Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE): Sogar zwei Tagesordnungspunkte
widmen sich am 1. Juni - dem Internationalen
Kindertag - behindertenpolitischen Themen; beide
zu später Stunde, mit der Minimalzeit von je 30 Minuten
Debatte, vor leeren Bänken und Zuschauerrängen. Deswegen
wird auch diese Debattenzeit gespart - die zu
Protokoll gegebenen Reden können ja nachgelesen werden.
Ein kurzer Blick zurück. Zunehmend mehr Menschen
mit Behinderungen berichteten seit 2005, dass so manche
Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis nicht
beim Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile unterstützen,
sondern zu zusätzlichen Benachteiligungen
führten. Das Recht auf Begleitung, zum Beispiel im
ÖPNV oder in Schwimmbädern, wurde in eine Pflicht
uminterpretiert. Dies war unter anderem in den „Kobinet-
Nachrichten“ nachzulesen.
Auf meine schriftliche Anfrage dazu antwortete
Staatssekretär Franz Thönnes am 6. Februar: „Der Bundesregierung
ist eine Häufung solcher Fälle nicht bekannt
… Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Klarstellung
ergibt sich daraus nicht.“
Die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung,
Kollegin Evers-Meyer - Sie arbeitet im selben Ministerium
wie Kollege Thönnes! -, fordert in ihrer Pressemitteilung
am 14. Februar dagegen: „Nachteilsausgleich
darf nicht zum Nachteil werden! Veraltete Formulierung
im Gesetz führt zu Diskriminierung“. Sie kündigt an, unverzüglich
nach einer Lösung zu suchen.
Am 8. März folgten ein diesbezüglicher Antrag der
FDP-Fraktion und eine weitere Woche später ein Antrag
von den Grünen. Beide werden von der Fraktion Die
Linke, unterstützt, ein eigener Antrag dazu ist deswegen
entbehrlich. Am 6. April verkündete die Behindertenbeauftragte,
Kollegin Evers-Meyer, dass ein Merkzeichen-BGesetzentwurf
noch vor der Sommerpause vorliegen und
damit für Klarstellung sorgen soll.
Heute, am 1. Juni, stehen zwei Anträge aus der Opposition
auf der Tagesordnung, aber kein Entwurf von der
Koalition. Warum, ist mir nicht bekannt. Liegt es an
Staatssekretär Thönnes? Sind die Regierungskreise, deren
Interessen er vertritt, so stark oder wird die Position
der sich redlich bemühenden Behindertenbeauftragten
bewusst geschwächt?
Da es heute zu so später Stunde keine Debatte zu den
Anträgen gibt, hoffe ich, in wenigen Tagen eine Antwort
in den nachlesbaren - zu Protokoll gegebenen - Reden
zu finden; nicht nur aus purer Neugier, sondern weil die
betroffenen Menschen auf diese rechtliche Klarstellung
warten.

Nachteilsausgleich darf nicht zum Nachteil werden.
Rede
von
Ilja Seifert,