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Konsequenzen der BDN - Schnüffeleien

Rede von Bodo Ramelow,

Es ist unzulässig, dass ein Bundesnachrichtendienst, der für Auslandsaufklärung zuständig ist, im Inland tätig ist. Der BND hat im Inland gearbeitet und offenkundig eine Menge Aktivitäten in Gang gesetzt hat, die völlig inakzeptabel sind. Deshalb ist der beste Verfassungsschutz eine aktive Bürgergesellschaft, die die Verfassung schützt. Bodo Ramelow in der Debatte der Aktuellen Stunde zur Einschränkung der Pressefreiheit durch Aktivitäten des BND.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte es präzise klarstellen, Herr de Maizière: Herr Maurer hat ausdrücklich keinen Vergleich angestellt. Ich bitte, das im Protokoll nachzulesen. Er hat gesagt, er habe diesen Vergleich in den letzten Tagen mehrfach gelesen, dieser Vergleich sei aber falsch. Er hat hinzugefügt, dass der BND noch keine Gefängnisse unterhalte. Aus dem Hohen Haus erschall der Zuruf: „Noch!“ Mir fielen in diesem Zusammenhang das Zusammenwirken zwischen unseren Diensten und dem CIA in Bezug auf Guantanamo und andere Geschichten ein. Deswegen wurde ja ein Untersuchungsausschuss eingerichtet. Wir sind dabei, Folgendes zu klären: Welche Geheimdienstaktivitäten spielen sich auf deutschem Boden ab? Was spielt sich zum Beispiel in Ramstein ab? Welche Folterflüge hat es von Deutschland aus gegeben bzw. sind über Deutschland abgewickelt worden? Was hat das zuständige Gremium im Bundeskanzleramt davon gewusst? Diese Fragen hat Kollege Maurer gemeint. Man sollte ansprechen, dass wir im Moment über etwas reden, was seine Ursache in einem „Spiegel“-Artikel über eine Schlapphutaktion findet, bei der man angereichertes Uran nach Deutschland einschmuggeln wollte, um daraus eine Staatsaffäre zu machen, die im Prinzip nichts weiter als ein großes Schauspiel war. Hinterher hat man Journalisten den Marsch geblasen, um herauszufinden, wer alles als Schauspieler beteiligt war. Ich finde, wir haben allen Grund, zwischen dem MfS und dem BND sauber abzugrenzen. Das eine kann man mit dem anderen nicht vergleichen. Ich will Ihnen auch sagen, warum: Das Landesamt und das Bundesamt für Verfassungsschutz beschnüffeln mich seit Jahren. Mit meiner Akte - ich klage zurzeit in Köln auf Akteneinsicht - hätte ich es in der DDR bis in die Volkskammer nie geschafft. Ich kenne sehr genau den Unterschied. Das eine ist einfach lästig und eklig. Ich als Bürger möchte wissen, warum ich überhaupt beschnüffelt werde, warum die Akte über meine Tätigkeit als Fraktionsvorsitzender im Thüringer Landtag abgeheftet wird. Aktuell kann man beim Weimarer Verwaltungsgericht nachprüfen, was das alles soll. Das andere jedoch ist ein Geheimdienst in einem totalitären System. Ich empfehle dazu den Film „Das Leben der Anderen“, der das eindrucksvoll deutlich macht. Deshalb sind solche Vergleiche unzulässig. Es ist aber auch unzulässig, dass ein Bundesnachrichtendienst, der für Auslandsaufklärung zuständig ist, im Inland tätig ist. Es reicht mir einfach nicht, dass man sich dann einfach so wie Herr Röttgen hier hinstellt und sagt: Haltet den Dieb! Herr Röttgen, Ihr Beitrag vorhin hat mich an Folgendes erinnert: Ein Bankräuber flüchtet nach dem Überfall, die Polizei ist hinter ihm her und in dem Moment, in dem die Polizei über die rote Ampel fährt, schreit er auf einmal: Die Polizei muss eingreifen und die Polizei verhaften! Entschuldigung, aber wir reden hier über den BND, der im Inland gearbeitet und offenkundig eine Menge Aktivitäten in Gang gesetzt hat, die völlig inakzeptabel sind. (Beifall bei der LINKEN) Gestern Abend hat sich in 3sat jemand hingesetzt und gesagt - ich gehöre dem PKGr nicht an und bin nur Fernsehzuschauer -, er habe 600 000 DM bekommen, um freihändig Quellen in der ganzen Welt aufzubauen. Den Rest habe er munter beim Abendessen erzählt. Wo sind wir denn? Sind wir denn in einem Kabarettland? Wie ist das mit der Kontrolle? Herr de Maizière, ich hätte mir gewünscht, von Ihnen zu hören, wie die Kontrolle in Ihrem Zuständigkeitsbereich ausgeübt wird. Dazu ist nichts zu hören und sich ein bisschen entschuldigen reicht auch nicht. (Beifall bei der LINKEN) Kollege Scholz, das, was Sie gemacht haben, finde ich völlig inakzeptabel. Dass Sie sich hier hinstellen, mit dem Finger auf ein Mitglied des PKGr zeigen und von diesem Pult aus verkünden, wie er sich angeblich in der geheimen Sitzung verhalten hat, ist genauso ein Geheimnisverrat wie das, was Herr Röttgen hier kritisiert hat. (Beifall bei der LINKEN - Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Das ist eine Unverschämtheit!) - Ja, es ist in der Tat eine Unverschämtheit. Sie haben Recht. Das, was Herr Scholz hier tut, ist eine Unverschämtheit. Der Kollege Neškovi? hat keine Möglichkeit, sich hinsichtlich dessen zu rechtfertigen, was er offenkundig in dem PKGr gesagt hat, welche rechtspolitischen Probleme er darin gesehen hat, einen abgeschlossenen Bericht zuzuleiten. Er hat dazu öffentlich erklärt, dass er eine geeignete Form der Information wünscht. (Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Sind Sie jetzt gegen oder für die Veröffentlichung?) - Wir sind für die Veröffentlichung, aber nicht über das PKGr, sondern über die zuständige mögliche Quelle, nämlich das Bundeskanzleramt, das für das Chaos Verantwortung trägt. (Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: So ein Unsinn!) Deswegen halte ich es für eine Unverschämtheit, Herr Scholz, wie Sie den Kollegen hier angreifen. Damit verhalten Sie sich genauso wie Herr Röttgen. Sie rufen „Haltet den Dieb!“, um davon abzulenken, was eigentlich los ist, nämlich dass die Geheimdienste nicht mehr zu kontrollieren sind und offenkundig tun, was sie wollen. Deswegen sagen wir: Der beste Verfassungsschutz ist eine aktive Bürgergesellschaft, die die Verfassung schützt. (Beifall bei der LINKEN) Das, was Sie machen, ist das Zulassen von Machenschaften. Da erzählt jemand im Fernsehen irgendwelche Geschichten. Auch seitdem Richter Schäfer die Ermittlungen geleitet hat, ist das Treiben fortgesetzt worden, wenn man den öffentlichen Erklärungen Glauben schenken darf. Wenn dem so ist, dann sind eben auch Konsequenzen zu ziehen, auch in Bezug auf Herrn Uhrlau und Herrn Hanning. Meine Damen und Herren, eines will ich auch noch sagen. Was Herr Schmidbauer noch im PKGr sucht, weiß ich nicht. (Beifall bei der LINKEN)