Zum Hauptinhalt springen

Mehr Prävention, weniger Bestrafung!

Rede von Jens Petermann,

250. Sitzung des Deutschen Bundestages, 27. Juni 2013

TOP 12

Entwurf eines Gesetzes zur Dopingbekämpfung im Sport

Drucksachen 17/13468 und 17/14015

Jens Petermann für die

Fraktion DIE LINKE

Jens Petermann (DIE LINKE):

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auf den Zuschauertribünen!

Es wird Ihnen sicher auch so gehen: Wir jubeln über Medaillen und begeistern uns für spannende Wettkämpfe; dennoch ist die Hochachtung vor Spitzensportlern und deren Topleistungen zunehmend getrübt. Eine rasante Kommerzialisierung, Skandale und betrügerische Machenschaften sowie die Aufklärung diverser Dopingdelikte hinterlassen einen bitteren Beigeschmack. Nach jedem Olympiasieg, nach jeder hart erkämpften Medaille steht die Frage nach Betrug im Raum. Einst gefeierte Helden wie Armstrong und Ullrich stürzen ab, weil sie zu unlauteren Mitteln gegriffen haben, um sportlichen Lorbeer zu ernten.

Das Image des Spitzensports und vieler seiner Protagonisten ist arg ramponiert. Seine einstige Vorbildwirkung für den Breitensport gerät zunehmend ins Wanken. Die Kommerzialisierung und Medienpräsenz haben den professionellen Sport grundlegend verändert. Leistungsdruck und damit einhergehende Ängste oder Depressionen sind gängige Begleiterscheinungen des Hochleistungsbetriebes geworden.

Doping ist ein dunkles Kapitel, das Teile des Spitzensportes zunehmend prägt. Der Ruf der Funktionäre und Sportpolitiker nach einem sauberen Sport erscheint vor diesem Hintergrund naiv oder zeugt von einer doppelten Moral. Das Loblied, Herr Bergner und Herr Knopek, das Sie hier gesungen haben, können wir so nicht mittragen und schon gar nicht darin einstimmen.

                              (Beifall bei der LINKEN)

Es wäre allerdings zu einfach, nur auf den Spitzensport zu schimpfen oder die Sportförderung bereits beim kleinsten Vorfall einzustellen. Wir dürfen nicht resigniert die Hände in den Schoß legen ‑ ich denke, da sind wir uns alle einig. Deshalb begrüßen wir den Gesetzentwurf der SPD als einen Beitrag zu einer längst notwendigen Diskussion.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD ‑ Zurufe von der SPD: Guter Mann! - Weiter so!)

Ob aber ‑ jetzt geht es los ‑ mit der von Ihnen geforderten strafrechtlichen Verfolgung von Eigendopingdelikten das Ei des Kolumbus gefunden ist, ist fraglich. Daran kann man durchaus zweifeln.

                   (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Mehr Strafjustiz muss nicht automatisch einen sauberen Sport nach sich ziehen.

Wenn von Veranstaltern, Medien, Wissenschaftlern und Verbandsfunktionären ethische Fragen geopfert werden, um maximalen Profit und sensationelle Ergebnisse zu erzielen, dann läuft etwas grundlegend falsch. Die Sportler sind dann nämlich nur noch Mittel zum Zweck. Auf deren Rücken und zu Lasten ihrer Gesundheit werden Geschäfte gemacht.

Wir müssen uns also darum kümmern, den Sportlerinnen und Sportlern ihre Zukunfts- und Versagensängste zu nehmen, um damit dem Doping den Boden zu entziehen. Mehr Prävention, weniger Bestrafung!

          (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Hier sehe ich auch unsere Verantwortung als Sportpolitiker. Nach wie vor ist die „Duale Karriere“ ‑ das heißt, die berufliche Perspektive nach der sportlichen Laufbahn ‑ keine Selbstverständlichkeit. Die Absicherung der Sportlerinnen und Sportler für die Zeit nach der Laufbahn kann auch betrügerischem Handeln vorbeugen.

Wir haben uns deshalb auch mit Experten getroffen und Für und Wider abgewogen. Unser Diskussionsprozess ‑ das gebe ich offen zu ‑ ist da noch nicht abgeschlossen. Wir werden ihn fortsetzen, bis wir ein tragfähiges Ergebnis haben.

Der SPD-Entwurf ist ein Anfang, mehr leider nicht. Bereits mit der Bestimmung des geschützten Rechtsgutes tun Sie sich schwer. Das könnte zum Beispiel der wirtschaftliche Schaden sein, der durch Betrug mit Doping entsteht. Allerdings sind es auch die Sportlerinnen und Sportler selbst, es sind die Veranstalter und die Manager, die immer neue Höchstleistungen fordern und davon letztlich auch profitieren.

Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen jedenfalls, dass der Sport allein mit dem Antidopingkampf überfordert ist. Gerade der Deutsche Olympische Sportbund müsste sich konstruktiver in die Debatte um einen Straftatbestand „Betrug durch Doping“ einbringen.

                 (Beifall bei der LINKEN und der SPD ‑ Zuruf von der SPD: Richtig!)

Die obersten Sportfunktionäre pochen aber, Kolleginnen und Kollegen, auf die Autonomie des Sports. Sie verkennen dabei, dass der Leistungssport an Anerkennung verliert, wenn er von einer Dopingaffäre zur nächsten schlingert. Die Linke wird weiter aktiv nach Lösungen suchen. Der SPD-Entwurf ist leider noch keine.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das war meine letzte Rede in dieser Legislatur. Ich möchte darum ‑wie viele Vorredner auch ‑ die Gelegenheit nutzen und mich für die freundliche Zusammenarbeit im Sportausschuss, aber auch insgesamt bedanken. Lassen Sie uns die Sommerpause nutzen, um über Antworten nachzudenken, die wir dann vielleicht gemeinsam am Beginn der 18. Wahlperiode in Gesetzesform gießen können, um den Kampf gegen das Doping fortzusetzen. Ich freue mich auf einen Sportausschuss, der sich der brennenden Probleme des Sports ‑ und davon gibt es eine ganze Reihe ‑ lösungsorientierter annimmt, als es in dieser Legislatur der Fall war ‑ im Sinne unserer Sportlerinnen und Sportler.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

       (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)