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Michael Leutert: Koalition lässt eigenen Entwicklungsminister im Stich

Rede von Michael Leutert,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister – es wurde ja schon gesagt –, es ist für uns beide der letzte Haushalt, den wir gemeinsam besprechen. Da kann man durchaus mal mit etwas Positivem anfangen. In Ihrer Amtszeit ist es tatsächlich geglückt, dass sich der Etat von 6,3 Milliarden Euro auf nun 12,4 Milliarden Euro fast verdoppelt hat. Das kann sich durchaus sehen lassen. Es ist auch schon angesprochen worden, dass die mittelfristige Finanzplanung in diese Linie nicht hineinpasst. Die letzte Aufgabe ist also, das Anfang nächsten Jahres noch zu korrigieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Allerdings, liebe Kolleginnen und Kollegen, reicht das nicht aus; auch das wurde schon angesprochen. Es würde auch nicht ausreichen, wenn wir noch mehr Geld mobilisieren und die ODA-Quote von 0,7 Prozent erreichen, selbst wenn wir die Mittel in die besten und effektivsten Projekte stecken. Was wir zusätzlich benötigen, ist ein Umdenken und Umlenken auch bei uns selber. In dem Sinne sind auch wir mittlerweile ein Entwicklungsland geworden; denn wir müssen uns in unserer Produktion, in unserem Handel und in unserem Konsum weiterentwickeln. Ansonsten nützen uns diese ganzen Milliarden nichts.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn wir das nicht tun und damit den Klimawandel weiter befördern, dadurch weiter Fluchtursachen verschärfen und damit weiterhin Ausbeutung und Armut billigend in Kauf nehmen, dann werden wir diese Ziele, die wir hier definieren, nicht erreichen. So wie wir uns heute hier verhalten, bestimmen wir letztendlich nicht bloß über die Zukunft dieser fragilen und armen Staaten, sondern wir bestimmen auch über unsere ganz eigene Zukunft, über die Zukunft unserer Kinder. Welche Welt hinterlassen wir? Das ist eigentlich die grundsätzliche Frage. Damit ist das auch eine Frage der Generationengerechtigkeit.

Die Frage der Generationengerechtigkeit wird von allen immer angesprochen, wenn es um die Schuldenbremse geht. Dieses Argument ist bei der Schuldenbremse aus einem ganz einfachen Grund nicht mein Lieblingsargument: Wenn ich in einem Haus lebe, keine Schulden aufnehme, um es in Schuss zu halten, und dann meinen Kindern eine Bauruine hinterlasse, müssen die Kinder dann Schulden aufnehmen, um das Haus zu sanieren. Bei der Frage des Klimawandels ist das nicht so einfach. Wenn wir ihn jetzt nicht stoppen, können zukünftige Generationen keinen Kredit aufnehmen, um das zu korrigieren; das sollten wir nicht vergessen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister, wir sind uns in diesen Punkten wahrscheinlich relativ schnell einig, und das ist ja auch der Grund, warum Sie das Lieferkettengesetz auf den Weg gebracht haben. Das Problem ist nur, dass Sie in Ihren eigenen Reihen dafür keine Mehrheit haben.

(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das weiß er aber! – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das ist das Problem!)

– Ja, das weiß er; aber man kann es ja hier noch mal deutlich ansprechen.

(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Genau!)

Ich will jetzt nicht all die Argumente bemühen, die gegen dieses Lieferkettengesetz vorgebracht werden – Bürokratiemonster; Haftungsfragen; es sei nicht umsetzbar –, sondern nur noch mal darauf hinweisen, dass es hier nicht nur um Generationengerechtigkeit geht. Wir haben heute hier auch den Haushalt des Auswärtigen Amtes und den Haushalt des Verteidigungsministeriums behandelt. Dabei ging es um Fragen der Sicherheit. Die Umsetzung des Lieferkettengesetzes, also das Umdenken und Umlenken in unserem Verhalten, betrifft auch ganz prinzipiell die Frage unserer Sicherheit in der Zukunft.

(Beifall bei der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, ich will das mit einem Appell verbinden: Lassen Sie Ihren Minister – nicht bloß bei diesem Gesetz – nicht so hängen! Unterstützen Sie ihn!

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Marianne Schieder [SPD])

Lieber Carsten, mir ist bei den Dankesworten ja richtig warm ums Herz geworden. Hier geht es ja kuscheliger zu als in der Bereinigungssitzung und manchmal auch in den eigenen Fraktionen.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Ach, Michael!)

– In allen Fraktionen, habe ich gesagt. – Ich sage nur: Wenn man sich die Bereinigungssitzung so anschaut, kann man feststellen, dass wir zusätzliche 84 Milliarden Euro für den Gesamtetat bewegt haben. Für unseren lieben Minister im BMZ gab es nichts obendrauf, sondern 10 Millionen Euro minus. Nicht einmal mehr die belegten Brötchen kann er jetzt bezahlen, wenn er Gäste bewirten möchte. Deshalb kann ich mit Blick auf die nächsten Aufgaben, insbesondere was das Lieferkettengesetz und die mittelfristige Finanzplanung betrifft, nur sagen: Unterstützen Sie den Minister! Lassen Sie ihn nicht im Regen stehen!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ihnen, Herr Minister, möchte ich für die Zukunft, für Ihre nächste Aufgabe, viel Glück und Erfolg wünschen. Ich hoffe, wir sehen uns auch in Ihrer nächsten Verwendung regelmäßig.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)