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Lkw-Maut auf allen Bundesstraßen statt Pegida-Maut!

Rede von Herbert Behrens,

Herbert Behrens (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute das zweite Mal über die Maut, aber die Debattenzeiten stehen in einem ausgesprochenen Missverhältnis. Heute Morgen haben wir 90 Minuten über eine Summe von möglicherweise 500 Millionen Euro ‑ oder auch nicht ‑ geredet, und heute Abend reden wir über zusätzliche Einnahmen von 350 Millionen Euro. Ich denke, dies ist die angemessenere Debatte.

Was die Gerechtigkeit betrifft, die heute Morgen in der Rede von Herrn Dobrindt eine Rolle spielte, müssen wir heute Abend nacharbeiten. Ich glaube, Gerechtigkeit wird dadurch hergestellt, dass wir eine Schlechterstellung verhindern. Bei der Pkw-Maut geht es um die Schlechterstellung von Autos anderer europäischer Staaten, die wir verhindern müssen.

Wir müssen uns auch fragen, wie wir mit den entsprechenden Notwendigkeiten umgehen. Wir haben heute Morgen über die Begriffe Nutzerfinanzierung und Verursacherprinzip gesprochen. Ich habe angemerkt, dass wir mit diesen Begriffen falsch umgegangen sind. Nutzerfinanzierung heißt: Jeder hat zu zahlen, wenn er eine bestimmte Leistung in Anspruch nimmt oder eine bestimmte Straße nutzt. Das sagt aber noch nichts darüber aus, ob das System gerecht ist. Ja, das Verursacherprinzip ist das gerechtere System, weil die Kosten demjenigen angelastet werden, der sie verursacht. Das heißt, wenn ich eine bestimmte Struktur in Anspruch nehme, dann zahle ich dafür, sei es direkt über die Maut, sei es über Steuern.

Das Verursacherprinzip bedeutet, dass diejenigen zahlen, die für Schäden an der Infrastruktur und an der Umwelt verantwortlich gemacht werden können. Der Anteil der Pkw-Fahrerinnen und -Fahrer an diesen Schäden ist weit geringer als der Anteil der Lkw-Fahrer im Straßengüterverkehr.

Die Linke will das Verursacherprinzip stärken. Dazu stehen wir.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir wollen auch erreichen, dass der Güterverkehr auf weniger umwelt- und infrastrukturzerstörende Verkehrsträger wie Schiff und Bahn verteilt wird. Und wir begrüßen es, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, über den wir hier diskutieren, der Einstieg in die Ausweitung der Lkw-Maut vorgenommen wird.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dieser Gesetzentwurf hat in seiner jetzigen Form allerdings Macken. Bislang gibt es zwei unterschiedliche Gebühren: für Lkws mit bis zu drei Achsen und für Lkws mit mehr als vier Achsen. Mit der Neueinteilung der Achsklassen in vier Gruppen kann bei den Spediteuren der Anreiz entstehen, beispielsweise zu überlegen, ob es nicht günstiger ist, mit einem Vierachser unterwegs zu sein als mit einem Fünfachser, weil die Tonnage dann mit 2 Cent weniger pro Kilometer transportiert werden kann. Der Bundesrat hat die Bundesregierung deshalb aufgefordert, dies noch einmal genau zu prüfen. Die Bundesregierung sagt, dass sie im Weiteren die Anregung des Bundesrates prüfen wird; so heißt es in ihrer Stellungnahme. Ich würde schon gern wissen, wann und wie denn geprüft werden soll, Frau Staatssekretärin. In einem Monat soll der Gesetzentwurf bereits verabschiedet werden. Es ist notwendig, glaube ich, dass wir sowohl in der Anhörung als auch im Ausschuss die Ergebnisse dieser Überprüfung erfahren.

Aber ich meine, die eigentliche Musik, Kolleginnen und Kollegen, spielt bei der Ausweitung der Maut auf alle Bundesstraßen, nicht bei der Ausländermaut. Das hier vorliegende dritte Lkw-Maut-Gesetz bringt - so die Berechnung des Verkehrsministers - pro Jahr knapp 350 Millionen Euro ein. Die Ausländermaut soll angeblich 500 Millionen Euro bringen. Wahrscheinlich kommt dabei aber gerade einmal eine schwarze Null heraus. Die Maut auf allen Bundesstraßen hingegen bringt 2 Milliarden Euro jährlich mehr. Darum ist diesem Gesetz viel größere Aufmerksamkeit und viel größere Sorgfalt zu widmen als dem anderen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der Verkehrsminister aber setzt diese Einnahmen aufs Spiel. Er will Toll Collect die Vorbereitungen für diese Ausweitung der Maut direkt zuschanzen. Das ist rechtlich hochproblematisch. Wenn Konkurrenten gegen diese Entscheidung klagen, dann wird es wesentlich später als Mitte 2018. Jeder Monat ohne Maut wird richtig teuer.

Letzter Satz. Günstiger und besser wäre es gewesen, die sogenannte Call Option zu ziehen, das heißt, den Mautbetreiber Toll Collect in staatliche Hand zu übernehmen. An dieser Bundesstraßenmaut wird sich der Verkehrsminister messen lassen müssen. Scheitert die Ausweitung auf alle Bundesstraßen oder verzögert sie sich, dann ist auch der Minister gescheitert.

(Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der ist doch jetzt schon gescheitert! - Alexander Ulrich (DIE LINKE): Tauschen wir den Minister doch gleich aus!)

Dann hat er einen Milliardenschaden hinterlassen. Das ist nicht gut für die Infrastruktur. Darum ist es notwendig, mehr Sorgfalt, mehr Zeit und mehr Gewissenhaftigkeit auf diesen Punkt zu verwenden.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN)