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Mieten müssen für die Menschen bezahlbar bleiben

Rede von Heidrun Bluhm-Förster,

Rede zu Protokoll im Deutschen Bundestag zum Antrag der Fraktion DIE LINKE mit dem Titel "„Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung bezahlbarer Mieten und zur Begrenzung von Energieverbrauch und Energiekosten“ (Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr. 17/6371)

Sehr geehrter Herr Präsident,
meine Damen und Herren,

seit der ersten Lesung des hier zu behandelnden Antrags am 07. Juli vorigen Jahres haben sich die Umstände, die den Anlass für diesen Antrag gaben, keineswegs verbessert.
Im Gegenteil:
Wohnen ist in vielen deutschen Großstädten zum Luxusgut geworden.
Selbst „Normalverdiener“ können es sich in Städten, wie München, Hamburg, Düsseldorf, Potsdam und zunehmend auch in Berlin nicht mehr leisten, in den Städten, nah bei Ihrer Arbeit zu wohnen.
Das Problem der Verdrängung aus traditionell guten Wohnlagen ist zum Beispiel in Berlin längst nicht mehr nur eins in Mitte oder im Prenzlauer Berg.
Nein, auch so genannte gut bürgerliche Gegenden, wie Wilmersdorf oder Charlottenburg und die dort seit langem lebenden und sozial verwurzelten Mieterinnen und Mieter sind davon betroffen.
Da hilft kein regierungsamtlicher Verweis auf die gewachsene Zahl von Baugenehmigungen im letzten Jahr.
Man muss schon hinsehen, was gebaut wird und für wen, vor allem in den Großstädten:
80 Prozent des Wohnungsneubaus passiert nämlich im Luxussegment.
Hier zeigt sich einfach „ eine Flucht ins Betongold“ oder,
wie es der Präsident des Deutschen Mieterbundes ausdrückt:
„Reich baut für reich.“
Die Forderung nach Wohnen zu bezahlbaren Mieten, die Furcht, sich die „eigenen vier Wände“ in der gewohnten Umgebung nicht mehr leisten zu können, sind mitten in der Gesellschaft angekommen.
Für Menschen mit niedrigen Einkommen oder für die, die auf Transferleistungen angewiesen sind, wird Wohnen gar zu einem Armutsrisiko.
40, 50 Prozent des Haushaltseinkommens oder sogar mehr für Wohnkosten aufwenden zu müssen, ist längst keine Seltenheit mehr in unserem Land.
Nach Recherchen einer aktuellen Studie des Pestel Instituts Hannover, die dort im Auftrag der Kampagne „Impulse für den Wohnungsbau“ erstellt wurde, sind ca. 44 Prozent der deutschen Mieterhaushalte davon betroffen.
Und diese Haushalte haben keine Reserven.
Was sie für Wohnkosten aufwenden, müssen sie sich von anderen notwendigen Ausgaben absparen.
Neue Wohnungsnot und zunehmende Armut sind keine links erfundenen Horrorszenarien sondern sie hängen zusammen und sind eine sich ausbreitende gesellschaftliche Realität.
Die erwähnte Studie bezeichnet die Tatsache, dass immer mehr Haushalte – selbst mit mittleren Einkommen - einen immer größeren Anteil davon fürs Wohnen ausgeben müssen,
als dramatisch.
Und das, obwohl die Bruttokaltmieten in den meisten ländlichen Regionen gar nicht gestiegen sind.
Die flächendeckende Erhöhung der Wohnkosten in den letzten Jahren, selbst dort, wo hoher Wohnungsleerstand herrscht,
ist überwiegend auf eine starke Steigerung der Energiekosten zurückzuführen.
Wenn jetzt auch noch nach energetischen Sanierungsmaßnahmen,
die grundsätzlich ja zu begrüßen sind,
die Kosten dafür vollständig auf die Mieter abgewälzt werden sollen,
sprengt das deren finanzielle Leistungsfähigkeit vollends.


Da hilft auch kein Gesetz
„über die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von Räumungstiteln“,
wie das die Regierungskoalition plant.
Das geht völlig an der Realität vorbei und treibt unnötig einen Keil zwischen Vermieter und Mieter.
Was wir in Deutschland wirklich brauchen ist
- eine zukunftsorientierte und bedarfsgerechte finanzielle Ausstattung des Sozialen Wohnungsbaus durch Bund und Länder,

- eine aufgabengerechte öffentliche Förderung der energetischen Sanierung und des klimaschonenden Wohnungsneubaus ohne Überforderung von Vermietern und Mietern und


- ein ausgewogenes Mietrecht, das Vermieter- und Mieterinteressen gleichermaßen schützt statt sie gegeneinander auszuspielen.
Dazu soll dieser Antrag einen Beitrag leisten.

Er geht auf eine Bundesratsinitiative des Landes Berlin aus der Regierungszeit von SPD und LINKEN im Jahr 2010 zurück.
Das ist ja auch der SPD Bundestagsfraktion nicht entgangen,
die diesen von ihren Genossen im Berliner Abgeordnetenhaus mit verfassten Antrag im Verkehrsausschuss noch beargwöhnt, ihm im Rechtsausschuss aber schon zugestimmt hat.
Weiter so!
Und wenn auch Bündnis 90 / DIE GRÜNEN sich zu ihren eigenen Anliegen konsequent verhalten, dann könnten der Untätigkeit der Bundesregierung oder ihrem Agieren in die falsche Richtung wirksame Alternativen entgegengesetzt werden.

Vielen Dank