Positive Erfahrungen beim Schulsport können prägend für´s ganze Leben sein. Die Sprintstudie offenbart : Klare Orientierung und Standards für alle Bundesländer für die Sportlehrerausbildung und die Unterrichtsinhalte; generelle Einführung der dritten Sportunterrichtsstunde; durchgängiger Einsatz von aus¬gebildeten Sportlehrern ab der Grundschule - sind nur einige Forderungen der LINKEN., die schnell umgesetzt werden müssen. Katrin Kunert zur Debatte: Bundesweite Wende im Schulsport einleiten. ( Drs.16/ 392)
Katrin Kunert (DIE LINKE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die vergangenen Tage bei Olympia in Turin wurden durch Otto und Fischer und Co zu Tagen der Se¬niorinnen und Senioren im Leistungssport. Letztes Wo¬chenende bei den Deutschen Hallenmeisterschaften der Seniorinnen und Senioren der Leichtathletik wurde Katrin Kunert mit ihrer Staffel Vizemeisterin. (Beifall bei der LINKEN - Detlef Parr [FDP]: Toll! Glückwunsch!) Die Zahl der Sportbegeisterten ab 30 aufwärts wächst. International stehen die Deutschen an erster Stelle. Die Anzahl der Europa- und Weltmeistertitel, die die Senio¬rinnen und Senioren in der Leichtathletik holen, wün¬sche ich mir auch für den Leistungssport. (Beifall bei der LINKEN) Der Anteil der Seniorinnen und Senioren beim Deutschen Leichtathletik-Verband hat sich von 1984 bis heute von 30 Prozent auf 46 Prozent erhöht. Warum ist das so? Fest steht, dass für die Motivation für das wei¬tere oder wieder begonnene Sporttreiben vor allem die Erfahrungen aus der Kindheit und aus dem Schulsport wichtig sind. Wer einmal Freude an der Bewegung und die Vorteile von Teamarbeit gespürt hat, eine bessere Fit¬ness und einen gesunden Ehrgeiz besitzt, der zieht die Turnschuhe irgendwann wieder an. (Beifall bei der LINKEN) Schulsport von heute ist jedoch oftmals eine Pflicht¬übung und steht auf der Liste der wichtigsten Fächer hin¬tenan. Uns überraschen die Ergebnisse der Sprint-Studie nicht. Sie bestätigen gefühlte Werte. (Unruhe bei der CDU/CSU - Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Können die die Unterhaltung da hinten nicht unterbrechen? Das ist eine Un¬verschämtheit! - Winfried Hermann [BÜND¬NIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso sind die ei¬gentlich da?) - Wäre es möglich, dass die Herrschaften vielleicht mal etwas zuhören könnten? Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Kolleginnen und Kollegen, würden Sie bitte der Rede folgen oder den Raum verlassen! Katrin Kunert (DIE LINKE): Im Sport geht man fair miteinander um. Das könnte auch im Bundestag mal auf der Tagesordnung stehen. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRܬNEN]) Herr Parr, wir werden Ihren Antrag unterstützen, weil er die Möglichkeit bietet, die für den Schulsport Verant¬wortlichen endlich zusammenzuführen und Nägel mit Köpfen zu machen - auch wenn wir im Detail Klärungs¬bedarf sehen. Ich finde, der Unterstellung, dass sich die Politik immer nur dann mit dem Sport beschäftigt, wenn große Events anstehen, sollten wir mit aller Ernsthaftig¬keit entgegentreten. Vor allem müssen wir ein gewisses Maß an Verbindlichkeit an den Tag legen; ansonsten re¬den wir hier in diesem Hause alle Jahre wieder über die gleichen Themen. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN - Detlef Parr [FDP]: Sehr richtig!) Auch für den Schulsport gilt: Wenn bundesweit gül¬tige Mindeststandards durchgesetzt werden sollen, dann müssen wir die Kleinstaaterei im Bildungswesen über¬winden. (Beifall bei der LINKEN - Detlef Parr [FDP]: Auch das ist richtig!) In 16 Bundesländern gibt es acht Zielvorgaben für den Schulsport; Sie haben darauf hingewiesen. Circa 70 Gre¬mien bilden in Deutschland Sportpädagogen aus. Es wird viel geforscht, aber viel zu wenig effizient und praktikabel ausgebildet. Die Föderalismusdiskussion zeigt, dass nur ein zu¬kunftsfähiges Nebeneinander von bundespolitischer Rahmensetzung und landespolitischer Detailsteuerung zum Erfolg führen kann. Referendare ziehen Warte¬schleifen, weil Stellen fehlen. Die Bundesländer verlas¬sen sich aufeinander und die Sportlehrerausbildung ist verlassen. So sollte der Studiengang Sportwissenschaf¬ten an der Uni Halle in Sachsen-Anhalt aus Kostengrün¬den geschlossen werden. Verantwortlich dafür war ein FDP-Kultusminister. Die Schulunterrichtsstunden für den Sport wurden von drei auf zwei pro Woche redu¬ziert. In Hamburg, der so genannten Sportstadt, wird der Schwimmunterricht ab August 2006 privatisiert. Schwimmmeister vergeben dann die Noten. In Hamburg gibt es zwar die geforderte dritte Sportstunde; aber sie ist im Lehrplan flexibel gestaltet und fällt so anderen Fä¬chern zum Opfer. Kinder brauchen Bewegung und Aktivität in biologi¬scher, psychologischer und sozialer Hinsicht, um sich er¬proben und altersgerecht entwickeln zu können. Für die Vielzahl der Kinder und Jugendlichen ist der Schulsport die einzige Möglichkeit zur sportlichen Betätigung. Des¬halb stehen für uns nicht die Leistung und die Nach¬wuchssicherung für Sportvereine im Vordergrund, son¬dern die Vermittlung der Grundlagen des Sports. Da meine Redezeit zu Ende geht, möchte ich zusam¬menfassend sagen, welche Schwerpunkte wir für die Diskussion sehen: klare Orientierung und Standards für alle Bundesländer für die Sportlehrerausbildung und die Unterrichtsinhalte; generelle Einführung der dritten Sportunterrichtsstunde; durchgängiger Einsatz von aus¬gebildeten Sportlehrern ab der Grundschule - das heißt natürlich, dass der Einstellungskorridor für junge Lehrer geöffnet werden muss -; Sicherstellung des Schwimm¬unterrichts; ausreichende Weiterbildung; Sicherstellung der Finanzierbarkeit des Schulsports; ein angemessenes Angebot an Wettkämpfen. In dieser Hinsicht ist die Spartakiadebewegung in der DDR durchaus ein lohnen¬des Beispiel. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der LINKEN)
Nach den Ergebnissen der SPRINT-Studie - Eine Veränderung im Schulsport muss her!
Rede
von
Katrin Kunert,