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Nachhaltiger Beschäftigungsaufbau braucht Wasser auf die Mühlen

Rede von Werner Dreibus,

Im Bericht der Bundesregierung zur Wirksamkeit von Hartz I-III wird zu Recht die Zunahme so genannter reformierter Beschäftigungsverhältnisse, der Mini- und Midijobs, gelobt. Verschwiegen wird aber, dass diese Zunahme mit dem Verlust regulärer, versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse erkauft wurde.“

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär Andres, trotz aller persönlichen Wertschätzung und alter Verbundenheit hätte ich erwartet, dass zu diesem ehemals als Herzstück der Agenda 2010 bezeichneten Komplex der Arbeitsmarktreformen heute Morgen der verantwortli¬che Minister und damalige SPD-Vorsitzende selbst vor diesem Hohen Haus Verantwortung für das übernimmt, was in diesem Bericht niedergelegt ist. (Beifall bei der LINKEN) Wir haben die Ankündigung des Ministers im Ausschuss für Arbeit und Soziales, die Arbeitsmarktpolitik auf den Prüfstand zu stellen und dann das abzuschaffen, was ineffizient ist, und das beizubehalten und auszu¬bauen, was sich als erfolgreich erwiesen hat, mit großer Aufmerksamkeit gehört. Wenn man diesen Zwischenbericht als das ansähe, was er wirklich ist, nämlich als ein Dokument, das das Scheitern dieser Arbeitsmarktrefor¬men belegt, dann wäre es notwendig und richtig, den Mi¬nister heute dazu aufzufordern, seinen Worten Taten fol¬gen zu lassen. (Beifall bei der LINKEN) Wir erwarten von Ihnen als großer Koalition, dass aus den Erkenntnissen in diesem Bericht zügig Konsequen¬zen gezogen werden. Die grundsätzliche Konsequenz muss sein, die Förderung der Arbeitslosen zu stärken statt die Arbeitslosen mit allerlei nutzlosen Forderungen weiter zu schikanieren. (Beifall bei der LINKEN) Ich will mich ausdrücklich bei den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die an diesem Bericht mitgewirkt haben, bedanken, weil sie ein für meine Begriffe wirklich wichtiges, wenn auch nur ein vorläufiges Dokument zustande gebracht haben, das wie ein Offen¬barungseid des so genannten Herzstückes der Agenda 2010, wie ich es bereits in meinen Einleitungs¬worten genannt habe, ist. Wir erwarten, dass die Koalition zur Kenntnis nimmt, dass die ausgewiesene Zunahme geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse keine Erfolgsgeschichte ist. Im Bericht wird zu Recht die Zunahme so genannter reformierter Beschäftigungsverhältnisse, der Mini- und Midijobs, gelobt. Verschwiegen wird aber, dass diese Zunahme mit dem Verlust regulärer, versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse erkauft wurde. (Beifall bei der LINKEN) Ich will auf Folgendes hinweisen: Die neuesten Zahlen der Bundesknappschaft für das zweite Halbjahr 2005 belegen, dass auch die Anzahl der Mini- und Midijobs, also der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse, drastisch zurückgeht, laut diesen Zahlen um knapp 700 000. Diese Zahl ist beim besten Willen kein Beleg dafür, dass man die Entwicklung in diesem Bereich als Erfolg verkünden könnte, wie Herr Andres in seiner Einleitungsrede versucht hat, es uns glaubhaft zu machen. Herr Andres, ich unterstelle Ihnen einmal, dass Sie im Mo¬ment mit sehr viel Arbeit eingedeckt sind, was dazu geführt hat, dass Sie diesen Bericht nicht allzu aufmerksam lesen konnten. Jedenfalls hatte Ihre Art der Zusammenfassung aus meiner Sicht relativ wenig mit dem Inhalt des Berichtes zu tun. (Beifall bei der LINKEN - Dirk Niebel [FDP]: Das ist wohl wahr!) Der Bericht der Bundesregierung sagt aber noch etwas viel Bedeutenderes aus. Er sagt aus, dass Arbeits¬marktpolitik nur dafür gut ist, den Ausgleich zwischen Arbeitsnachfrage und Arbeitsangebot zu verbessern. Sie ist nicht dafür geschaffen, die Nachfrage nach Arbeit zu erhöhen. Insofern ist weiterhin Herzstück unserer Posi¬tion, dass wir ein solides Beschäftigungsprogramm brau¬chen, ein solides Zukunftsinvestitionsprogramm mit deutlich anderen Größenordnungen, als sie bisher vorgelegt wurden. Für einen nachhaltigen Beschäftigungsaufbau brauchen wir ordentlich Wasser auf die Mühlen, und zwar deutlich mehr als 6 Milliarden Euro jährlich, wie es in Ihrer Planung vorgesehen ist. (Beifall bei der LINKEN) Das ist aus unserer Sicht die Quintessenz dieses Be¬richtes. Sie haben jetzt schwarz auf weiß, dass ein grund¬legender Wechsel Ihrer Politik hin zu mehr Beschäfti¬gung und zur Förderung von Arbeitslosen und keine weiteren Schikanen geboten sind. Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN)