Karin Binder (DIE LINKE):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Sicherheit unserer Lebensmittel ist keine Geheimsache. Mögliche Schadstoffbelastungen sind keine Betriebsgeheimnisse.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Recht, zu erfahren, was in ihrem Essen ist und wie die Lebensmittel erzeugt wurden. Nur ein offener Umgang mit Informationen über den Herstellungsprozess und die Bestandteile unserer Lebensmittel sorgt letztendlich für einen sauberen Teller. Das ist für mich die zentrale Lehre aus dem Dioxinskandal Anfang dieses Jahres.
Zur Verbesserung der Sicherheit unserer Lebensmittel hatten sich Bund und Länder auf einen 14-Punkte-Plan verständigt. Der nun vorliegende Gesetzentwurf geht zwar in die richtige Richtung, aber leider nur einen winzig kleinen Schritt. Die Koalition greift in ihrem Gesetzentwurf lediglich 2 von 14 Punkten dieses Plans auf und setzt damit nur einen Bruchteil der erforderlichen Maßnahmen um.
Die Linke hatte schon frühzeitig einen umfassenden Antrag zur Bewältigung des Dioxinskandals vorgelegt. Zur Vorsorge und Vermeidung ähnlich gelagerter Fälle müssen wir die richtigen Lehren aus dieser böswilligen Panscherei ziehen. Es gilt, die Ursachen zu bekämpfen, statt an den Symptomen herumzudoktern.
(Beifall bei der LINKEN)
Herr Kollege Gerig, die Eigenkontrolle hat sich bewährt? Ich frage Sie nur, wie? Ein anderer Betrieb hat darauf aufmerksam gemacht, dass etwas falsch läuft. Das hat nicht die Eigenkontrolle bewirkt. Die Eigenkontrollen müssen klaren Regelungen unterworfen werden. Vor allem müssen die Daten gemeldet werden, damit sofort reagiert werden kann. Wir brauchen die Verpflichtung der Labore.
(Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Machen wir doch! Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU): Haben wir doch alles erledigt!)
Es braucht eine verbindliche Verpflichtung. Es braucht dazu auch ein Register und eine Akkreditierung dieser Labore.
(Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Haben Sie den Gesetzentwurf gelesen?)
Schließlich wollen wir nicht, dass sich die Betriebe aus dem Staub machen, indem sie ausländische Labore beauftragen, die unseren Gesetzen nicht unterworfen sind.
(Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Nein, das haben wir doch verhindert!)
- Das steht nicht in Ihrem Gesetzentwurf.
(Beifall bei der LINKEN - Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Doch!)
Ich will auf drei Punkte näher eingehen.
Erstens. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Die unter der Koalition von SPD und Grünen eingeleitete Reduzierung staatlicher Kontrollen und der vermeintliche Ersatz durch Eigenkontrollen der Betriebe nach deren Regeln funktioniert nicht. Dieses Experiment hat das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher gekostet. Die Linke möchte deshalb eine betriebliche Zertifizierung nach strengen gesetzlichen Vorgaben. Diese müssen für die gesamte Erzeugungskette, vom Stall bis zur Ladentheke, gelten.
(Beifall bei der LINKEN)
Die daraus entstehenden Kosten sind auf die beteiligten Branchen umzulegen.
(Dr. Erik Schweickert (FDP): Und dann auf die Verbraucher!)
Zweitens: Meldepflichten für die Labore ohne Hintertürchen. Im Gesetzentwurf der Regierung wird eine Meldepflicht für die Überschreitung von Grenzwerten oder unerlaubten Zusatzstoffen auf die privaten Labore beschränkt. Wir möchten eine Ausweitung der Meldepflicht auch auf private Zertifizierungssysteme, zum Beispiel auf QS, das Prüfsystem Qualitätssicherung.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Register und Ähnliches habe ich schon angesprochen.
Aber auch die Frage, wie die Unternehmen und Labore überwacht werden sollen, wurde uns bisher nicht beantwortet. Die Kontrollbehörden der Länder sind schon heute überfordert. Einige Bundesländer befinden sich bereits in einer Haushaltsnotlage und werden weiter zu Einsparungsmaßnahmen gezwungen. In einem internationalen Futtermittelmarkt und einer globalisierten Lebensmittelindustrie ist deshalb eine finanzielle Beteiligung des Bundes an diesen zusätzlichen Aufgaben der Länder unerlässlich.
Drittens. Wissen ist Verbrauchermacht. Die wichtigste Frage bleibt: Wie erfahren Verbraucherinnen und Verbraucher von Schadstoffbelastungen bei Lebensmitteln? Die richtige Antwort könnte das Verbraucherinformationsgesetz liefern. Hier sollte eine Pflicht zur Veröffentlichung durch die verursachenden Unternehmen, aber auch eine aktive Informationspflicht der damit befassten Behörden verankert werden. Nur dann können wir wirklich von Verbraucherschutz reden. Aber nach allen bisherigen Anzeichen ist leider zu vermuten, dass Frau Aigner ihrem Ruf treu bleibt und über Ankündigungen nicht hinausgeht.
Wir sagen nach wie vor: Den Behörden gemeldete Daten und Ergebnisse der Laboruntersuchungen der Betriebe sind keine Betriebsgeheimnisse, sondern wichtige Verbraucherinformationen. Das muss Bestandteil des Verbraucherinformationsgesetzes werden. Nur so wird Verbraucherschutz verbessert.
Ich danke für ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN)