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Michael Leutert: Zukunft der Kinder- und Jugendpolitik nach der Wahl 2021 ungewiss

Rede von Michael Leutert,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, wir wissen ja nun alle, dass Sie nächstes Jahr bei den Abgeordnetenhauswahlen in Berlin als SPD-Spitzenkandidatin gegen unseren Kandidaten Dr. Klaus Lederer kandidieren, um Regierende Bürgermeisterin zu werden. Ich kann Ihnen sagen: Das wird nicht einfach für Sie, und ich hoffe, dass Sie noch genügend Zeit für die Aufgaben als Bundesministerin haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn gerade in Zeiten von Corona gibt es hier viel zu tun. Viele Familien mit Kindern sind derzeit am Limit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir beraten heute einen Etat, der 13,1 Milliarden Euro für Familien, Kinder und Jugend umfasst; in den Haushaltsberatungen sind noch mal fast 900 Millionen Euro dazugekommen. Allerdings muss man dazu sagen, dass davon 80 Prozent gebundene gesetzliche Leistungen sind. Zu nennen sind der Kinderzuschlag mit 1,4 Milliarden Euro, das Elterngeld mit 7,5 Milliarden Euro, der Unterhaltsvorschuss mit 1 Milliarde Euro. Das sind alles Leistungen, insbesondere das Elterngeld, die an Lohnsummen gekoppelt sind. Das heißt, das sind Leistungen, die auch in den nächsten Jahren höchstwahrscheinlich ansteigen werden.

Der Rest geht zum größten Teil in die Kinder- und Jugendpolitik. In diesem Bereich sind Posten mit hohen Ausgaben enthalten, zum Beispiel für den Kinderbetreuungsausbau und die damit verbundene Qualitätsoffensive mit 1,5 Milliarden Euro, für „Demokratie leben!“ mit 150 Millionen Euro – hier sollen die Ausgaben in den nächsten Jahren auf 200 Millionen Euro ansteigen – oder eben auch für die Unterstützung für die Träger der freien Jugendhilfe mit derzeit 325 Millionen Euro. Alles zusammen ergibt einen Betrag von 1,7 Milliarden Euro.

Da beginnt das Problem. Ein Blick in die Finanzplanung verrät uns nämlich, dass für das Jahr 2022 eine Absenkung des Etats genau um diese Summe, nämlich um 1,7 Milliarden Euro, geplant ist. Jetzt ist die große Preisfrage: Woher das Geld nehmen? Ich hatte schon gesagt: 80 Prozent der Leistungen sind gebundene gesetzliche Leistungen, und da wird der Handlungsspielraum dann plötzlich ganz eng. Wenn jetzt das Argument kommt: „So schlimm wird das nicht; das kann ja keiner wollen, dass so viel gekürzt wird“, entgegne ich: Das ist zwar richtig, aber leider wird das zu jedem einzelnen Etat genau so gesagt.

Ich will daran erinnern: Wir haben gestern behandelt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – 3 Milliarden Euro Defizit in der Finanzplanung –, das Auswärtige Amt – 1,1 Milliarden Euro Defizit in der Finanzplanung –, das Bildungs- und Forschungsministerium – 2 Milliarden Euro Defizit in der Finanzplanung –, und sie alle wollen ihr Defizit in den nächsten Haushaltsplänen ausgleichen.

Dazu kommt noch: Wir haben jetzt schon im Einzelplan 30 eine globale Minderausgabe von 6 Milliarden Euro. Wir haben die Kreditrückzahlung für die Coronahilfen zu leisten, die mit 10 Milliarden Euro steigend bis 20 Milliarden Euro zu Buche schlagen. Wir haben sinkende Einnahmen. Das Haus hat beschlossen, dass der Solidaritätszuschlag weitestgehend abgeschafft wird; das sind noch mal minus 10 Milliarden Euro. Wie die wirtschaftliche Situation nach Corona hier aussehen wird, das heißt, wie unsere Steuereinnahmen sich entwickeln werden, dahinter stehen noch drei große Fragezeichen. Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird sehr knapp. Deshalb, liebe Ministerin, hoffe ich, dass Sie uns heute hier erklären können, wie Sie die ganzen Versprechen an die Länder und an die Träger einhalten wollen, was Ihr Plan ist, wie die nächsten Jahre sichergestellt werden.

In eigener Sache möchte ich noch ein Problem ansprechen, verbunden mit einer Bitte. Es ist schwer, es einzugestehen: Auch uns Haushältern passiert manchmal ein Fehler. – Auf einen möchte ich hinweisen. Gerade in der sogenannten Bereinigungssitzung sitzen wir mitunter 17 Stunden zusammen und haben Hunderte Anträge vor uns, die abgestimmt werden müssen. Später schaut man sich dann die Unterlagen an. Wenn ich dann feststelle, dass eine Initiative in den Unterlagen unter zwei verschiedenen Namen auftaucht – unter dem einen Namen betreibt sie Geldakquise, und unter einem völlig anderen Namen tritt sie in der Öffentlichkeit auf –, dann werde ich stutzig und dann gehen bei mir alle Alarmanlagen an.

Deshalb möchte ich Sie bitten, im Vollzug des Haushaltes genau darauf zu achten, wer hier Geld beantragt und dass garantiert wird, dass nur die Initiativen und Verbände Geld bekommen, die unsere Institutionen und Werte nicht angreifen. Wir hatten das Problem vor ein paar Jahren schon einmal, mit DITIB.

(Volker Münz [AfD]: Hört! Hört!)

Das ist ein von Erdogan gesteuerter islamistischer Verein mit Anbindung an den türkischen Geheimdienst. Das wurde 2017 gestrichen; die bekommen kein Geld mehr. Wie gesagt, passen Sie bitte auf, wer gefördert werden soll. Ansonsten konterkarieren wir damit alle guten Programme wie „Demokratie leben!“ und andere Programme für Gleichberechtigung und gegen Demokratiefeindlichkeit.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)