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Küstenmanagement muss dem Küstenschutz wegen des menschengemachten Klimawandels oberste Priorität einräumen

Rede von Lutz Heilmann,

Zur Verabschiedung eines Antrags der Koaltion sagte Lutz Heilmann, dass die Koaltion zwar gute Absichten erkennen lässt, wenn Sie das 'Integrierte Küstenzonenmanagement' voranbringen will. Leider sagt Sie aber nicht, wie das geschehen soll. Eine echte Strategie ist weder im Papier der Bundesregierung, noch in der Strategie des Landes-Schleswig-Holstein zu erkennen. Es werden vor allem keine Lösung für die vielen Naturschutzkonflikte - wie z.B. bei der Vertiefung von Elbe und Weser - benannt.

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Präsident/ Sehr geehrte Frau Präsidentin, Liebe Kolleginnen und Kollegen,

leider haben auch die Ausschussberatungen meine schon in der ersten Lesung geäußerten Bedenken bestätigt, dass es diesem Antrag an Substanz fehlt. Ich honoriere zwar ihre gute Absicht, das Integrierte Küstenzonenmanagement weiter voranzutreiben. In diesem Punkt sind wir uns wohl alle einig. Es handelt sich hierbei um einen guten Ansatz, der entsprechend weiter verfolgt, aber vor allem umgesetzt werden muss.

Gerade dies werden sie mit ihrem Antrag aber nicht erreichen. Insbesondere, weil Sie die Freiwilligkeit des Ansatzes so hervorheben. Wenn alles nur auf freiwilliger Basis laufen soll, ja, wie wollen sie denn da Erfolge erreichen? Da müsste der Ansatz ja extrem überzeugend sein, dass sich alle Beteiligten darauf einlassen. Das Problem ist aber doch - und da beißt sich die Katze in den Schwanz - dass die vom BMU angekündigte Informationsoffensive weiter auf sich warten lässt. Wenn niemand IKZM kennt, dann wird das aber doch wohl auch keiner freiwillig machen.

Immerhin will das BMU ja jetzt eine zentrale Anlaufstelle einrichten. Das aber kann doch nur ein erster Schritt sein, dem noch viele weitere Folgen mögen. Denn die nationale IKZM-Strategie ist ja vor allem eine - durchaus gelungene - Bestandsaufnahme. Eine echte Strategie aber im Sinne von Lösungsansätzen ist sie höchstens in Ansätzen. Dass trifft im übrigen auch auf die IKZM-Strategie des Landes Schleswig-Holstein zu, die das Thema zwar theoretisch gut abhandelt, aber keine praktischen Handlungsvorschläge enthält. Vor diesem Hintergrund bringt ihr Antrag das Integrierte Küstenzonenmanagement nicht weiter. Sie nennen keine konkreten Schritte, alles bleibt im Vagen.

Ich habe schon in der ersten Lesung darauf hingewiesen, dass wir vor allem Lösungen für die vielen Konflikte im Naturschutz finden müssen. Wir müssen endlich damit aufhören, die Natur immer und immer wieder wirtschaftlichen Interessen zu opfern.

Notwendig ist vor allem - und ich freue mich, dass das auch die SPD so sieht, auch wenn es im Antrag leider gerade nicht so formuliert ist - dass die Ökologie insbesondere in Bezug auf den Küstenschutz Vorrang vor der wirtschaftlichen Entwicklung hat. Abgesehen davon, dass Sie die sozialen Aspekte in Ihrem Antrag leider völlig ausgeblendet haben, besteht hierbei doch kein Widerspruch zwischen Ökonomie und Ökologie. Es ist doch wohl unstrittig, dass die Küsten der sensibelste Raum Deutschlands sind, insbesondere, wenn wir den Klimawandel und einen möglichen Meeresspiegelanstieg um einen Meter bis zum Ende dieses Jahrhunderts berücksichtigen. Hier ist nicht einfach die Natur bedroht, hier sind konkret die Lebensräume vieler Menschen und damit auch die Wirtschaft akut bedroht.

Deshalb halte ich es für unverantwortlich, dass die Regierenden im Bund und in den Küstenländern weiter so tun, als würde alles beim Alten bleiben. Da sich die Länder untereinander nicht einig werden, sollen Elbe und Weser vertieft werden, damit Hamburg und Bremerhaven in der wirtschaftlich ungesunden Hafenkonkurrenz weiter bestehen können. Davon, dass der Jade-Weser-Port ursprünglich dafür gedacht war, dass es eben keine weiteren Vertiefungen mehr geben muss, davon redet heute kaum noch jemand. So haben wir dann bald drei Tiefwasserhäfen, die sich gegenseitig Konkurrenz machen können. Mit mehr als 7 Milliarden Euro Folgekosten, die für die Hinterlandanbindungen der drei Häfen - natürlich vom Bund - ausgegeben werden sollen, und ein extrem steigendes Hochwasserrisiko für Hamburg und Bremen. Denn je tiefer die Flüsse, desto schneller fließt das Wasser nicht nur ab, sondern desto schneller, leichter und höher vom Meer in die Flüsse hinein. Ich möchte mir nicht ausmalen, was Sturmfluten bei einem um einen Meter höheren Meeresspiegel in Hamburg und Bremen anrichten werden. Deshalb halte ich die weitere Vertiefung von Elbe und Weser für unverantwortlich - und für unnötig, wenn wir den Jade-Weser-Port entsprechend ausbauen.

Auch Deutschland muss sich endlich den Herausforderungen des Klimawandels stellen, der nun einmal nicht mehr abgewendet, sondern nur noch abgemildert werden kann. Wenn ich an die Inseln und besonders an die Halligen denke, sollte die Politik langsam anfangen, den Menschen zu sagen, wie diese Lebensräume bei einem Anstieg des Meeresspiegels um einen Meter geschützt werden können.
Gerade als Abgeordneter des Landes mit den längsten Küsten Deutschlands und außerdem persönlich Betroffener, ich wohne selber nur ein paar Kilometer von der Ostsee entfernt, appelliere ich an Sie, alles gegen den Klimawandel zu unternehmen und die Menschen an den Küsten nicht allein zu lassen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit