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Menschenrechte spielen im Bundeshaushalt keine Rolle

Rede von Annette Groth,

Zur Haushaltsdebatte erklärt die menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Annette Groth:

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!


Für die Bundesregierung ist das Eintreten für Menschenrechte Grundkonstante ihrer Außenpolitik. Wie sieht aber die Realität aus, verehrter Herr Kollege? An Flüchtlingen,
Menschen ohne Aufenthaltsrecht und Opfern von Menschenhandel wird die menschenrechtsfeindliche Praxis der deutschen Regierung besonders deutlich. Sogenannte Illegale leben in ständiger Angst vor Abschiebung. Um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, sind sie gezwungen, unter sklavenähnlichen Bedingungen zu arbeiten.

Nach Waffen- und Drogenhandel ist Menschenhandel die drittgrößte Einnahmequelle weltweit. Laut der Internationalen Arbeitsorganisation beträgt der Gewinn aus
dem internationalen Menschenhandel mehr als 32 Milliarden US-Dollar pro Jahr.


Menschenhandel ist ein schwerwiegender Verstoß gegen die Menschenrechte. Die Opfer sind vorwiegend Frauen. Ein menschenrechtszentrierter Ansatz bei der Bekämpfung des Menschenhandels bedeutet, die Rechte der Frauen zu stärken und die Täter zu bestrafen. Bei uns hingegen werden die Opfer bestraft; denn ihnen droht nach vier Wochen die Abschiebung.

Leider hat der Bundestag noch immer nicht die Europaratskonvention zur Bekämpfung des Menschenhandels ratifiziert, die den Opfern von Menschenhandel und Zwangsprostitution einen unbefristeten Aufenthaltstitel ermöglichen könnte.


Auch das Zusatzprotokoll zum Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte wartet auf Ratifizierung. In diesem Protokoll sind neben dem Recht auf Nahrung und Wasser auch das Recht auf Bildung und das Recht auf angemessenes Wohnen verankert. Die von Ihnen geplanten Kürzungen im Sozialbereich wie überhaupt die Hartz-Gesetze verletzen diese international verankerten Rechte.


(Beifall bei der LINKEN)


Menschenrechte sind unteilbar und müssen auch in Deutschland durchgesetzt werden. Die Streichorgien im Sozialbereich treten die Menschenrechte mit Füßen.


Liebe Kolleginnen und Kollegen, Hunger und Umweltkatastrophen nehmen immer verheerendere Ausmaße an. Derzeit steht ein Fünftel Pakistans unter Wasser, 20 Millionen Menschen sind obdachlos, ganze Dörfer sind verschwunden. Um eine wirkungsvolle Soforthilfe zu gewährleisten, werden mindestens 460 Millionen US-Dollar benötigt; nur ein Drittel davon steht bisher zur Verfügung. Die Soforthilfe in Höhe von 15 Millionen Euro, die die Bundesregierung bisher zugesichert hat, ist nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Pakistan braucht eine langfristige Unterstützung, um die
Folgen der Flutkatastrophe zu überwinden. Statt Hunderte Millionen Euro für den Krieg in Afghanistan auszugeben, sollte dieses Geld für humanitäre Katastrophenhilfe eingesetzt werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir fordern in der Haushaltspolitik eine klare Prioritätenverschiebung, sodass Menschen in Not sofort geholfen werden kann. Ausgerechnet dieser Posten wird im Haushaltsentwurf für 2011 um 20 Prozent reduziert. Trotz Klimawandels und absehbarer Naturkatastrophen kürzt die Regierung nicht nur die Nothilfe, sondern auch Gelder für internationale Klimaschutzprojekte – für mich ein Skandal.


(Beifall bei der LINKEN)


Überflutungen in China und Pakistan sowie die Brände in Russland haben große Ernteausfälle zur Folge. Konzerne verlangen jetzt höhere Preise, die Nahrungsmittelspekulation blüht. Die Spekulation mit Nahrungsmittelnführt zu steigenden Preisen und ist damit fürzunehmenden Hunger verantwortlich. Sie ist ein Verbrechenund gehört verboten.

(Beifall bei der LINKEN)


Sehr geehrte Damen und Herren,

der einzige Titel im Haushalt, in dem die Menschenrechte ausdrücklich erwähnt werden, heißt: „Demokratisierungs- und Ausstattungshilfe, Maßnahmen zur Förderung der Menschenrechte“. Ich frage Sie: Was haben die Menschenrechte mit Ausstattungshilfe zu tun?


11 Millionen Euro wurden 2009 für die Ausstattungshilfe für ausländische Streitkräfte ausgegeben. Lediglich 3 Millionen Euro standen für die Menschenrechte zur Verfügung. Nun soll der Etat für Menschenrechte – wir haben es schon gehört – 2011 noch einmal um 50 Prozent gekürzt werden.


Kurzum: Menschenrechte sind für die Regierungsparteien Rhetorik, Geld gibt es dafür nicht.


(Beifall bei der LINKEN)