Zum Hauptinhalt springen

Lorenz Gösta Beutin: Geldregen für Kohlekonzerne

Rede von Lorenz Gösta Beutin,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss doch klar sein, dass diese Bundesregierung zu wenig beim Klimaschutz tut, dass mehr Ambition notwendig ist. Die Bundesregierung hat das ein Stück weit auch eingesehen. Die Bundesregierung sagt: Wir wollen das Klimaziel erhöhen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, das reicht doch nicht. Es reicht doch nicht, die Ziele höher zu setzen, sondern wir brauchen entschiedene Maßnahmen beim Klimaschutz.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir darüber reden, dann geht es auch um die Frage des Kohleausstiegs. Beim Kohleausstieg sagen Sie: Sie wollen das erst 2038 machen, obwohl alle wissenschaftlichen Studien Ihnen sagen, 2038 ist zu spät, wenn Sie das Pariser Klimaabkommen einhalten wollen. Das heißt, wir brauchen den Kohleausstieg spätestens 2030, und das ist möglich, wenn wir den Bereich der erneuerbaren Energien entschieden ankurbeln.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber was machen Sie stattdessen? Sie werfen jetzt den Kohlekonzernen 4,4 Milliarden Euro hinterher, und das ohne große Not und – das ist das Irre; das haben wir ja eben gehört – ohne eine wirkliche Berechnungsgrundlage, das heißt, auf Basis einer ziemlichen Willkürlichkeit, die Ihnen gerichtlich schnell wieder aus der Hand geschlagen werden kann. Der Kollege Neumann hat hier eben richtig analysiert, was da für ein Rattenschwanz dranhängen kann. Gehen Sie doch nicht so fahrlässig mit den Steuergeldern der Bürgerinnen und Bürger um!

(Beifall bei der LINKEN)

Sie begründen das mit der Frage eines sogenannten Rechtsfriedens. Ganz ehrlich, zum einen frage ich mich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Wie müsste denn ein Rechtsfrieden aussehen? Rechtsfrieden würde man doch erreichen, wenn man jetzt endlich das tut, was notwendig ist, um die Lebensgrundlagen unserer zukünftigen Generationen zu erhalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Die andere Frage ist – und da gibt es offensichtlich eine Diskrepanz zwischen Herrn Jurk und Herrn Bareiß; ich habe Ihre Aussagen jedenfalls so verstanden, dass Sie da sehr unterschiedlicher Meinung sind –: Wofür sollen denn diese Entschädigungen eingesetzt werden? Die Problematik ist: Gesetzlich festgelegt sind tatsächlich Rückstellungen für Tagebaufolgekosten, das heißt, die sind bereits gesetzlich festgelegt. Auf der anderen Seite sagen Sie von der SPD jetzt aber: Das soll dann auch noch für die Tagebaufolgekosten aufgewendet werden. 4,4 Milliarden Euro für weitere Tagebaufolgekosten, obwohl das eigentlich schon gesetzlich geregelt ist? Ja, wo sollen denn jetzt plötzlich diese ganzen Schäden herkommen? Die sind doch bereits gesetzlich abgedeckt. Was Sie da machen, ist einfach vollkommen unhaltbar. Sie schmeißen den Konzernen ohne Not Milliarden hinterher. Kehren Sie um! So wird das nichts!

(Beifall bei der LINKEN – Thomas Jurk [SPD]: Das kriegen die Länder!)

– Sie sagen: „Das kriegen die Länder“; aber das ist vollkommen falsch. Das Geld kriegen die Konzerne, und das ist das Problem. Wissen Sie, wer die LEAG beispielsweise in der Hand hat? Das sind tschechische Finanzspekulanten. Das sind doch nicht irgendwelche Leute, die sagen: Wir sind gutwillig, wir wollen unseren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit diesen Milliarden etwas Gutes tun. – Darum geht es doch nicht. Nein, was wir machen müssten, ist Folgendes: Wir müssten dieses Geld in den Strukturwandel investieren, um die Beschäftigung in diesen Regionen zu erhalten, indem wir die Menschen weiterqualifizieren, indem wir gute neue Arbeitsplätze in Zukunftsbranchen schaffen, im Bereich erneuerbare Energien, im Bereich Batterietechnologie und in anderen Branchen. Das bedeutet, sich um Beschäftigung zu kümmern, und nicht das, was Sie hier praktizieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Die große Gefahr bei diesen Milliarden ist, dass sie zu einer Art Überlebensgarantie werden. Das heißt, das wird so eine Art Laufzeitverlängerung, wie wir sie auch schon beim Atomausstieg erlebt haben. Beim Atomausstieg haben Sie schon erlebt, wie schief man mit diesem Rechtsfrieden liegen kann. Ganz ehrlich, ich will ein solches Desaster wie beim Atomausstieg nicht noch mal erleben. Das können wir uns beim Kohleausstieg nicht noch mal leisten.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Also, stecken Sie das Geld in gute Beschäftigung. Stecken Sie das Geld in zivilgesellschaftliche Projekte in den Regionen, in die Förderung von Schulen, in die Förderung von Kitas, in die Förderung von Kultur- und Demokratieprojekten. Aber schmeißen Sie es nicht den Konzernen hinterher.

(Beifall bei der LINKEN)

Schauen wir uns das Ganze noch mal an: Was könnte man mit dem Geld noch machen? Ich kann es Ihnen einfach sagen: Bauen wir den Bereich der Photovoltaik aus, packen wir Photovoltaikanlagen auf jedes öffentliche Gebäude; mit dem Geld könnte man 200 000 Gebäude mit Solaranlagen vollpacken. Oder investieren wir in Wärmepumpen; 150 000 Wärmepumpen könnten Sie mit dem Geld finanzieren. Oder machen wir ein Programm für energetische Sanierung; packen wir die 4,4 Milliarden Euro da rein, damit man endlich bezahlbares Wohnen und energetische Sanierung zusammenbringt und Menschen nicht mehr rausgeschmissen werden. So wird da ein Schuh draus! Schmeißen Sie das Geld nicht den Konzernen hinterher. Nutzen Sie es für wirksamen Klimaschutz. Nutzen Sie es für gute Beschäftigung. Nutzen Sie es für die Zukunft in den Kohleregionen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)