz muss häufig ausgleichen, was andere Bestandteile im Fertiglebensmittel vermissen lassen: mehr Geschmack. Von der Lebensmittelindustrie werden die Dickmacher also gezielt zur Absatzförderung eingesetzt, da sie eine geschmacksanregende Wirkung haben. Dem gilt es etwas entgegen zu setzen.

Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen belegen nun, dass die „Nährwert-Ampel“ am besten zu einer raschen und richtigen Beurteilung von Produkten und damit zu einer ausgewogenen und gesunden Ernährung beiträgt. Die Angaben beziehen sich einheitlich auf 100 Gramm oder 100 Milliliter, damit alle Produkte miteinander vergleichbar sind. Mit Hilfe des Ampel-Modells können Verbraucherinnen und Verbraucher die Zusammensetzung der Nährwerte eines Lebensmittels auf den ersten Blick richtig einschätzen und auch irreführende Werbung umgehen.

Die Mehrheit der Deutschen spricht sich für eine farbliche Gestaltung von Nährwertangaben aus, wie eine Meinungsumfrage im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zeigt. Nach einer repräsentativen Umfrage des AOK-Bundesverbandes und des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte wollen über 90 Prozent der Eltern die Nährwert-Ampel. Eine aktuelle Studie der Fachhochschule Münster verdeutlicht: eine Ampelkennzeichnung führt zu einer besseren Einschätzung des Zucker- und Kaloriengehaltes und zu richtigen Produktvergleichen.

Die „Nährwert-Ampel“ trägt demnach am besten zu einer richtigen und raschen Beurteilung von Produkten durch die Verbraucherinnen und Verbraucher bei. Die Gehalte von Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz werden dabei auf der Vorderseite der Lebensmittel-Verpackung angegeben und entsprechend der Menge jeweils farblich unterlegt: Grün für „gering“, Gelb für „mittel“ und Rot für „hoch“.

DIE LINKE fordert deshalb zusätzlich zur unbefriedigenden EU-Entscheidung in Deutschland die Einführung der Nährwert-Ampel. Die Brüsseler Regelung gesteht den Einzelstaaten weitere Kennzeichnungen bei Lebensmitteln zu, sofern diese den EU-Vorgaben nicht widersprechen. Die Bundesregierung kann der Lebensmittelindustrie dazu Vorgaben machen. Verbraucherministerin Aigner hat damit die Möglichkeit, sich aus der Umarmung der Lebensmittel-Lobby zu lösen. Mit der Ampel-Kennzeichnung würde sie den Verbraucherinnen und Verbrauchern beim Einkauf eine klare und nachvollziehbare Information an die Hand geben.