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Lorenz Gösta Beutin: Mehr Energiewende ist möglich!

Rede von Lorenz Gösta Beutin,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Es ist jede Woche wieder das Gleiche: Aus der rechtsradikalen Ecke wird uns vor einer Energiewende Angst gemacht, und es werden uns Fake News präsentiert. Ich will das an einem Beispiel auseinandernehmen.

Eben wurde behauptet, für die Windkraft würden viel mehr Wälder gerodet als für die Kohle und das sei alles so schlimm.

(Jürgen Braun [AfD]: Das ist ganz einfach nachzurechnen! Das stimmt!)

Ich darf Ihnen an dieser Stelle ein paar Zahlen nennen. Leider liegt mir das nur für Nordrhein-Westfalen vor.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Davon hat er gar nicht geredet!)

Für Brandenburg habe ich keine konkreten Zahlen.

Ich nenne die Zahlen einfach mal: In Nordrhein-Westfalen sind für Windkraftanlagen im Nutzwald – ich betone: Nutzwald – 18,5 Hektar Wald gerodet worden. Im Hambacher Forst sind für die Kohleverstromung 3 500 Hektar teilweise tausend Jahre alten Waldes gerodet worden. Das ist der zentrale Unterschied, und das macht die Lügen aus, die Sie hier verbreiten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Jürgen Braun [AfD]: Das gilt für ganz Deutschland! Das sind Fake News!)

Dann wird uns hier Angst gemacht, was das alles kosten wird. Ich habe schon in meiner Rede gestern darauf hingewiesen, wo die Chancen dieser Energiewende liegen und wo die Chancen liegen, wenn wir echten Klimaschutz machen.

(Zuruf von der AfD: Das war ja auch schon Quatsch!)

Ich darf Ihnen das noch einmal sagen: Denken Sie an die Gesundheitskosten! Denken Sie an die Kosten für Versicherungen gegen Extremwetterverhältnisse auch für die normale Bevölkerung! Denken Sie an die Landwirtschaft! Denken Sie an die Problematik von Hochwasser und Unwettern! Denken Sie auch an die Arbeitsplätze! Wir haben mittlerweile über 350 000 Arbeitsplätze in den erneuerbaren Energien. Die gefährden Sie an dieser Stelle.

(Beifall bei der LINKEN – Karsten Hilse [AfD]: Die Arbeitsplätze sind Ihnen egal!)

Für die Autofanatiker vielleicht noch eine kurze Bemerkung: Es geht auch um die Beschäftigten in der Autoindustrie. Denn wenn wir es nicht schaffen, im Verkehrssektor auf emissionsfreie Antriebe umzurüsten

(Zuruf von der AfD: Weil Sie Porschefahrer in der Fraktion haben!)

und unsere Autoindustrie zukunftsfest zu machen, dann sind hier Arbeitsplätze gefährdet. Genau das ist die Problematik.

(Beifall bei der LINKEN)

Noch ein Wort an die Kolleginnen und Kollegen von FDP und CDU/CSU:

(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zum Antrag!)

Herr Koeppen versucht es mit genau dieser Angstmache. Er redet über den Unmut der Bürgerinnen und Bürger und über eine Dunkelflaute. Das steht hier gar nicht zur Debatte, wenn es um das Energiesammelgesetz geht. Es geht darum, mit einem Ausbau zu beheben, was Sie in den letzten Jahren verbockt haben. Es geht nicht darum, die gesamte Energiewende abzuhandeln. Was Sie machen, ist Angstmache.

(Beifall bei der LINKEN – Jürgen Braun [AfD]: Da kennen Sie sich ja aus, mit Angstmache!)

Von der FDP haben wir gestern im Zusammenhang mit EEG und nationalen Gesetzen gehört, es sei totalitär, solche Gesetze zu machen. Wer gegen Marktwirtschaft ist, ist totalitär? Nein, ich darf Ihnen dazu sagen: Selbst die Einhegung von Marktwirtschaft, die soziale Marktwirtschaft, geht Ihnen zu weit. Sie legen hier die Axt an die Grundfesten unserer Demokratie. Das ist das Problem.

(Beifall bei der LINKEN – Jens Koeppen [CDU/CSU]: Da redet der Blinde von der Farbe!)

Wenn hier gesagt wird, es sei nationalistisch, voranzugehen, bzw. wenn Deutschland die Energiewende macht, sei das nationalistisch, dann ist das absurd. Wir haben in Deutschland auch die Verantwortung, bei dieser Energiewende Vorbild zu sein. Das ist unsere Aufgabe. Wir haben die Chance dazu, und die müssen wir nutzen.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dieter Janecek [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen von FDP und CDU/CSU: Hören Sie auf damit! Kehren Sie um! Orientieren Sie sich nicht an den rechten Angstmachern, sondern kehren Sie auf den Pfad der Vernunft zurück!

(Beifall bei der LINKEN)

Manche sagen, das sei doch alles gar nicht möglich. Schauen Sie einfach mal nach Dänemark! In Dänemark ist jede Kommune verpflichtet, einen Plan für Wärmeversorgung vorzulegen und ihn dann auch umzusetzen. Bei der Umsetzung werden die Kommunen vom Staat unterstützt. In Dänemark gibt es Nahwärmenetze; sie sind nicht privat, sondern in öffentlicher Hand. Sie sind in der Hand von Kommunen und Genossenschaften. Es ist per Gesetz verboten, mit diesen Nahwärmenetzen Profit zu machen. Das bedeutet: Wenn die Nahwärmenetze Gewinn erwirtschaften, dann wird dieser Gewinn im nächsten Jahr über die Strompreise ausgeschüttet und kommt den Bürgerinnen und Bürgern in Dänemark zugute. Das ist demokratisch.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich habe es eben nachgelesen: Aktuell beträgt der Anteil der erneuerbaren Energien in Dänemark 76 Prozent. Bis 2030 sind 90 Prozent geplant. Bis 2035 ist für das gesamte Wärmenetz – Fernwärme und Nahwärme – ein Anteil von 100 Prozent an erneuerbaren Energien geplant. Das ist möglich, wenn man es politisch will, und das ist die Frage, über die wir diskutieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich darf Ihnen vielleicht auch etwas verraten: Über Bürgerinnen- und Bürgerenergie wird bei Ihnen kaum noch geredet, aber in Dänemark beträgt ihr Anteil 80 Prozent. Das heißt, die Bevölkerung ist dort im Besitz der Energiewende; sie ist beteiligt an der Art und Weise, wie Strom produziert wird. Das fördert die Identifikation. Wir brauchen genossenschaftliche und kommunale Modelle.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Klaus Mindrup [SPD])

Wir müssen die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen, wenn es um Akzeptanz für die Energiewende geht.

Deswegen sage ich: Wir brauchen eine demokratische, dezentrale und sozial gerechte Energiewende. Wir brauchen aber keine Angstmacherei und kein Kuschen vor den Konzernen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Martin Neumann [FDP]: Das ist es! Jetzt haben wir es verstanden!)