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Mehrbesitzverbot von Apotheken

Rede von Frank Spieth,

Frank Spieth (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben
es gehört: Kein Bereich im deutschen Gesundheitswesen
hat höhere Zuwachsraten als der Pharmabereich.
Wir zahlen hier mittlerweile mehr als für die ambulante
ärztliche Versorgung. Darüber sollte man in der Tat einmal
nachdenken.
Trotz aller Kostendämpfungsbemühungen sind die
Kosten für die Arzneimittel in den zurückliegenden
Jahren gestiegen. Die Milliarden, die hier ausgegeben
werden, fehlen an anderer Stelle im Gesundheitswesen.

(Beifall bei der LINKEN)

Gleichzeitig mussten sich die Patientinnen und Patienten
daran gewöhnen, immer höhere Eigenanteile zu zahlen.
Nun kommen die Grünen mit der Idee, durch die
Abschaffung des Fremd- oder Mehrbesitzverbotes für
Apotheken einen besseren Wettbewerb und mehr Wirtschaftlichkeit
herstellen zu können und damit unter Umständen
round about 2 Milliarden Euro einsparen zu
können. Abgesehen davon, dass ich die Grünen, die einmal
für Nachhaltigkeit und lokalen Zusammenhalt eingetreten
sind, nicht mehr verstehe, halte ich diesen Ansatz
in der Tat für einen schweren Denkfehler.

(Beifall bei der LINKEN - Birgitt Bender
[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommt
die Linkspartei auch noch damit!)

Schon heute können Apotheker bis zu drei Filialen
betreiben, Frau Bender; denn Rot-Grün hat damals dafür
gesorgt, dass es die Möglichkeit dieses Mehrbesitzes
gibt. Der Vorschlag der Grünen, das Mehrbesitzverbot
für Apotheken gänzlich aufzuheben, geht aber nach meiner
Einschätzung an dem tatsächlichen Problem vorbei:
Die Ausgaben für Arzneimittel haben sich von 1995 bis
2005 von 8,94 Milliarden Euro auf 15,44 Milliarden
Euro erhöht. Im gleichen Zeitraum, Frau Bender, haben
sich die Rohgewinne der Apotheken und des Großhandels
in Höhe von 5 Milliarden in 1995 und 4,94 Milliarden
in 2005 sogar geringfügig reduziert. Das heißt, nicht
die Apotheken sind die Kostentreiber;

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten
der SPD)

vielmehr haben die Pharmakonzerne 72 Prozent der
Kostensteigerungen im Bereich der Arzneien zu verantworten.
Die Auseinandersetzung über diesen Fakt wird
von Ihnen gescheut. An dieser mächtigen Lobby ist bisher
im Kern noch jede Reform gescheitert. Ich befürchte,
dass mit der Einführung von Apothekenketten zwangsläufig
die Qualität der unabhängigen Beratung leidet.
Wenn Apothekenketten von Pharmaunternehmen geführt
werden, dann ist an eine unabhängige Medikamentenberatung
nicht mehr zu denken.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber gerade das sollte unser Ziel sein: die qualifizierte
und hochwertige Arbeit der Pharmazeuten. Es bleibt
nach meiner Erkenntnis - das haben Gespräche mit vieDeutscher
Apothekern bestätigt - die Notwendigkeit, den Apotheker
als letztes Korrektiv bei falschen Verschreibungen
einzusetzen.
Es stimmt, dass die meisten Apothekenbesitzer in
Deutschland ein durchaus auskömmliches Nischendasein
führen. Daran haben auch die Internetapotheken
und der Versandhandel mit Arzneimitteln nichts geändert.
Richtig ist auch, dass die Qualität der Beratung und
der Service mancherorts verbesserungswürdig sind. Darüber
können wir reden.
Die Grünen gehen aber von Einsparmöglichkeiten
aus, die ich für irreal halte. Wie soll das funktionieren?
Die Apotheken erhalten unabhängig vom Abgabepreis
des jeweiligen Medikaments eine Pauschale in Höhe von
6,10 Euro. Naturalrabatte, wie sie bis zur Einführung des
Arneimittelverordnungs-Wirtschaftlichkeitsgesetzes gegeben
waren, sind mittlerweile verboten. Kurzum: Apothekerinnen
und Apotheker haben kein eigenes wirtschaftliches
Interesse mehr an den Arzneimittelpreisen.
Deshalb ist dieser Ansatz falsch.
Wie sollen Apothekenketten 2 Milliarden Euro einsparen
können, wenn es durch die Politik der letzten
Jahre nicht möglich war? Aus welchem Grund sollen all
die Apothekenketten bereit sein, die Vorteile aus ihren
ausgehandelten Rabatten an die Versichertengemeinschaft
weiterzugeben? Ich sehe an dieser Stelle keine
Chance. Die Erfahrungen in den USA - das wurde bereits
ausgeführt - und in Norwegen zeigen, dass dieser
Weg in die falsche Richtung führt. Monopole, wie sie
dort entstehen, würden uns das Fürchten lehren.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Sie müssen zum Ende kommen.

Frank Spieth (DIE LINKE):
Ich komme zum Schluss. - Ich meine, wir sollten einen
anderen Weg gehen. Unsere Fraktion wird sich dem
Antrag der Grünen nicht anschließen. Wir lehnen - wie
hoffentlich die Mehrheit des Parlaments - diesen blinden
Neoliberalismus ab.

(Beifall bei der LINKEN)