Die Situation auf Kuba differenziert betrachten, den Menschenrechtsdialog mit den Kubanerinnen und Kubanern und nicht gegen sie führen. Michael Leutert in der Debatte zu Anträgen von Grünen und FDP zur Menschenrechtssituation in Kuba.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Zunächst: Ich freue mich sehr, dass DIE LINKE. im Bundestag Platz genommen hat und ich die Möglichkeit habe, hier einen alternativen Standpunkt darzulegen. Lassen Sie mich, damit keine Missverständnisse aufkommen, gleich am Anfang sagen: Auch DIE LINKE. weiß sehr wohl, dass es in Kuba zu Verletzungen von Menschenrechten kommt.
Im Unterschied zu Ihnen haben wir mit den Kubanerinnen und Kubanern aber sehr oft darüber gesprochen. Das Problem bei dieser Debatte ist doch, dass es Ihnen - das haben Ihre Debattenbeiträge gezeigt - überhaupt nicht um die Menschenrechte und die Menschen in Kuba geht. Sie haben lediglich das Abstimmungsverhalten im Europäischen Parlament und die Debatte in unserer Partei dazu beobachtet.
Jetzt glauben Sie, unsere Fraktion mit solchen Anträgen hier vorführen zu können. Herr Beck, es gab Zeiten, als Ihre Partei die Menschenrechte ernst genommen hat. Ich denke aber, dass diese Zeiten, seit Sie ernsthaft meinten, die Menschenrechte im Kosovo mit Bomben auf Belgrad verteidigen zu müssen, vorbei sind.
(Beifall bei der LINKEN)
Sie haben unter dem Deckmantel der Menschenrechte einen Krieg mit angezettelt, der Tausende von unschuldigen Opfern gefordert hat. Das ist ein rein instrumentelles Verhältnis zu Menschenrechten. Ein solches Verhältnis lehnen wir ab - das ist bezeichnend -; denn das ist unerträglich.
(Beifall bei der LINKEN)
Die erste Forderung bei Menschenrechten ist, dass sie überall gleich gelten sollen. Menschenrechtsverletzungen sollen überall da, wo sie stattfinden, gleichermaßen gerügt werden. In Bezug auf Saudi-Arabien oder die Volksrepublik China stelle ich einen völlig anderen Umgang als bei Kuba fest.
(Beifall bei der LINKEN)
Dort wird über ökonomische Beziehungen und über Gespräche versucht, schrittweise eine Verbesserung der Menschenrechte zu erreichen, was ich begrüße. Aber warum gehen Sie diesen Weg bei Kuba nicht? Das ist meine Frage.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Es gibt zum Beispiel einen Dialog über die Menschenrechte mit China. Kuba ist auch mit den ehemals sozialistischen Staaten in Osteuropa nicht vergleichbar. In Kuba hat es eine Revolution gegen den absolut korrupten Diktator Batista gegeben.
(Christoph Strässer [SPD]: Das ist richtig!)
Das haben die USA bis heute nicht verkraftet. In Havanna gibt es keine offizielle Botschaft der USA. Aber es gab sehr wohl immer eine Botschaft der USA während des Pinochet- Regimes in Chile und unter dem Faschisten Franco in Spanien. Dort gab es offensichtlich nie Probleme.
(Beifall bei der LINKEN)
Von Anfang an haben die USA ein Embargo über Kuba verhängt. Firmen werden Sanktionen angedroht, wenn sie Wirtschaftsbeziehungen zu Kuba unterhalten. Bekannt ist ebenso, dass die USA nicht bloß bereit dazu waren, sondern die Invasion in der Schweinebucht tatsächlich durchgeführt haben. Bekannt dürfte auch Ihnen sein, dass der demokratisch gewählte Präsident von Chile, Salvador Allende, in einem reaktionären Militärputsch gestürzt wurde, der von den USA und ihrem Geheimdienst CIA unterstützt wurde.
Ich möchte, dass zur Kenntnis genommen wird, dass sich die Politik unter genau diesen Umständen in Kuba entwickelt hat. Diese Politik in Kuba hat verschiedene Seiten und ist differenziert zu bewerten. Ich komme jetzt zu der Differenzierung. In Kuba gibt es im Bildungs- und Gesundheitswesen Standards, wie man sie in keinem anderen südamerikanischen Land findet. Kuba hat Standards erreicht, die sich mit europäischen Standards messen lassen können.
Ich darf auch an Folgendes erinnern: In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wird in Art. 22 die soziale Sicherheit garantiert. Das sollte man auch in Deutschland immer wieder erwähnen.
(Beifall bei der LINKEN)
Ferner wird in Art. 26 das Recht auf Bildung festgeschrieben. Es geht um etwas anderes. Von solchen Leistungen und Zusammenhängen ist in Ihren Anträgen niemals die Rede gewesen. Solange so etwas nicht differenziert betrachtet wird, kann meine Fraktion einem solchen Antrag niemals zustimmen.
(Beifall bei der LINKEN)
Auch wir sind nicht einseitig. Wir sagen sehr wohl, dass Kuba bei der Einschätzung seiner Sicherheitslage einige falsche Schlussfolgerungen gezogen hat. Wir haben von Anfang an die Todesstrafe nicht nur in Kuba kritisiert, sondern auch in den USA, in China und anderen Ländern.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir aber führen diesen Dialog gemeinsam mit den Kubanerinnen und Kubanern. Ich muss jetzt leider meine Rede beenden. Ich hätte für Sie noch einige Argumente parat. Aber Sie können meine Rede gerne ausgehändigt bekommen. Danke.
(Anhaltender Beifall bei der LINKEN)