Im Jahresbericht des Wehrbeauftragten 2004 ziehen sich viele Probleme wie ein roter Faden hindurch . Wer von dieser Armee viel verlangt, der muss sie bei den Entscheidungen mitnehmen und muss sie auch sehr gut vorbereiten. DIE LINKE. wird den Wehrbeauftragten unterstützen, erwartet aber auch mehr Eigeninitiative. Die Überprüfung des Ausbildungssystems und die kritische Überprüfung der Militärgerichtsbarkeit sind von den Vorgängern des Wehrbeauftragten Robbebisher stiefmütterlich behandelt worden. Katrin Kunert in der Debatte zum Jahresbericht des Wehrbeauftragten 2004.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Die Bundeswehr ist heute an elf Standorten im Auslandseinsatz. Die Soldatinnen und Soldaten leisten unter schwierigsten Bedingungen ihren Dienst und sie machen ihn gut. Derzeit werden wieder Deiche gebaut und gesichert. Die Bundeswehr soll in den Kongo geschickt werden und nach Auffassung des Verteidigungsministers bei der Fußballweltmeisterschaft zum Einsatz kommen. Ich könnte die Palette fortführen. Die Zeit, die sich das Parlament für die Behandlung der inneren Verfasstheit der Bundeswehr nimmt, steht hingegen in keinem Verhältnis zur gegenwärtig formulierten Anforderung an die Bundeswehr. (Beifall bei der LINKEN) Das 50-jährige Bestehen des Verfassungsinstitutes Wehrbeauftragter findet leider nicht in angemessener Weise Würdigung. Warum sage ich das? Nur Deutschland verfügt über die Institution Wehrbeauftragter. Darauf wurde mit Stolz bereits in der Debatte im Januar hingewiesen. Aber vorgezogene Neuwahlen ließen den Bericht von 2004 in den Hintergrund geraten, obwohl Handlungsbedarf besteht. Die Zahl der von Soldatinnen und Soldaten gemachten Eingaben stieg trotz sinkender Truppenstärke. Die Palette der aufgeführten Vergehen reicht von schlechter Bezahlung über Missbrauch der Befehlsgewalt bis hin zu Rechtsextremismus und Diskriminierung. Diese Vergehen sind keine Einzelfälle und sie sollten uns zu der Erkenntnis bringen, dass es eben nicht ausreicht, jährlich einen Mängelbericht entgegenzunehmen. Wichtig sind die Konsequenzen, die daraus gezogen werden müssen. Wir fordern ein Management, welches kontinuierlich, schnell und wirksam agiert. Versäumnisse können nicht nachträglich geregelt werden, Prävention muss im Vordergrund stehen. (Beifall bei der LINKEN) Der Bundestag muss seine Kontrolle noch effektiver und umfassender ausüben. Die Möglichkeit der unangemeldeten Besuche vor Ort wird viel zu wenig genutzt. Gerade der Verteidigungsausschuss sollte die Arbeit des Wehrbeauftragten unterstützen. Wir fordern ihn auch dazu auf, mehr zu tun. Wir wollen ihn mehr in die Pflicht nehmen, mehrere Berichte mit den nötigen Schlussfolgerungen vorzulegen. Eine Aufzählung von Problemen oder Eingaben reicht uns nicht aus. Dies haben wir auch bei den Beratungen dieses Berichtes im Verteidigungsausschuss klargestellt. So manche Anmerkung im vorliegenden Bericht und in der Beschlussempfehlung könnte schon etwas zackiger formuliert werden. Mir sei folgender Vergleich erlaubt - ich sitze in einem kommunalen Parlament -: In kommunalen Vertretungen wird mit Rechnungsprüfungsberichten verbindlicher umgegangen, als es meinem Eindruck nach hier geschieht. Sehr geehrter Herr Robbe, Sie wissen, unsere Fraktion hat eigene Vorstellungen zur Bundeswehr. Wir sind für die Abschaffung der Wehrpflicht. Wir sind für die Reduzierung der Truppenstärke auf 100 000 Soldatinnen und Soldaten (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Hatten wir schon einmal!) und wir sind gegen Auslandseinsätze. (Beifall bei der LINKEN) Aber gehen Sie einmal davon aus, dass wir bei der Umsetzung des Soldatenbeteiligungsgesetzes genau hinschauen werden. Unserer Unterstützung, Herr Robbe, können Sie sich dabei sicher sein. (Beifall bei der LINKEN) Ich finde es im Übrigen ungünstig, dass Sie alle heute da in der letzten Reihe sitzen. Die Rechte der Soldatinnen und Soldaten stehen für uns im Mittelpunkt. Für uns verbietet sich jede Ungleichbehandlung. Wir erwarten von Ihnen, Herr Robbe, dass Sie endlich die systematische Verletzung der gesetzlichen Vorgaben zur Wahrung der Wehrgerechtigkeit aufgreifen. Im letzten Jahr haben nur weniger als 60 000 Wehrpflichtige ihren Grundwehrdienst geleistet. Die Tendenz ist sinkend. Aber fast doppelt so viele leisteten einen Ersatzdienst, der damit längst zum Regeldienst geworden ist. Herr Robbe, Sie nehmen heute zum zweiten Mal Kritiken und Hinweise für einen Bericht entgegen, den Sie nicht selbst geschrieben haben. Auch der Bericht 2005 - das wurde schon gesagt - liegt vor. Die vielen Probleme ziehen sich wie ein roter Faden durch diese Berichte. Ich habe es auch schon im Ausschuss gesagt: Wer von dieser Armee viel verlangt, der muss sie bei den Entscheidungen mitnehmen und muss sie verdammt noch mal auch sehr gut vorbereiten. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) Wir werden Sie sehr unterstützen. Wir erwarten von Ihnen aber auch mehr Eigeninitiative. Die Überprüfung des Ausbildungssystems und die kritische Überprüfung der Militärgerichtsbarkeit sind von Ihren Vorgängern bisher stiefmütterlich behandelt worden. Lassen Sie uns mit diesen Themen beginnen! Ich wünsche uns eine gute und konstruktive Zusammenarbeit. Herzlichen Dank. (Beifall bei der LINKEN)
Konstruktive Zusammenarbeit mit dem Wehrbeauftragten
Rede
von
Katrin Kunert,