Rede im Bundestag am 14.03.2013 zu TOP 3b)Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze> Drucksache 17/12638
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Heute geht es um den Entwurf eines Zweiten Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze. Der Name ist sperrig, und dahinter stecken knallharte Profitinteressen. Wie erkläre ich Ihnen, was ich meine?
Wie würde das bei Dagobert Duck sein? Nehmen wir an, Dagobert besitzt Grundstücke. Eines liegt 80 Kilometer in der Prärie, und zum zweiten führt nur ein Pfad. Da gerade Steinmangel herrscht, will Dagobert mit Steinbrüchen „Schotter“ machen. Von den Steinbrüchen auf seinem Land müssen die Steine über neue Straßen transportiert werden. Also verlangt Duck vom Minister Zaster für den Straßenbau. Der Minister gehorcht, plant Straßen, den Zaster holt er sich von den Bewohnern Entenhausens. Damit Dagobert stets Steine mit Profit verkaufen kann, bestimmt der Minister, dass alle Bürger auch noch Lkws und Sprit bezahlen. Alle? Nein, die Freunde des Ministers bekommen zwar viele Steine, aber für Straßen und Lkws bezahlen sie nicht.
Haben Sie es verstanden? Ich kläre Sie auf: Dagobert Duck steht für die
Energiekonzerne, die Steine sind der Strom. Die Steinbrüche sind Offshore-Windparks und Kraftwerke. Straßen sind Stromleitungen. Die Einwohner von Entenhausen sind wir Stromkunden, die Ministerfreunde sind die Energiekonzerne bzw. energieintensiven Unternehmen. Herr Rösler, haben Sie sich erkannt? Ich habe Ihnen diesen Comic erzählt, weil es genau so läuft.
Sinngemäß steht im Entwurf: „Standorte für konventionelle Kraftwerke“ und EEG-Anlagen „werden in der Regel unabhängig“ vom vorhandenen Stromnetz „ausgewählt“. „Gegenwärtig sind eine Vielzahl konventioneller Kraftwerke … im Bau bzw. in der Planung, die nicht zwingend in der Nähe der Verbrauchszentren einspeisen werden.“ Das heißt, es braucht mehr Stromtrassen. Die Folge sind steigende Strompreise für die Stromkunden.
Klartext: Die 380-kV-Leitungen werden nicht nur für Windräder, sondern auch für neue Kohlekraftwerke wie die von Vattenfall in Jänschwalde und von der MIBRAG in Profen gebaut. Die bestehenden Stromleitungen können dann den gesamten Kohle- und Windstrom nicht mehr nach Süden transportieren. Deshalb sagt man den Thüringerinnen und Thüringern: Ihr wollt doch die Energiewende, und Bayern braucht den Windstrom aus dem Norden, also akzeptiert Leitungen.
Entschuldigung, aber der Kohlestrom aus Jänschwalde und Profen soll auch über diese Leitung fließen. Die Thüringerinnen und Thüringer zahlen 7,1 Cent Netzentgelt je Kilowattstunde. In Bayern zahlt man nur 5 Cent. Warum? Ein Kraftwerk speist im Norden 1 Million Kilowattstunden ins Netz. Genau für diese Strommenge wird gezahlt - logisch. Durch Netzverluste, 3 Prozent auf 100 Kilometer, kommen in Bayern nur 850 000 Kilowattstunden an. Nur für diese Strommenge wird von den Bayern gezahlt - logisch. Die 150 000 Kilowattstunden Transportverlust bezahlt der Netzbetreiber - logisch. Er legt dies auf uns Thüringer um, weil das Netz durch Thüringen geht - logisch.
Logisch? Wir verdienen nichts am Strom, unsere Landschaft wird verbaut, und wir müssen dafür noch zahlen. Das ist ungerecht.
Deshalb fordert die Linke einheitliche Netzentgelte für ganz Deutschland. Das wäre logisch.Nach unserem Konzept beginnt die Energiewende mit einem Bedarfsplan für den Stromverbrauch. Danach erfolgt eine zwischen Bund und Ländern abgestimmte Planung zur größtenteils regionalen Stromerzeugung und Speicherung. Erst dann erfolgt eine Netzbedarfsplanung.
Warum folgt die Regierung nicht dieser einfachen Logik, sondern schaut nur auf den Netzausbau? Es geht um viel Geld. 10 Milliarden Euro kostet der Netzausbau nach dem vorliegenden Regierungsplan. Verdienen werden Baufirmen, Projektanten und die Investoren, die die Netze ausbauen lassen. Sagenhafte 9 Prozent Rendite gibt es für die investierten 10 Milliarden Euro. 900 Millionen Euro müssen Bürgerinnen und Bürger, kleine und mittelständische Unternehmen Jahr für Jahr nur für die Renditegarantie abdrücken. Diese Unverschämtheit lehnt die Linke ab.
Es gibt einen Weg, diese Abzocke zu beenden: Die Netze müssen entprivatisiert werden. Eine Vergesellschaftung der Netze zusammen mit einem Stromverbrauchsplan, dem Stromerzeugungsplan und dem dann notwendigen Netzausbauplan sichert die ökologische Energiewende mit sozialen Strompreisen, ohne uns Stromkunden zu rupfen. Füllen Sie nicht die Geldspeicher der Spekulanten, sondern folgen Sie unseren Vorschlägen!
Vielen Dank.