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Lorenz Gösta Beutin: #FridaysForFuture legt den Finger in die Wunde

Rede von Lorenz Gösta Beutin,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Liebe Schülerinnen und Schüler! Die Klimaänderungen sind eine der größten Gefahren für die Menschheit. Der erforderliche Strukturwandel muss jetzt beginnen. – Sie meinen, diese Aussage stammt von den heutigen Demos von Fridays for Future? Oder meinen Sie, das stammt von dem, was wir als Linke und als Grüne selbstverständlich auch hier im Bundestag Woche für Woche erzählen? Nein, weit gefehlt! Das stammt aus dem Jahr 1987, aus einem Appell deutscher Meteorologinnen und deutscher Physikerinnen. Man konnte es schon damals tun, aber man hat bis heute nicht ausreichend gehandelt; das ist das Problem.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

In fast allen Staaten weltweit haben wir heute Demos von Fridays for Future erlebt. Wir haben heute Hunderttausende, vielleicht Millionen von jungen Menschen erlebt, die voll Mut, voll Entschiedenheit auf die Straßen gegangen sind. Und sie haben genau das gesagt, was die Wissenschaftlerinnen schon 1987 eingefordert haben: Es muss jetzt gehandelt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Zusammen mit vielen Kolleginnen und Kollegen war ich heute in Berlin beim Klimastreik dabei. Ich muss Ihnen sagen: Ich hatte tatsächlich Gänsehaut und sicher viele, die mit mir dort an der Stelle standen, auch,

(Stefan Keuter [AfD]: Sie sollen hier sitzen!)

Gänsehaut wegen der Kreativität und der Entschiedenheit, mit der dort eingefordert wird, unsere Lebensgrundlagen und die der kommenden Generationen zu erhalten. Das ist es, worum es hier geht. Herr Köhler und Frau Karliczek, ich hätte mich sehr gefreut, Sie vielleicht auch dort zu sehen.

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Oder hier!)

Vielleicht kommen wir ja in eine Situation, wo der Druck so groß ist, dass selbst Sie gezwungen sind, sich dorthin zu bewegen und dort das Gespräch zu suchen. Das wäre doch mal eine spannende Sache.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Wir haben das Gespräch geführt!)

Ich stelle den Kolleginnen und Kollegen von Union und FDP einfach mal die Frage: Woran hapert es denn? Das fehlende Wissen kann es nicht sein. Wir wissen spätestens seit 30 Jahren, wie schlimm es steht und was wir tun müssten. Das ist nicht das Problem. Wo liegt also das Problem? Statt die Schülerinnen und Schüler aus vollem Herzen zu unterstützen, erleben wir hier gleich zu Beginn dieser Aktuellen Stunde ein Gepöbel aus den Reihen von Union, FDP und AfD. Das ist erbärmlich, und ich hoffe, das erleben wir hier an dieser Stelle nicht noch einmal.

(Beifall bei der LINKEN)

Es wurde ja immer wieder gesagt, die Jugend sei so unpolitisch und sie würde nur bei Netflix hängen oder an ihren Smartphones. Seit letztem Jahr erleben wir das Gegenteil. Seit letztem Jahr erleben wir bei „Wir sind mehr“, wie junge Menschen gegen Nazis auf die Straße gehen. Seit letztem Jahr erleben wir bei „Hambi bleibt!“, bei „Ende Gelände“, wie junge Menschen für den Kohleausstieg, für den Erhalt des Hambacher Forstes auf die Straße gehen.

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Holzhütten und Bäume besetzen!)

Und bei der „Seebrücke“ erleben wir, wie junge Menschen gegen Rassisten, gegen den Tod im Mittelmeer und für sichere Häfen auf die Straße gehen. Das ist die Zukunft.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Rainer Kraft [AfD]: Für Messermörder!)

Worum es hier geht, ist nicht die Schulpflicht oder etwas Ähnliches. Es geht hier um lebendige, gelebte Demokratie. Ein Lehrer, Egon Goldschmidt aus Bingen, hat mir zum Thema „Lebensnahes und nachhaltiges Lernen“ geschrieben. Was lernen denn die streikenden Schülerinnen? Sie lernen organisieren, mobilisieren, diskutieren, sich vernetzen, sinnvolle Verknüpfung untereinander, internationalen Austausch, Pressearbeit, Umgang mit Medien, kreatives Gestalten, Reden schreiben, Ansprachen halten. Was wir hier erleben, ist Demokratie.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union und von der FDP, nehmen Sie sich ein Beispiel an den Schülerinnen und Schülern. Nehmen Sie sich ein Beispiel an den Profis, an den Wissenschaftlerinnen, und machen Sie endlich Ihre Hausaufgaben.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Lukas Köhler [FDP]: Machen wir doch!)

Und an die Rechtsradikalen, an die Rassistinnen und Rassisten hier im Hohen Hause richte ich mal die Frage:

(Zurufe von der AfD)

Was könnten wir denn tatsächlich verlieren, wenn wir wirksam Klimaschutz betreiben? Wir würden in einer gesünderen Umwelt leben. Wir würden eine Verkehrswende bekommen, die die Städte sauberer macht, die den Strom sauberer macht. Wir würden regionale und nachhaltige Lebensmittel bekommen. Wir würden bewusst leben, produzieren, wirtschaften und konsumieren. Aber das wollen Sie ja gar nicht. Sie wollen den Hass und die Angst; denn davon leben Sie.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Den Hass streuen Sie gerade!)

Wir, die wir hier stehen bzw. sitzen, sind aufgefordert, uns zu entscheiden: Stehen wir an der Seite der Ewiggestrigen, oder stehen wir an der Seite der Zukunft, stehen wir an der Seite von Fridays for Future?

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der AfD)

Viele hier im Hause haben sich entschieden. Wir werden gemeinsam diesen Weg gehen für einen raschen Kohleausstieg,

(Petr Bystron [AfD]: Immer rückwärts!)

für eine Verkehrswende, für eine faire Handelspolitik, für Gerechtigkeit für den globalen Süden. Wir gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern können die Politik verändern. Fangen wir endlich damit an.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Hassrede!)