Klaus Ernst (DIE LINKE):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Nachdem man den Eindruck hat, dass es in diesem Hause nur noch Befürworter eines gesetzlichen Mindestlohnes gibt, weil inzwischen alle konsequent bei uns abschreiben leider nicht immer richtig,
(Lachen des Abg. Dr. Michael Meister (CDU/CSU))
haben wir das zum Anlass genommen, uns mit der einen oder anderen Aussage von Ihnen zu beschäftigen.
Michael Grosse-Brömer, Ihr Parlamentarischer Geschäftsführer, sagte im Spiegel am 18. Februar - Zitat:
"Wir werden als Union noch einmal einen Versuch unternehmen, noch einmal einen Versuch unternehmen die FDP für einen tariflich vereinbarten Mindestlohn zu gewinnen."
Sehr löblich! Der CDU-Fraktionsvorsitzende in NRW, Karl-Josef Laumann sagt:
"Wir brauchen einen robusten Mindestlohn. Der künftige Mindestlohn muss prägende Wirkung haben, sonst können wir es gleich sein lassen."
Das sollten Sie sich hinter die Ohren schreiben.
"Wir können nicht Hunderte Ausnahmen gebrauchen, sondern streben eine einheitliche und verbindliche Lohnuntergrenze an, bei der die Kommission der Tarifpartner in wenigen begründeten Fällen differenzieren kann."
Selbst Brüderle kann sich jetzt vorstellen, dass sich bei den Liberalen etwas tut, und auch Philipp Rösler spricht von fairen Löhnen, was sehr löblich ist. Frau Kramp-Karrenbauer im Saarland will einer Initiative des Bundesrates zur Einführung gesetzlicher Mindestlöhne zustimmen. Gegenüber der Welt betont Frau Hasselfeldt, mit der FDP laufend das finde ich bemerkenswert über das Thema zu reden. Sie tun auch gut daran; denn laut einer Erhebung sind inzwischen 66 Prozent der Unionsanhänger für einen gesetzlichen Mindestlohn. Sie müssen Ihren Wählern etwas hinterherlaufen, um sie noch einholen zu können.
(Beifall bei der LINKEN)
Die entscheidende Frage ist: Meinen Sie es mit Ihrer Forderung nach einem Mindestlohn eigentlich ernst? Denn Ihr Vorschlag, dass nur in den Bereichen eine Lohnuntergrenze festgelegt werden soll, in denen es keine Tarifverträge gibt, geht vollkommen am Thema vorbei; die sogenannte allgemein verbindliche Lohnuntergrenze ist kein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn. Im Fleischerhandwerk in Thüringen wird ein Stundenlohn von 6,19 Euro gezahlt, im Friseurhandwerk in Berlin sind es 4,65 Euro, in der Floristik in Brandenburg sind es 5,26 Euro, im Hotel- und Gaststättengewerbe das die FDP so gerne fördert in Mecklenburg-Vorpommern werden 6,73 Euro gezahlt, und die Garten- und Landschaftsbauern erhalten 6,25 Euro. All das sind tarifliche Löhne. Mit Ihrer Position würden diese Löhne bleiben, wie sie sind. Das ist Folge Ihrer Lohnuntergrenze.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Anton Schaaf (SPD))
Ich sage Ihnen in aller Klarheit: Das, was Sie vorschlagen, brauchen die Menschen in unserem Land nicht. Wird Ihr Vorschlag umgesetzt, dann bleibt es dabei: 23,1 Prozent verdienen unter 9,15 Euro pro Stunde, 4 Millionen Beschäftigte verdienen weniger als 7 Euro und 1,4 Millionen sogar weniger als 5 Euro. Das ist der Zustand, den Sie ändern müssten; aber das tun Sie nicht. Deshalb sind Sie für diese Löhne mit verantwortlich.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Iris Gleicke (SPD))
Momentan ist die Zeit der Plagiate. Deshalb noch ein Wort zu Herrn Steinbrück. Ich habe ein Zitat aus der Tagesschau vom 24. Februar zur Kenntnis genommen. Dort sagt Herr Steinbrück:
Wir sind das Original mit einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, und die anderen werden fummelig und eifern uns nach, weil sie merken: Da passiert was.
(Iris Gleicke (SPD): Ich habe schon „Mindestlohn“ gesagt, da
haben Sie als Gewerkschafter noch dagegen gestänkert!)
Meine Damen und Herren von der SPD,
(Iris Gleicke (SPD): Wir sind das Original!)
Sie haben in der letzten Legislaturperiode dagegen gestimmt. Unsere Forderung stand da schon längst auf der Tagesordnung.
(Iris Gleicke (SPD): Erzählen Sie doch nicht so einen Unsinn, Herr Ernst!)
Da könnt ihr brüllen wie ihr wollt.
(Iris Gleicke (SPD): Ja, ja!)
Im Spiegel vom 1. April 2006 heißt es Zitat:
"In der Öffentlichkeit hält er sich noch bedeckt."
- Ihr Spitzenkandidat -
Hinter den Kulissen jedoch kämpft Bundesfinanzminister Peer Steinbrück mit großer Energie gegen die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns.
Das ist die Wahrheit.
Wir brauchen keinen Mindestlohn von 8,50 Euro, sondern einen Mindestlohn von mindestens 10 Euro.
(Beifall bei der LINKEN Georg Schirmbeck (CDU/CSU): 10,50 Euro!)
Ich kann Ihnen auch sagen, warum. Das hat einen einfachen Grund den kennen Sie genau so gut wie wir : Jeder Lohn von unter 10 Euro die Stunde führt dazu, dass der Mensch, der diesen Lohn sein Leben lang erhält und nie arbeitslos wird , als Rentner eine Rente bezieht, die unterhalb der Grundsicherung im Alter liegt. Das heißt, jeder Lohn unter 10 Euro in der Stunde führt im Ergebnis dazu, dass Sie die Menschen arm machen, wenn sie in Rente gehen. Das müssen Sie schon alleine machen; das geht nicht mit den Linken.
(Beifall bei der LINKEN)