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LINKE wird nicht zulassen, dass Lubmin schleichend zum Endlager wird

Rede von Steffen Bockhahn,

Steffen Bockhahn in der Aktuellen Stunde "Kein Atomendlager bei Lubmin"

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Gestern Abend ist der Castortransport im Zwischenlager Nord bei Lubmin angekommen. Er hat deutlich länger gebraucht als geplant. Das ist die erste gute Nachricht, weil es deutlich gemacht hat, dass es Protest auch in Vorpommern gibt und nicht nur in anderen Teilen Deutschlands.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum ersten Mal wurde westdeutscher Atommüll in ein ostdeutsches Zwischenlager gebracht. Damit wurde ein Konsens gebrochen. Es war immer klar, dass im Zwischenlager Nord nur Müll aus dem Forschungsreaktor Rheinsberg und dem ehemaligen Kernkraftwerk „Bruno Leuschner“ eingelagert werden soll. Das war allen Beteiligten immer klar. Das war immer Konsens.

(Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU): Wir in Niedersachsen nehmen auch nur niedersächsischen Müll, ganz klar!)

Jetzt haben Sie das erste Mal westdeutschen Atommüll in das ostdeutsche Zwischenlager gebracht, das eigentlich nur für ostdeutschen Atommüll da ist.

(Michael Kauch (FDP): Sie haben immer noch die Mauer im Kopf!)

Damit verstoßen Sie gegen das, was vereinbart war, und das ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU): 20 Jahre nach der deutschen Einheit!)

Dass Union und FDP mit dem Thema sehr verantwortungslos umgehen, ist bekannt, und das sieht man auch jetzt wieder. Aber ernsthaft traurig und wütend macht mich, dass auch die Grünen und die SPD sich hier deutlich verantwortungslos verhalten haben;

(Manfred Grund (CDU/CSU): Und ihr seid moralisch hochstehend!)

denn dieser Transport geht auf das Jahr 2004 zurück. Damals hat der grüne Umweltminister Jürgen Trittin festgelegt, dass diese Transporte durchgeführt werden sollen,

(Zuruf von der FDP: Hört! Hört!)

dass dieser Müll aus Karlsruhe und von der „Otto Hahn“ in der Nähe von Greifswald im Zwischenlager Nord eingelagert werden soll.

Das hat er gegen den entschiedenen Widerstand des Landesumweltministers Wolfgang Methling von der Linken getan. Dass es dort entschiedenen Widerstand gab, dass man auf Vereinbarungen verwiesen hat, das alles hat die Bundesregierung nicht interessiert. Das wurde durchgedrückt. Das wurde durchgezogen. Das ist kein verantwortungsvoller Umgang, nicht mit dem Osten, nicht mit dem Westen; das ist insgesamt verantwortungslos.

(Beifall bei der LINKEN)

Insofern ist klar, dass die Grünen bei den Protesten in Greifswald mal eher nicht zu sehen waren.

(Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist doch Quatsch!)

Während man im Wendland in ganzer Garnisonsstärke anwesend gewesen ist, ist dort, glaube ich, nur ein Bundestagsabgeordneter der Grünen gesehen worden.

(Manfred Grund (CDU/CSU): Das muss hart angeprangert werden! Ganz ordentlich!)

Das war bei uns ein bisschen anders. Wir wissen auch, warum. Sie sind an der Stelle einfach nicht glaubwürdig. Sie sind an diesen Atomtransporten schuld. Das haben Sie zu verantworten.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben jetzt schlicht und ergreifend festzustellen, dass Schwarz-Gelb für blühende Landschaften sorgen wollte, aber rot-grün für eine strahlende Zukunft gesorgt hat. Das ist allerdings kein Erfolgsmodell, das man fortsetzen sollte.

(Beifall bei der LINKEN – Manfred Grund (CDU/CSU): Was für ein Niveau!)

Wenn Sie heute erklären, dass das alles nicht so sein dürfe, muss man klar sagen: Da sind Grüne und SPD unglaubwürdig; denn sie haben die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Schwarz-Gelb an dieser Stelle so agieren kann, wie das geschieht.

(Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Hauptsache, ihr seid glaubwürdig!)

Das muss man schlicht und ergreifend so sagen. Das sind die Fakten. Die müssen Ihnen nicht gefallen. Aber es sind die Fakten, und an denen kommen Sie nicht vorbei.
Dann muss man die Frage stellen: Warum mussten Sie den Müll überhaupt nach Lubmin transportieren lassen? Das liegt einfach daran, dass Sie keine andere Möglichkeit hatten.

(Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, genau so!)

- Ja. - Es handelt sich um Müll aus deutschen Forschungsreaktoren. Der wurde durch die Bundesrepublik Deutschland erzeugt.

(Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir haben uns gerade auch um den Rossendorf-Müll gekümmert!)

Die privaten Atomkonzerne, die von Ihnen selbstverständlich wunderbar protegiert werden ‑ auch die SPD ist an der Stelle nicht immer ganz lupenrein ‑, haben sich geweigert, diesen Müll anzunehmen. Daraufhin mussten Sie ihn in das bundeseigene Zwischenlager Nord verschicken lassen. Das heißt, Sie spekulieren sehr wohl darauf, dass immer dann, wenn Sie den Müll nicht bei den privaten Konzernen loswerden, das bundeseigene Zwischenlager Nord bei Lubmin dafür herangezogen wird. Damit sind Sie bereit, Vorpommern schleichend zum Atomklo Deutschlands zu machen. Das werden wir aber nicht mitmachen.

(Beifall bei der LINKEN - Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da haben wir aber
eine Mordsangst vor!)

Vor allen Dingen Leute aus FDP und CDU sagen immer, es sei alles Panikmache, wenn vorgebracht werde, dass es hier darum gehe, ein großes Zwischenlager oder womöglich sogar ein Endlager zu errichten. Dazu muss ich bemerken: Es liegt ja noch mehr Atommüll herum, der produziert worden ist und für den es Verpflichtungen gibt. Bei Ihrer Politik ist mir völlig klar, dass der Bestandsschutz, der bisher besteht ‑ das Zwischenlager Nord hat, in Anführungszeichen, nur acht Hallen ‑, gar nichts wert ist. Wenn Sie neue Flächen brauchen, werden Sie neue Hallen bauen lassen. Dann werden Sie eine neue Betriebsgenehmigung erteilen. Sie werden alles dafür tun, dass Sie der Atomlobby weiterhin große Geschenke machen können. Dazu brauchen Sie Lagerstätten. Die werden Sie im Zweifel auch in der Nähe von Lubmin schaffen wollen. Das wird aber auf unseren erbitterten Widerstand stoßen. Ich freue mich, dass der Protest in Vorpommern immer stärker geworden ist.

Wenn Sie 10 000 Polizistinnen und Polizisten einsetzen, um einen so kleinen Transport durchzuführen, dann ist Ihnen klar: Auch wenn es nicht die ganz große Bewegung wie im Wendland gibt, hat das, was Sie da tun, keine gesellschaftliche Mehrheit. - Das werden wir Ihnen jedes Mal aufs Neue beweisen, auch im Frühjahr wieder, wenn die nächsten Transporte rollen sollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ganz zum Schluss Folgendes: Wenn Sie sagen, es handele sich in Lubmin überhaupt nicht um ein Endlager, dann muss ich Ihnen entgegenhalten: Die Genehmigung läuft momentan bis 2039. Ich glaube nicht daran, dass Sie bis 2039 ein echtes Endlager gefunden haben werden. Was passiert dann? Dann wird die Betriebsgenehmigung verlängert, und schleichend wird das dort doch ein Endlager. Das werden wir nicht zulassen.

(Anhaltender Beifall bei der LINKEN - Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU): Das ist ja ganz großartig! - Manfred Grund (CDU/CSU): Die moralisch hochstehende Linke!)