Zu Protokoll gegebene Rede zum Antrag der Fraktion der FDP "Planungssicherheit für Landwirte und Milchwirtschaft durch definitiven Beschluss zum Auslaufen der Milchquotenregelung schaffen.", DS 16/3345
Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident,liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste,
Die FDP fordert einen möglichst schnellen Beschluss zum Ausstieg aus der Milchquote am 31. März 2015.
Ihre Lösung der Probleme im Milchsektor lautet: Markt, Markt und noch mal Markt. Im Sinne ihrer neoliberalen Ideologie löst der globalisier Markt alle Probleme! Jeder Milchviehhalter in der Eifel, im Taunus, Schwarzwald oder Erzgebirge soll das Paradies des globalen Wettbewerbs genießen. So würde der Freiraum geschaffen für Wachstum, steigende Produktion und die gewaltigen Einkommenssteigerungen, die sich mit den globalen Weltmarktbedingungen einstellen. Welch´ eine neoliberale Seifenblase!
Der vor einer Woche in der bayerischen Landesvertretung stattgefundene „milchpolitische Frühschoppen“ zeigte schon, wohin der Hase laufen soll: nach den Vorstellungen eines französischen Managers der Milchindustrie (von dem Familien geführten Konzern „Lactaris“) braucht Europa 2020 nur noch zwei Konzernzentralen - für Nord- und Südeuropa, um die Milcherfassung, die Verarbeitung und - Vermarktung wettbewerbsfähig zu organisieren. Die beiden Konzerne können dann - in enger Absprache natürlich- alles regeln: von der Regionalvermarktung und Bioproduktion bis zur industriellen Rohstoffproduktion für Arzneimittel und anderes mehr. Es soll in diesem Szenario fast selbstverständlich sein, dass alle davon profitieren. Den Mengenbedarf regeln die Konzerne in Abstimmung mit der Marktlage und die Preise natürlich auch. Keine Frage, dass damit die Milchbäuerinnenn und Milchbauern im Hunsrück, im Westen Frankreichs oder in Polen rosigen Zeiten entgegensehen.
Völlig richtig ist aus unserer Sicht die Analyse der FDP über die katastrophalen Folgen der Aufstockungen der Quoten in den vergangenen Jahren über die Selbstversorgung hinaus. Der permanente Überschuss auf dem EU-Milchmarkt führt zum für die Milchviehbetriebe ruinösen Preisdruck -die prompt ganz aktuell mit einem Lieferstopp an die Molkereien drohen, wenn der Basispreis nicht auf betriebswirtschaftlich notwendige 40 cent pro Liter fast verdoppelt wird. Der aktuelle Preis ist infolge der durch überhöhte Quoten ausgelösten Überschüsse auf einem Dumping-Niveau angekommen, auf dem nur ganz wenige Milchviehbetriebe in einigen Regionen noch kostendeckend arbeiten können. Gleichzeitig kosten die Exportsubventionen der EU sehr viel Geld. Offen ist, ob die Weltmarktangebote aus der EU das gesamte Preisniveau in der Welt drücken und damit sogar landwirtschaftliche Existenzen außerhalb Europas bedrohen. Die subventionierten Exporte von Milchprodukten tun dies ganz bestimmt.
Auf der anderen Seite ist es über die Quoten in den vergangenen Jahren gelungen, die Milchproduktion in Regionen zu halten, die ohne die Quote schon längst keine Milchviehhaltung mehr hätten. Diese ist übrigens durchaus auch von touristischer Bedeutung! Über lange Jahre ist und war die Planbarkeit für die Milcherzeuger gewährleistet. Vielen Betrieben ist mit einer alleinigen Ausrichtung auf einen globalisierten Agrarmarkt nicht geholfen. Viele Landwirtinnen und Landwirte sind daher beunruhigt und die Meinungsvielfalt über die Quote ist innerhalb des Berufsstandes mindestens ebenso groß wie in der Politik.
Die Lösung der Probleme liegt dabei nicht allein in der Abschaffung der Quote, obwohl natürlich das heutige System nicht zukunftsfähig ist. Wie eine Weiterentwicklung der Milchproduktion in Europa aussehen sollte, bedarf gründlicher Überlegungen. Für viele produktive Standorte ist sicherlich die Abschaffung der Quote und die völlige Freigabe des Milchmarktes eine interessante Option. Aber wäre das die Lösung für die vielfältigen - sehr unterschiedlichen Regionen Europas? Muss nicht über Lösungen nachgedacht werden für Gebiete, in denen die Milcherzeugung eine Grundlage schafft für weitaus mehr als für einen anonymen globalen Wettbewerb im „Rohstoff“ Milch?
Mit einem vorschnellen Beschluss zum Ausstieg aus der Milchquote ohne wenn und aber und ohne eine Begleitung der Betriebe in eine Zukunft, die eine nachhaltige Entwicklung bietet, werden ländlichen Räume zerstört und Perspektiven verbaut. Eine solche Lösung lehnt DIE LINKE. ab!